1. Juli 2025

„KPop Demon Hunters“ auf Netflix

Feines musikalisches Popcornkino aus Sonys Animationsschmiede

Lesezeit: 4 min.

Das Leben kann so schön sein: Abends auf der Bühne ein paar Liedchen trällern, danach einfach nur entspannen. Doch die Mitglieder von HUNTR/X haben noch einen Nebenjob. Wenn sie nicht gerade Konzerte geben, verdingen sich Rumi, Mira und Zoey als Dämonenjägerinnen. Dabei metzeln sie einerseits Horden von Schreckgespenstern nieder, andererseits stärken sie durch ihren Gesang ein unsichtbares Netz, das die Dämonen aus der Menschenwelt fernhält. Als mit den Saja Boys eine neue Band in der Stadt auftaucht, ändern sich die Spielregeln. Die Jungs sehen nicht nur verboten gut aus, sie sind auch noch Dämonen, die das Trio auf ihrem eigenen Gebiet schlagen wollen – und ein Geheimnis offenlegen könnten, das nicht nur die Freundschaft der HUNTR/X-Mädels auf eine harte Probe stellen dürfte.

Erinnern Sie sich noch? Als Psy seinen „Gangnam Style“ 2012 über den Äther rappte, hat sich die globale Musikwelt verwundert die Augen gerieben. Ein Song aus Südkorea war plötzlich ein internationaler Hit. Wie ging denn das? Die „Hallyu“ („Koreanische Welle“) ist ein Phänomen, das seine Wurzeln in den 1990er Jahren hat. Damals eroberte die südkoreanische Popkultur zunächst die südostasiatischen Nachbarstaaten, wenig später das Internet und von da aus war es dann nur noch ein kleiner Schritt in Richtung Westen. Hinter dieser Welle steht eine massive staatliche Förderung des Kreativsektors. Denn Seoul hatte vor über dreißig Jahren erkannt, dass sich nicht nur Industriegüter, sondern auch Kulturprodukte exportieren lassen. Die mediale Aufmerksamkeit repräsentiert nicht nur das Land nach außen, sie spült auch noch Geld in die (Staats-)Kasse. Was will man mehr?

Wo die südkoreanische Popkultur ohne Förderung heute stünde, kann vermutlich niemand sagen. Hätte es sie nicht gegeben, viele K-Dramen, K-Pop-Bands und Manwha hätten vielleicht nie den Weg zu uns gefunden. Und wahrscheinlich hätte sich auch ein US-amerikanischer Streaming-Anbieter wie Netflix nicht getraut, einen Animationsstreifen zu zeigen, der tief verwurzelt ist in der südkoreanischen Folklore, Mythologie und Kultur. Denn „KPop Demon Hunters“ ist genau das: Ein wilder Ritt durch das Land – und zwischendurch auch eine schallende Ohrfeige für Disney. In ihrem Regiedebüt lässt Maggie Kang den Maus-Konzern bei der Musikauswahl richtig alt aussehen. Statt als Untermalung für mal mehr mal weniger emotionale Szenen zu dienen, tragen die Songs von HUNTR/X den Film mit und sind ein wichtiger Bestandteil von Worldbuilding und Story.

Rumi (Arden Cho), Mira (May Hong) und Zoey (Ji-young Yoo) führen mit ihrer Band eine lange Tradition fort. Seit Jahrhunderten sorgen Dämonenjägerinnen mit ihrem Gesang dafür, den Honmoon zu stärken – jenes Netz, das die bösen Geister in ihrer Welt gefangen hält. Jede Generation bringt ein neues Jägerinnen-Trio hervor und somit neue Musikerinnen. Nun haben HUNTR/X die Chance, Großes zu erreichen: Sie sind nur noch einen Song davon entfernt, einen „Goldenen Honmoon“ zu spinnen, der die Dämonen ein für alle Mal aus der Welt der Menschen verbannen würde. Das möchte Gwi-Ma – seines Zeichens Obermotz aller auf Menschenseelen stehender Schreckgespenster – natürlich verhindern. Sein Untertan Jinu (Ahn Hyo-seop) bietet ihm einen Deal an. Mit einer Boyband will er HUNTR/X Konkurrenz machen, die Seelen ihrer Fans stehlen, die Jägerinnen schwächen und so den Honmoon zerstören. Im Gegenzug sorgt der Dämonenkönig dafür, dass die anklagenden Stimmen in Jinus Kopf ein für alle mal verstummen.

Es kommt alsbald, wie es kommen muss: Der dämonische Plan mündet nicht nur in einem musikalisch Wettstreit zwischen HUNTR/X und den Saja Boys um die Seelen der Musikfans. Im Verlauf kommen sich der charmante Bandleader und Rumi auch näher. Dabei entdeckt er ihr Geheimnis. Die Sängerin ist eine Halbdämonin, verbirgt dies aber vor ihren Bandkolleginnen – aus Angst vor ihnen getötet zu werden. Dass Rumi aufgrund ihrer Dämonengene langsam ihre Singstimme verliert, verkompliziert die Geschichte zusätzlich. Doch was zählt am Ende wirklich? Die Freundschaft, die Welt oder das eigene Leben?

An dieser Stelle ahnen Animationsfilmfans bereits: Storytechnisch erfindet „K-Pop Demon Hunters“ das Rad nicht wirklich neu und bleibt an vielen Stellen doch recht vorhersehbar. Der Rest? Der ist große Klasse, angefangen von den Seitenhieben auf das K-Pop-Idol-Business, über die fulminant inszenierten Kämpfe bis hin zur Technik, die sich gerade bei den emotional überzeichneten Szenen viel aus dem Manhwa- und Anime-Bereich ausgeborgt hat. Hinzu kommen ein sensationeller Cast und ein paar echt tolle Ohrwürmer von Songs, ohne die der von Sony Pictures Imageworks („Spider-Man. A New Universe“, „The Mitchells vs. the Machines“) produzierte Film nur halb so viel Spaß machen würde. Damit vereint er quasi alles, was man im Jahr 2025 von gutem Popcornkino erwarten kann. Bleibt nur zu hoffen, dass das eine oder andere lose Ende in einer Fortsetzung aufgegriffen wird.

KPop Demon Hunters • USA 2025 • Regie: Maggie Kang und Chris Appelhans • Mit den englischen Originalstimmen von: Arden Cho, Ahn Hyo-seop, May Hong, Ji-young Yoo, Yunjin Kim, Daniel Dae Kim, Ken Jeong und Byung-hun Lee • Netflix • Empfohlen ab 6 Jahren • Abb. Netflix

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