Verstehen Sie fließend Außerirdisch?
Jennifer Foehner Wells’ Roman-Debüt „Die Frequenz“
Mal wieder eine schöne Selfpublishing-Erfolgsstory gefällig? Bitte sehr: Die studierte Biologin Jennifer Foehner Wells, die mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen im ländlichen Indiana lebt, veröffentlichte 2014 ihren Debütroman „Fluency“ auf Englisch komplett in Eigenregie, wofür sie sogar einen Verlag gründete. Twitter-Lob von der bekannten Videogame-Entwicklerin Brianna Wu und eine positive Besprechung auf BoingBoing.net genügten rund ein Jahr später, um „Fluency“ 2015 in den unendlichen Weiten der selbstverlegten Bücher und E-Books erstrahlen zu lassen. Darüber hinaus gab es für Jennifer Foehner Wells und ihren Erstling bei den unabhängigen eLit Awards für Independent-Publikationen noch den Gold Award, also den ersten Platz, in der Kategorie Fantasy/Science Fiction. Der auffallend gute Rang in den Verkaufs-Charts war da irgendwann bloß noch Formsache. Im Dezember erschien der Roman unter dem Titel „Die Frequenz“ schließlich als Taschenbuch und E-Book bei Heyne auf Deutsch (im Shop).
„Die Frequenz“ folgt auf gut 400 Seiten der Sprachwissenschaftlerin Dr. Jane Holloway, die für ein NASA-Team rekrutiert wird, das endlich Kontakt aufnehmen soll. Denn seit Jahren weiß die Weltraum-Behörde von einem Alien-Raumschiff, das scheinbar regungslos und verlassen im All schwebt. Jetzt rückt man dem außerirdischen Schiff nach langer Vorbereitungszeit entschlossen zu Leibe, und Jane ist ganz vorne mit dabei, als die Raumkapsel andockt und die Schleusen geöffnet werden. Die schöne Linguistin des Teams, die mindestens einem Astronauten den Kopf verdreht hat, ist auf alles gefasst, nur auf eines nicht: Dass eine Stimme direkt in ihren Kopf schwappt und Jane sie sofort – quasi fließend – verstehen kann …
Romane über den Erstkontakt mit Außerirdischen gibt es viele (im Shop) – das Thema und die Vorstellung reizen Science-Fiction-Anhänger einfach. Welche Absichten würden die Besucher aus dem Weltraum hegen? Und wie sollte die Verständigung ablaufen, träfen wir auf Wesen von anderen Sternen? Nicht jeder versteht seinen Wookie so gut wie Han. Es muss Jennifer Foehner Wells hoch angerechnet werden, dass sie keineswegs so tut, als würde sie totales Neuland beschreiten, sondern wirklich versucht, dem Subgenre neue Ideen und Impulse abzuringen. Ohne in die intellektuellen Gefilde von Ted Chiang oder die faszinierenden Areale von China Miéville vorzustoßen, sucht sich Wells ihren eigenen Weg hin zum Austausch und zur Verständigung zwischen – ja, eigentlich zwischen jedem und allem.
Allerdings müssen sich gestandene SF-Fans über eines im Klaren sein: Dieser Roman wurde trotz der wissenschaftlichen Ausbildung und der genrespezifischen Interessen der Autorin nicht ausschließlich für Hardcore-SF-Fans geschrieben – sondern genauso für Mainstream-Leser, die z. B. nach der Verfilmung von Andy Weirs „Der Marsianer“ (im Shop) vielleicht mal Lust auf ein SF-Buch verspüren und gern noch eine Alien-Komponente drin hätten. Das merkt man vor allem dem Stil und den Figuren-Typen an, die sich an eine größere Zielgruppe richten, zu der Gelegenheits-Leser genauso gehören wie Alles-Leser oder sogar die große Anhängerschaft der Chic-lit. Die entsprechende Reichweite hat dem Erfolg von Wells’ Roman-Einstand definitiv nicht geschadet – aber den entsprechenden Sound mit Weichspüler muss man mögen. Jennifer Foehner Wells kann sich allemal auf die Fahne schreiben, das klassische First-Contact-Topic für eine breite Leserschaft abgepackt zu haben. Dass sich „Die Frequenz“ unterm Strich auch noch wie eine Bewerbung an die großen Hollywood-Studios liest, die gerne in glatten Blockbustern denken, ist dann lediglich konsequent.
Übrigens arbeitet Wells schon am zweiten Buch der „Confluence“-Serie, das ihre Fans ungeduldig erwarten. Ist eben schwer, als Fulltime-Mutter, Fulltime-Autorin und Fulltime-Selbstverlegerin, und dann ist da laut Wells noch dieses Biest namens Social Media, das sie hier via Twitter füttert. In ihrem Roman geht es ums Verstehen – da darf sie vermutlich auf ein bisschen Verständnis hoffen.
Jennifer Foehner Wells: Die Frequenz • Heyne, München 2015 • 446 Seiten • E-Book: 8,99 Euro
Kommentare
Einer der schwächsten SF-Romane, die ich je gelsen habe. Bei über 1.500 Stück will das was heissen. Die Story wirkt vorhersehbar, das Ende ist wie erwartet. Dem Roman fehlen wirklich zündenden Ideen. Die Liebesgeschichte darin wirkt angesichts der herrschenden Umstände komplett deplaziert. J.F.Wells hat sich auch damit keinen Gefallen getan. Dabei sollte das Thema generell eigentlich für eine wirklich packenden Geschichte ausreichen.