14. April 2015 2 Likes

Zeitreise zu Schildkröten und Drachen

Terry Pratchetts Kurzgeschichten-Frühwerk und ein Scheibenwelt-Schuber

Lesezeit: 2 min.

Fast genau einen Monat nach Terry Pratchetts Tod erschien dieser Tage der allerdings schon seit geraumer Zeit angekündigte Band „Dralle Drachen“ als deutsche Erstveröffentlichung. Darin gibt es eine Auswahl des Kurzgeschichten-Frühwerks vom späteren Erfinder der erfolgreich-grandiosen Scheibenwelt. Pratchett schrieb die in „Dralle Drachen“ enthaltenen, zwischen 1966 und 1973 erstmals veröffentlichen Geschichten als junger Mann, als er noch lieber Motorrad fuhr anstatt Schlapphüte zu tragen, für die jüngsten Leser einer Zeitung.

In dieser Zeit und diesen Texten liegt u. a. der Ursprung seines ersten Romans „Die Teppichvölker“ von 1971, der Ende letzten Jahres erst als Hardcover-Neuausgabe mit den Illustrationen des Autors wiederaufgelegt worden ist. In „Dralle Drachen“ gibt es, wenig überraschend, dann auch zwei Teppichvölker-Erzählungen. Dazu kommen Raumfahrer in der Staubkorn-Galaxie; Drachen und Ritter und Könige und Zauberer und langweilige Prinzen; die entdeckungsfreudige Schildkröte Herkules auf Abenteuerreise hinter dem Garten; ein Dampfwagen-Benzinwagen-Wettrennen mit englischen Wissenschaftlern und hinterlistigen Deutschen; ein übereifriger, aber revolutionärer Steinzeit-Erfinder (definitiv eine Hommage an Roy Lewis’ Roman „Edward“, den Sir Terry sehr schätzte); eine Bus-Zeitreise zu Römern, Rittern, Dinosauriern und Affenmenschen; Romeo und Julia beim Eiertanz-Battle in der englischen Provinz; ein verschrobener Millionär und seine eigenwillige Expeditionsmannschaft auf der Suche nach dem schrecklichen Schneemenschen (seltsamerweise als Schneemann eingedeutscht); ein verschlafenes Nest, das durch einen Seemonster-Hoax unsanft aufgeweckt wird; und der Weihnachtsmann, ein Gutmensch und Fachidiot wie aus dem weihnachtlichen Bilderbuch, auf Jobsuche.

Alle Geschichten wurden von Mark Beech illustriert, und der Kinderbuch-Satzspiegel ist absolut augenfreundlich, die Kurzgeschichtensammlung entsprechend schnell durchgelesen. Doch die Storys, die Pratchett – wie er in seinem Vorwort von 2014 schreibt – lediglich geringfügig überarbeitet und hier und da mit einer typischen Fußnote versehen hat, richten sich ja auch in erster Linie an jüngere Leser, selbst wann das Produkt selbst die erwachsenen Pratchett-Jünger anvisiert. Für diese und alle anderen sind Pratchetts frühe Geschichten, um mal Douglas Adams zu zitieren, größtenteils harmlos – durchaus nett gemacht und liebenswert, und wenn man mag, könnte man in die spitzen Hüte der verschrobenen Zauberer, die schrulligen Figuren und die Schildkröte wohl die kleinen Anfänge von etwas ganz Großem hineininterpretieren.

Während im September auf Englisch der 41. und letzte Scheibenwelt-Roman mit der jungen Hexe Tiffany Weh publiziert wird, bringt Piper im Mai und im Juni als nächstes übrigens die ersten neun Scheibenwelt-Bände in neuer, einheitlicher Covergestaltung und von Andreas Brandhorst durchgesehener und aktualisierter Übersetzung heraus, bevor im Juni sogar ein entsprechend gestalteter Schuber mit allen neun Büchern folgt.

Terry Pratchett: Dralle Drachen und andere Storys vom Schöpfer der Scheibenwelt • ivi, München 2015 • 217 Seiten • € 16,99

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