28. Januar 2021 2 Likes 2

„Die kalten Sterne“ von John Birmingham

Ein australischer SF-Mix für alle Fans von „The Expanse“

Lesezeit: 3 min.

Im futuristischen Kosmos von John Birminghams Roman „Die kalten Sterne“ (im Shop) hat die Menschheit sich nicht nur in der Galaxie ausgebreitet, sondern auch eine posthumane Entwicklungsstufe erreicht: Ein Bewusstsein oder sein Back-up können mehrfach in neuen Körpern wiedergeboren werden, außerdem sind viele Menschen durch Code oder andere Tech-Modifikationen verändert. Daneben gibt es so genannte künstliche Intellekte, die für Infos, Fähigkeits-Codes oder Back-ups auf dieselben Netzwerke zugreifen wie die Menschen, mit denen sie interagieren, während sie zugleich riesige Schiffe durch den Quantenraum steuern. Quantenmechanik spielt bei der Kommunikation und Fortbewegung im All ohnehin eine große Rolle. Und nicht zuletzt hat man den Krieg mit den terroristischen Sturm gewonnen, und so folgen die Leute ihren Leben auf der alten Erde oder in den unendlichen Weiten.

Die hochdekorierte Offizierin Lucinda kommt etwa auf ein neues Quantenschiff der Flotte. Sephina und ihre Gang sollen auf der Erde den Kopf eines Yakuza-Bosses stehlen und liefern sich ein Feuergefecht mit anderen Kriminellen. Der digitalisierte Korporal Booker3-2121692-930 wartet in einer Zelle auf seine endgültige Auslöschung. Prinzessin Alessia von der adeligen Firmendynastie Montanblanc bringt ihre Aufpasser zum Verzweifeln, weil sie sich viele kindische Freiheiten herausnimmt. Und der schottische Professor McLennan, ein mehrfach reinkarnierter Kriegsheld aus der Konfrontation mit den Sturm, will nur in Ruhe seinen archäologischen Forschungen nachgehen. Doch dann flutet richtig üble Schafsoftware das Netzwerk und verwandet die verschiedensten Menschen plötzlich in rasende, mörderische Bestien. McLennan weiß sofort: Der Sturm ist zurück, und diesmal werden das Kämpfen und Überleben noch schwerer …


John Birmingham. Foto  © Vincent Long

John Birmingham wurde 1964 in Liverpool geboren, wuchs jedoch in Australien auf, wo er heute noch lebt. Als Autor veröffentlichte er nicht nur mit einigem Erfolg seine mehrteiligen Memoiren, sondern auch Alternativwelt-Romanserien, eine Reihe von Techno-Thrillern in der Tradition von Ton Clancy („Der Effekt“, „Das verlorene Land“) und Beiträge für Magazine wie „Rolling Stone“, „Penthouse“, „The Monthly“ und den „Guardian“ in Australien. Mit „Die kalten Sterne“ alias „The Cruel Stars“ legt er den Auftakt einer neuen Science-Fiction-Serie vor, die früh auf genau die richtigen Knöpfe drückt: Zwar dauert es etwas, bis Birmingham reihum all seine Protagonisten auf dem Tableau hat, doch dafür greift das Worldbuilding seines coolen SF-Universums mit wenig Erklären und viel Zeigen bereits von der ersten Seite an.

So, wie in „Die kalten Sterne“ futuristische Technologien miteinander und dem Menschen von Morgen verschmelzen, kombiniert der Australier dabei munter Space Opera, SF-Horror, Military-Science-Fiction und Cyberpunk. Eine gefällige, ja, vielleicht sogar eine kommerzielle Mischung, aber eben auch eine, die für SF-Geeks ziemlich gut funktioniert. Vieles erinnert an „The Expanse“ von James S. A. Corey (im Shop), manches an „Altered Carbon“ von Richard Morgan (im Shop), einiges an die Werke von Iain Banks (im Shop) oder Alastair Reynolds (im Shop), ein bisschen was hin und wieder sogar an Frank Herberts „Dune“ (im Shop) oder selbst an das multimediale „Warhammer 40K“-Franchise. Alles keine schlechten Hausnummern innerhalb der Genre-Kultur, insofern man den Dingen – wie Birmingham das tut – trotzdem noch einen eigenen Touch gibt.

Wer Popcorn-SF im Stil von „The Expanse“ mag, wird dieser unterhaltsamen Zukunftsvision aus Down Under bestimmt Daumen hoch zeigen. Die Bände zwei und drei sind im englischsprachigen Original bereist angekündigt.

John Birmingham: Die kalten Sterne • Aus dem Amerikanischen von Maike Hallmann • Heyne, München 2021 • 541 Seiten • E-Book: 16,99 Euro (im Shop)

Kommentare

Bild des Benutzers reherrma

Ich habe ewig auf einen neuen Roman von Birmingham gewartet und dieser hat mich nicht enttäuscht, im Gegenteil. Ich hoffe, dass die beiden Romane noch nachgeschoben werden und nicht, wie in der Dissapearance-Trilogie (Der Effekt, Das verlorene Land) nur unvollständig veröffentlicht wird. Ich finde es nicht nachvollziehbar, dass der 3. Band dieser Trilogie noch nicht auf Deutsch herausgegeben wurde.

Bild des Benutzers Elisabeth Bösl

Dass Trilogien manchmal unvollständig veröffentlicht werden, liegt meist an den zu geringen Verkaufszahlen. Das ist schade für die Fans, aber manchmal geht es leider, leider nicht anders.

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