17. September 2016 1 Likes

Ein schneller Raumkreuzer wird 50

Die Kult-Serie „Raumpatrouille Orion“ wird heute ein halbes Jahrhundert alt

Lesezeit: 2 min.

Neun Tage, nachdem die Enterprise in den USA ins All aufbrach, startete auch ein deutsches TV-Raumschiff: der schnelle Raumkreuzer Orion unter dem Kommando von Cliff Allister McLane (Dietmar Schönherr) hob ab, um sich zum ersten Mal den außerirdischen Frogs zu stellen (in Frankreich startete die Serie sogar schon Ende 1965, also vor der Enterprise). Die Serie hatte Einschaltquoten von 50%, alle zwei Wochen war am Samstagabend auf den Straßen nichts mehr los. Nach sieben einstündigen Folgen war jedoch Schluss. Das Warum steht bis heute im Mittelpunkt vieler Fan-Debatten. War die Serie zu teuer? Lag es an dem eher militärischen Fokus, der in den Sechzigerjahren (noch) nicht gern gesehen wurde und der Sendung den Ruf eintrug, faschistoid zu sein? Gab es keine Drehbuchideen mehr? Wie auch immer, hätte es weitere Orion-Staffeln gegeben, hätte der schnelle Raumkreuzer vielleicht nicht den Kultstatus erlangt, den er heute innehat.

Maßgeblich zum Orion-Kult trug das gesamte Orion-Ambiente bei: futuristische Unterwasser-Wohnungen, bevölkert von Zukunftsmenschen in Kleidung mit asymmetrischen Rückenausschnitten und frechen Frisuren, die gerne massenhaft zu extrem schräger Musik extrem schräge Dance-Moves auspacken, die Bedienelemente in Raumschiffen, (das Bügeleisen! Der Bleistiftspitzer! Die Duschbrausen!), Vor- und Wohnzimmern – man muss sich beim Anschauen immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass Stanley Kubrick im selben Jahr mit den Dreharbeiten zu 2001 – A Space Odyssey begonnen hat wie die Münchner Raumschiffcrew. Diese steht der Enterprise-Crew in nichts nach. Neben Kommandant McLane gehören Armierungsoffizier Mario de Monti (Wolfgang Völz), Astrogator Atan Shubashi (Friedrich G. Beckhaus), Bordingenieur Hasso Sigbjörnson (Claus Holm) und der Leutnant für Raumüberwachung Helga Legrelle (Ursula Lillig) zur Stammbesatzung der Orion, die in der ersten Folge um ein weiteres Mitglied erweitert wird: GSD-Sicherheitsoffizier Tamara Jagellovsk (Eva Pflug) geht an Bord, um McLane von weiteren Eskapaden abzuhalten. Der Ton ist nicht unernst, aber auch nicht humorlos, und die Beziehungen der Figuren, allen voran die zwischen McLane und seiner Aufpasserin, könnte dynamischer nicht sein.

Wenn ich mir Raumpatrouille Orion heute anschaue, geht es mir ähnlich wie bei Star Trek: ich sehe diese Serie als ein interessantes Dokument einer Zeit, in der eine alte, irgendwie starre und verkrustete Welt von einer neuen abgelöst wurde. Cliff McLane ist renitent genug, um eine junge Generation anzusprechen, aber er ist keinesfalls ein Revoluzzer – was auch für sein amerikanisches Gegenstück Kirk gilt. Im Mittelpunkt beider Serien stehen Raumschiffcrews, die international und gemischtgeschlechtlich sind (das Schwesternschiff der Orion, die Hydra, hat gar eine Kommandantin). Und auch wenn ich heute über Bügeleisen, Bleistiftspitzer und Spezialeffekte lächle, tauchen doch immer wieder Elemente auf, die selbst heute noch wie „Märchen von übermorgen“ wirken. Die zu entdecken, überlasse ich Ihnen: die Abenteuer der Orion laufen im Stream bei Amazon Prime. Im deutschen TV läuft die Serie derzeit nicht, allerdings zeigt Tele 5 am Montag, 19.9., ab 20:15 Uhr den (meiner Meinung nach unzumutbaren) Zusammenschnitt aller Folgen, „Rücksturz ins Kino“, von 2003. 

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