20. Oktober 2025

Reingeschaut: „Snowpiercer“ – Neues Eden, alte Konflikte

Die 4. und letzte Staffel ab heute auf Tele 5

Lesezeit: 3 min.

Erstaunlich, wie weit ein an sich simples Konzept reichen kann: Ein Zug auf endloser Fahrt durch eine unbewohnbare, dystopische Welt, unterschiedliche Fraktionen, die soziale Konflikte durchspielen. Mehr war nicht nötig, um nach einer Graphic Novel und einem Spielfilm, auch eine Serie zu lancieren, die nun, mit der vierten Staffel, dann doch ein Ende finden wird.

Das dabei der Zug zum Stillstand kommt und verlassen werden wird, war schon früh klar, denn wenn man mehr erzählen wollte, als ständige Machtwechsel von der einen zur anderen Fraktion, blieb logischerweise keine andere Wahl, als das Spielfeld zu erweitern. Zum Ende der dritten Staffel war es dann soweit, eine Gruppe um Andrew Layton (Daveed Diggs) hatte es gewagt, anzuhalten und die Siedlung New Eden, ein neues Eden, zu gründen. Sinnigerweise am Horn von Afrika, also in etwa dort, wo auch die Wiege der Menschheit lag, nicht weit vom Fundort des „Lucy“ genannten Skeletts, dem bislang ältesten Fundstück von menschlichen Überresten. So wie im Garten Eden sieht es hier zwar noch nicht aus, mit ein paar Waggons und behelfsmäßigen Hütten hat sich die Gruppe mehr schlecht als recht eingerichtet, aber immerhin ist man nicht mehr an den Zug gebunden. Den führte zum Ende der dritten Staffel Melanie Cavill (Jennifer Connelly) an, die einen Burgfrieden mit der Layton-Fraktion geschlossen und Joseph Wilford (Sean Bean) ausgesetzt hatte.

Angesichts dieses beigelegten Konfliktes wirkt es nun zwangsläufig, dass ein neuer Antagonist aus dem Hut gezaubert werden muss: Eine schwer bewaffnete, internationale Friedenstruppe, die in den ersten Folgen der finalen Staffel von „Snowpiercer“ die Kontrolle über den Zug erlangt und dabei wenig zimperlich vorgeht, um Melanie zu entmachten. Der gelingt die Flucht aus dem Zug, doch nicht nur das: Sie versucht New Eden zu erreichen, denn es gibt Hoffnung: Mithilfe von Raketen, die in den Himmel geschossen werden und das Wetter verändern sollen, ist es einer Gruppe von Wissenschaftlern gelungen, warme, lebensfähige Orte zu erschaffen. Doch um den Wetterwandel voranzutreiben, müssen auf der ganzen Welt solche Orte entstehen, die Chemikalien in die Atmosphäre schießen, die sich dort vermischen und die Eiszeit endlich beenden. Und zu diesem Zweck ist der Snowpiercer nötig, man muss ihn zurückerobern, das ist das Ziel der vierten Staffel. Zumindest am Anfang. Denn wie sich diese finale Staffel anlässt, wie sich die Konflikte entwickeln, mutet arg holprig an. Dass eine neue Gruppe Überlebender auftaucht, kommt zwar nicht überraschend, wirkt allerdings auch wie eine erzählerische Krücke, wie ein Deus-ex-Machina-Moment, der zwar nicht viel Sinn ergibt, aber eben notwendig erscheint, um die Handlung fortzuführen. So recht scheinen sich die Macher aber nicht entscheiden zu können, wer sich hier gegen wen verbünden soll: Hin und her springt die Handlung in den ersten Folgen, häufig eingebaute Rückblenden machen das Ganze noch eine Spur komplizierter, der rote Faden geht langsam verloren.

Einmal mehr zeigt sich hier, wie schwierig es für eine Serie (ähnliches gilt natürlich auch für Filme) ist, sich aus einer extremen Ausgangslage herauszuerzählen. Einen Ansatz zu finden, der originell und cool wirkt, das ist der einfache Part, daraus aber eine sinnvolle Geschichte zu entwickeln, dabei aber über am Ende 40 Folgen lang die Spannung zu halten, das ist etwas anderes. In der ersten Hälfte der finalen Staffel rumpelt „Snowpiercer“ ein wenig dahin, ein paar Folgen bleiben aber ja noch, um eine konzeptuell so ambitionierte Serie doch noch zu einem befriedigenden Ende zu bringen.

Snowpiercer • 4. Staffel • USA 2024 • Darsteller: Daveed Diggs, Jennifer Connelly, Clark Gregg, Michael Aronov, Rowan Blanchard, Mickey Sumner, Alison Wright, Lena Hall • ab 20. Oktober 2025 auf Tele 5

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