5. Mai 2023

Cypecore: Sci-Fi-Metal mit Extra-Wumms

Dystopie mit Moshpit

Lesezeit: 3 min.

Am 28.04.2023 konnte man in Stuttgart schon mal einen eindrucksvollen Vorgeschmack auf die Postapokalypse bekommen, denn da gab sich mit Cypecore die Heavy-Metal-Inkarnation einer Dystopie die Ehre, die im Jahr 2133 spielt. Nach dem dritten Weltkrieg hat sich die Menschheit fast komplett selbst ausgelöscht. Große Teile der Erdoberfläche sind radioaktiv verseucht, das Überleben ohne synthetische Körperteile ist unmöglich. Technisch hoch ausgerüstete Truppen kämpfen um die verbliebenen Resourcen.

Postapokalyptische Szenarien sind im Heavy Metal natürlich so was von gar nichts Neues, wurden aber selten so konsequent umgesetzt wie von der Mannheimer Band, die ihren Stil nicht ohne Grund „Sci-Fi Metal“ nennt, denn der Science-Fiction-Einfluss betrifft nicht nur die Musik, Melodic Death Metal mit Industrial-Touch und Texten, welche um die finstere Welt von Übermorgen kreisen, sondern ebenso die Musiker, die sich Namen wie Commander, Mechanic, Alchemist und Ex07 gegeben haben und in Outfits irgendwo zwischen „Tron“ und „Mad Max“ auf der Bühne zu sehen sind. Im Zuge der Veröffentlichung ihrer neuen EP „Version 4.5: The Dark Chapter“ waren die vier Jungs, die jedes Konzert Operation nennen, nun in der Konzert- und Eventlocation Im Wizemann und haben eine beeindruckende Show hingelegt.

Zunächst aber heizte die Vorband Setyøursails die Meute auf. Hierbei handelt es sich um eine 2017 im Köln gegründete Combo, die eine Mischung aus Metalcore, Melodic Hardcore und Post-Hardcore spielt und nach einer Reihe von Konzerten in Jugendzentren und auf kleineren Festivals Anfang 2021 einen Plattenvertrag bei der Metal-Institution Napalm Records unterschreiben durfte, was nicht wundert, denn das Quartett macht mächtig Dampf und weiß mit einer Frontfrau aufzutrumpfen, die ein beachtliche Stimmvolumen aufweist – und gleich mal das Kommando zum ersten Moshpit des Abends gab. Setyøursails, die sich mit einer Flagge gegen Ausgrenzung jeglicher Art positionierten, boten mit ihrem freundlichen, Partyband-mäßigen Auftreten und der deftigen, aber dennoch verhältnismäßigen leichten Musik einen reizvollen Kontrast zum Headliner des Abends. Der kam nach einer Umbaupause, die kurioserweise mit Oldies aus den 50er-Jahren unterlegt war, was aber als Einleitung zur startenden, donnernden Metal-Dystopie durchaus passte, dann auf die Bühne.

Die Make-Ups, die mit LEDs bestückten Brustpanzer der Musiker und das karge Industrieambiente des Wizemann trugen sehr dazu bei, dass man tatsächlich schnell das Gefühl bekam, hier einem der letzten Vergnügen im Jahr 2133 beizuwohnen, während sich draußen die Menschheit die Köpfe einhaut. Zumal die Band einen leicht mechanischen Touch hatte: So veränderten die Mitglieder – was ein wenig an Kraftwerk erinnerte – nie wirklich ihre Position: Sänger Dominic Christoph positionierte sich in der Mitte mal auf, mal neben einem Metallpodest, die beiden Gitarristen Nils Lesser und Pascal Olejnik standen links und rechts und im Hintergrund prügelte kaum erkennbar Sebastian Unić auf das Schlagzeug ein.

Etwas beeinträchtigt wurde die tolle Atmosphäre allerdings durch die arg schlichte Ausleuchtung des Konzerts: Bereits bei der Vorband wurde auf inflationär eingesetztes Stroboskop-Licht gesetzt, was bei Cypecore nahezu unverändert weiterging, auf die Dauer doch arg eintönig aussah und vor allem anstrengend wurde, der guten Stimmung allerdings keineswegs abträglich war. Commander, Mechanic, Alchemist und Ex07 zogen mit einer mächtigen Soundwand die gut gefüllte Halle fast zwei Stunden lang in ihren Bann und sorgte für mächtig viel Vergnügen: Das Publikum grölte diverse Songs mit und verausgabte sich in einer Reihe von Mosh- und Circlepits. Auf die Bremse getreten wurde kaum, einen etwas ruhigeren Moment gab es vor allem als Schlagzeuger Unić seinen Kollegen mit einem Drum-Solo eine kleine Verschnaufpause verschaffte, selbst aber – obwohl er der einzige war, der eine toll anzuschauende, aber sehr stickig wirkenden Vollmaskierung trug – keine nötig hatte. Respekt!

Ebenso sehr schön: Nach Ende des Konzerts hatten die begeisterten Fans im Eingangsbereich des Gebäudes die Option sich gemeinsam mit Cypecore fotografieren zu lassen.

Wer auf Musik dieser Art steht (Hörproben gibt’s unter diesem Bericht) sollte unbedingt einen der Live-Auftritte wahrnehmen. Ein paar Termine stehen diesen Monat noch an:

Samstag, 06. Mai, 2023 – LOGO, Hamburg

Donnerstag, 11. Mai, 2023 – Schlachthof, Wiesbaden

Freitag, 12. Mai, 2023 – Helio 37, Köln

Samstag, 13. Mai 2023, Chez Heinz, Hannover

Alles weitere zur Band gibt’s auf der offiziellen Website.

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