26. Januar 2016 2 Likes

Kometenlandschaft

Die neusten Bilder von 67P/ Tschurijumow-Gerasimenko zeigen, wie vielfältig 67P ist

Lesezeit: 3 min.

Kaum zu glauben, dass dieses unglaubliche Bild von der Oberfläche des Kometen 67P/Tschurijumow-Gerasimenko aus fast 87 Kilometern Entfernung geschossen wurde, oder? Es zeigt einen 3,2 Kilometer breiten Ausschnitt aus der Region Imhotep, eine der geologisch vielfältigsten Orte auf der Kometenoberfläche. Imhotep befindet sich, vereinfacht gesagt, auf dem größeren der beiden „Knubbel“, aus denen sich der Komet zusammensetzt, in der Nähe des Kometenäquators. Man erkennt das Gebiet auf Fotos besonders leicht an dem breiten flachen Gebiet, das hier etwas rechts der Mitte im Vordergrund zu sehen ist. Der Fleck besteht aus feinem Material – die gröberen Schichten aus Grus mit mehreren Dezimetern Durchmesser –, ist etwa 0,8 Quadratkilometer groß und bedeckt rund ein Drittel der Region. Wie überall auf dem Planeten gibt es auch innerhalb der flachen Region Orte, an denen das darunterliegende Gestein zum Vorschein kommt. Im Grus zeigen sich gekrümmte, mehrere hundert Meter lange Linien, von denen man inzwischen weiß, dass sie sich im Laufe der Zeit verändern. Dennoch gelten die flachen Ebenen als größtenteils wenig aktiv, sodass das Material Zeit hat, sich hier abzulagern. Vermutlich stammt der Grus von den Felsen und Klippen (hier links und rechts), die erodieren, wobei das Material nach unten rutscht. Vermutlich entstand die flache Ebene komplett durch Jahrtausende der Erosion der „Gebirge“ um sie herum. Je weiter das Material von den Bergen entfernt ist, desto älter ist es vermutlich. Dazu kommen Ablagerungen des Materials, das in der aktiven Phase des Kometen, wenn er sich am sonnennächsten Punkt befindet, herausgeschleudert wird und dann durch die Gravitation wieder zu Boden sinkt.

Im Vordergrund ist der Felsen Cheops zu erkennen, der hellste Felsbrocken auf dem Kometen. Er misst rund 45 Meter im Durchmesser und ist gut 25 Meter hoch. Außerdem ist er, wie die Cheops-Pyramide, von vielen kleineren Felsen umgeben, die vermutlich durch Erosion entstanden sind. In den „Bergen“ um die flache Ebene auf Imhotep wurde kürzlich Wassereis nachgewiesen, erkennbar auf Bildern als sehr helle Ebenen. Sie gehören zu den geologisch jüngsten Gebieten auf 67P. Der Komet spuckt Wasserdampf aus, wenn er der Sonne nahe kommt. Aber auf der dunklen Oberfläche selbst finden sich nur wenig freiliegende Eisflächen, sodass die Wissenschaftler vermuten, dass sich der größte Teil des Eises unter der Oberfläche befindet.

Besonders augenfällig in dieser Aufnahme, die am 17. Januar 2016 mit der OSIRIS-Kamera der Raumsonde Rosetta entstanden ist, ist das geschichtete und zerklüftete Terrain im Hintergrund links der Mitte mit den gezackten „Berggipfeln“ und die freiliegenden Klippen rechts, wo Imhotep in die Khepry-Region übergeht. Solche Schichten tauchen überall auf dem Kometen auf, allerdings wissen wir bisher noch nicht genau, wie sie entstanden sind.

Links, direkt vor dem „bergigen“ Terrain, erkennt man deutlich einige fast kreisrunde Landschaftsmerkmale, die einen deutlich ausgeprägten Ring zu haben und innen ganz eben zu sein scheinen. Etwa siebzig davon wurden bisher entdeckt; es sieht so aus, als kämen sie nur in der Imhotep-Region vor. Sie messen zwischen zwei und 59 Meter im Durchmesser und weisen entweder eine Senke oder eine Mesa aus feinem Material auf, das sich manchmal über den Rand zu schieben scheint. Viele dieser Kreise überlappen einander. Es ist unklar, wie sie entstanden sein könnten. Ein mögliches Szenario ist, dass früher dort Gas aus dem Kometeninneren austrat und sich danach Material darüber anlagerte, das jetzt nach und nach abgetragen wird. Ähnliche Merkmale wurden auch auf dem Kometen 9P/Tempel1 entdeckt – hier könnten sich also Hinweise auf die Entstehung von Kometen allgemein finden.

Einen näheren Einblick in die vielfältige Landschaft Imhoteps gibt die Arbeit von Anne-Thérèse Auger vom Laboratoire d’Astrophysique de Marseille (LAM, France) et al., veröffentlicht in Astronomy and Astrophysics, die auf der ESA-Seite „Rosetta Blog“ für den Laien etwas verständlicher zusammengefasst wurde. Mit dem Comet Viewer der ESA kann man Imhotep und 67P noch genauer unter die Lupe nehmen.

© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA / Titelbild-ID: 353511

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