Venom 3 – The Last Dance
Zum Abschluss der Trilogie gerät der unkonventionelle Held in einen konventionellen Film
„Wie oft kann man pro Tag einen Kater haben“ fragt sich Eddie Brocks irgendwann, oder ist die Frage an sein Alter Ego Venom gerichtet? Was anfangs noch wie eine amüsante Verbindung zwischen Mensch und außerirdischem Parasit wirkte, sorgt nicht nur bei Eddie Brock für praktisch dauerhafte Kopfschmerzen: Auch Hauptdarsteller Tom Hardy scheint sich nur mühsam durch einen Film zu schleppen, der angesichts des Untertitels The Last Dance vermutlich, um nicht zu sagen hoffentlich der letzte Teil einer Superheldensaga sein dürfte, die vor sechs Jahren für willkommene Abwechslung im liebsten Genre Hollywoods sorgte.
Mit ganzem Körpereinsatz spielte Hardy damals den Journalisten Eddie Brock, der mit einer schleimigen außerirdischen Substanz in Kontakt kam, die fortan ein Teil seiner Persönlichkeit wurde. In den besten Momenten der ersten beiden Teile sorgte das für Slapstickmomente und eine fast schon psychologisch komplexe Variante der typischen Superhelden-Schizophrenie, die sich ansonsten ja meist im Leben mit oder ohne Kostüm zeigt.
Zu Beginn von „Venom 3 - The Last Dance“ hängt Brock in einer Bar in Mexiko ab, wie immer betrunken, ob aus freiwilligen Stücken oder um nicht an seinen Parasiten zu denken, bleibt offen. Da ihm die Polizei auf der Spur ist und er nicht in seine Heimat San Francisco zurückkehren kann, beschließt er, sich nach New York zu begeben.
Doch eine neue außerirdische Bedrohung stellt sich ihm in den Weg. Denn wie ihm Venom erklärt, ist Eddie Brock ein Kodex und als solcher ein potentieller Weg für den Superschurken Knull, sich aus seinem intergalaktischen Gefängnis zu befreien. Zu diesem Zweck hat Knull ziemlich ekelhafte Viecher auf die Erde geschickt, die den Kodex finden sollen. Dieser zeigt sich allerdings nur, wenn Venom die Macht über Eddies Körper ergreift. Vor allem aber bleibt der Kodex nur dann erhalten, wenn beide überleben: Eddie und Venom.
Gleichzeitig wird in der neu gegründeten Area 55 an den außerirdischen Symbioten geforscht, die von der Wissenschaftlerin Dr. Payne (Juno Temple) bewundert, vom Elite-Soldaten Rex Strickland (Chiwetel Ejiofor) verachtet werden.
Wenn eine Figur im Marvel-Kosmos Dr. Payne heißt, lässt das eigentlich nur erwarten, dass sie sich bald zu einem Antagonisten entwickelt. Und da zu Beginn von „Venom 3“ auch noch ein kurzer Rückblick zu einem fatalen Moment in Paynes Kindheit führt, wirkt es umso überraschender, dass am Ende – gar nichts passiert. Möglicherweise ist dieser Moment ein Hinweis darauf, wie chaotisch die Produktion des von Kelly Marcel inszenierten Films abgelaufen sein dürfte.
Diverse Regisseure waren zwischendurch an Bord, bevor die bislang nur als Drehbuchautorin aktive Marcel hier ihr Regiedebüt abliefern durfte. Während der Produktion wurde schließlich auch noch die für die Spezialeffekte zuständige Firma gewechselt, was der Qualität auch nicht unbedingt zuträglich war. Vor allem aber scheint man im Bemühen, mit Knull einen Superschurken einzuführen, völlig vergessen zu haben, was die ersten Venom-Filme so eigen und in vielen Momenten auch originell machte: Nicht eine austauschbare Handlung, in der es einmal mehr um die Rettung der Erde oder gleich des Universums ging, sondern eine fast schon intime Geschichte, in der ein Mann mit sich und seinem Verstand und seinem außerirdischen Parasiten rang.
So schwankt „Venom 3“ arg wirr zwischen bierernsten Handlungsmomenten und eher losen, improvisiert wirkenden Slapstick-Szenen, in denen der Charme der Ausgangskonstellation bisweilen noch spürbar wird. Allzu oft wirkt dieser Film aber wie eine Pflichtaufgabe, bei der keiner der Beteiligten so recht bei der Sache war und schon gar nicht wusste, wohin all das führen sollte.
Venom 3 - The Last Dance • USA 2024 • Regie: Kelly Marcel • Darsteller: Tom Hardy, Juno Temple, Chiwetel Ejiofor • ab 24. Oktober im Kino
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