6. Juni 2024

„They See You“ – Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Auch M. Night Shyamalans Tochter Ishana zeigt in ihrem Debütfilm ein Faible für Mysterien

Lesezeit: 3 min.

Die Bezeichnung Nepo-Baby wurde in den letzten Jahren zu einem Schimpfwort, mit dem all die Kinder von Showbusinessgrößen gemeint sind, die mehr oder weniger in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und dabei – so der Vorwurf – vor allem wegen ihres Namens eine Chance bekommen. Ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vorwurf sicher nicht, andererseits liegt es natürlich auch nahe, dass jemand, der innerhalb der Filmindustrie aufwächst, selbst den Wunsch verspürt, Filme zu drehen. Was soll da also Ishana Shyamalan, die Tochter von M. Night, machen? Ihren berühmten Namen ablegen, der ja auch längst nicht mehr die Begeisterung hervorruft wie noch vor 20 Jahren, als M. Night Shyamalan mit Filmen wie „The Sixth Sense“ oder“ Unbreakable“ kaum etwas falsch machen konnte – bis er mit seinen Twist-Enden zum Klischee seiner selbst wurde.

Einen interessanten Effekt hat es nun zwangsläufig, wenn man „They See You“ schaut, das Regiedebüt von Ishana Shyamalan: Man wartet auf einen Twist, der dann auch kommt, in gewisser Weise. Allerdings mehr in typischer Horror/Mystery-Film-Manier denn als klassischer Shyamalan-Moment, denn was Ishana hier versucht, erinnert zwar unweigerlich an den Vater, bewegt sich aber doch in den besten Momenten in eigene, originelle Richtungen.

Es beginnt wie ein klassischer Horrorfilm: In einem finsteren Wald rennt ein Mann um sein Leben – und wird von etwas in den Abgrund gerissen. Schnitt zur eigentlichen Hauptfigur, der Amerikanerin Mina (Dakota Fanning), die irgendwo in Irland Abstand sucht, wovon, stellt sich nach und nach heraus. Mina arbeitet für eine Tierhandlung und soll einen schönen gelben Vogel, den sie Darwin tauft, ans andere Ende der Insel bringen. Doch mitten in dem Wald fällt plötzlich nicht nur das Handy, sondern auch das Auto aus und Mina macht sich auf den Weg. Als Vögel in Schwärmen davonrasen ahnt sie, dass Gefahr droht, doch die Rettung ist nah. In einem Kubus findet sie Unterschlupf, zusammen mit drei weiteren Menschen, der älteren Madeleine und den jüngeren Ciara und Daniel. Doch nun ist sie gefangen und wird jede Nacht von Kreaturen namens The Watchers (so auch der Originaltitel), durch einen Zwei-Wege-Spiegel beobachtet.

Was diese Kreaturen vorhaben, mutet in Momenten wie ein großes soziologisches Experiment a la „Lost“ an, Anspielungen an Big Brother und moderne Reality Formate sind nur zwei der vielen Brotkrumen, die Ishana Shyamalan auslegt. Dass Motiv des Doppelgängers wird schon früh angedeutet, Bezüge zu den Fabelwesen der irischen Mythologie angedeutet, zu Feen und Wechselbälgen, zu Zwitterwesen, die zwischen der Welt der Menschen und der Natur existieren.

Spannende Ansätze, die aber nicht wirklich zu einem großen Ganzen zusammenkommen. Etwas zu viele Motive und Bezüge deutet Shyamalan an, die allzu oft ins Leere laufen. Unentschlossen wirkt „They See You“ dadurch, ein bisschen Horror, ein bisschen Mystery, viel Folklore, auch eine ökologische Ebene wird angerissen, von der Ausbeutung der Natur durch den Menschen erzählt.

Aber man sollte auch Bedenken, dass Ishana Shyamalan gerade einmal 22 Jahre jung war, als die Dreharbeiten stattfanden. Das sie in so jungen Jahren schon etliche Folgen der Serie „Servant“ inszenieren konnte, wäre ohne ihren Vater natürlich nicht möglich gewesen. Nun hat sie ihren ersten eigenen, interessanten, aber noch nur in Ansätzen gelungenen Film gedreht, wie es mit ihrer Karriere weitergeht hängt nun vom Erfolg von „They See Us“ ab – und nicht mehr von ihrem berühmten Nachnamen.

They See You •The Watchers; USA 2024 • Regie: Ishana Shyamalan • Darsteller: Dakota Fanning, Georgina Campbell, Olwen Fouéré • jetzt im Kino

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