„Die Scherben der Erde“ von Adrian Tchaikovsky
Eine eigenständige Space Opera – nicht nur für Fans von „Warhammer 40.000“
Ja, das rechts unten auf dem Cover von Adrian Tchaikovskys neuem SF-Roman „Die Scherben der Erde“ (im Shop) ist die Erde der Zukunft – nachdem ein kosmischer Weltraumriese vom Volk der Architekten die Hülle und den Kern des blauen Planeten zu einer bizarren Skulptur verbogen hat. Die Architekten sind also völlig zurecht der Schrecken aller Völker im Weltall, in dem sich die Menschheit zum Glück längst ausgebreitet hat, zusammen mit einer ganzen Reihe von politischen, militärischen, nationalistischen, religiösen, kriminellen, rassistischen und spezistischen Bewegungen. Manche Siedler mit irdischer Abstammung wollen sich als Kultisten einer weiteren Alien-Rasse unterwerfen, um bei einer möglichen Rückkehr der Architekten geschützt zu sein; andere lehnen alles nichtmenschliche, alles kybernetische und alles genetisch veränderte Leben ab.
Inmitten dieser Wirren, die seit dem Angriff der Architekten und einer enormen menschlichen Flüchtlingswelle entstanden sind, steuert der Kriegsheld Idris das Raumschiff einer Schrottsammler-Crew durch den Unraum: Den Hyperraum in Tchaikovskys SF-Universum, durch den nur wenige speziell konditionierte Menschen abseits der vorhandenen Routen navigieren können, was sie jederzeit in den Wahnsinn treiben könnte – zumal sie bei jedem Eintauchen und jedem albtraumhaften Durchqueren die Präsenz von etwas anderem, etwas finsterem in den geheimnisvollen Tiefen spüren.
Aber auch außerhalb des Unraums droht Idris Ungemach. Nicht zuletzt, weil korrupte Händler oder gesetzlose Banden sehr gerne einen Navigator mit seinen raren Talenten in ihren Reihen hätten, und dafür auf allerhand schmutzige Tricks zurückgreifen. Außerdem ist da neuerdings auch noch Trost, eine im Bottich gezüchtete Kriegerin von der berüchtigten, leicht anachronistischen Panthenier-Schwesternschaft – eigens für den Kampf geschaffen, mit mächtigen Panzerrüstungen und Waffen ausgestattet, von allen gefürchtet, von so einigen verhasst. Trost und Idris stellten sich einst gemeinsam im Krieg an vorderster Front im Raum dem ersten Angriff der Architekten auf die Menschheit und ihre Verbündeten. Nun möchten die Panthenier Idris’ Fähigkeiten ihrem Arsenal einverleiben, und die zwischen ihren Missionen oftmals in Kälteschlaf versetzte Elitekriegerin Trost soll den Unraum-Navigator aufgrund ihrer persönlichen Verbindung rekrutieren. Doch dann stolpern Trost, Idris und dessen Crew im All über etwas, das die Karten für alle schon wieder neu mischt …
Den britischen Autor Adrian Tchaikovsky kennt man für SF-Romane wie „Die Kinder der Zeit“ (ausgezeichnet mit dem Arthur C. Clarke Award), „Portal der Welten“ (Spionage-Thriller über alternative Erden und Evolutionen) oder „Im Krieg“ (über kybernetisch gepimpte Tier-Soldaten). Allerdings hat der 1972 geborene Engländer auch schon High Fantasy geschrieben, überdies zeigt er sich gern als begeisterter Wargamer, der nicht bloß Warhammer-Miniaturen bemalt und in Rollenspiel-Kämpfe schickt, sondern inzwischen auch Prosa-Beiträge zur SF-Welt von „Warhammer 40.000“ beigesteuert hat – in der es oft um schwer gepanzerte, schwer bewaffnete Space Marines geht. Liest man jetzt „Die Scherben der Erde“ als krachenden Auftakt einer Trilogie, gewinnt man schnell den Eindruck, dass Mr. Tchaikovsky hier mit großem Vergnügen so etwas wie seinen „eigenen Warhammer-Kosmos“ geschaffen hat, den er nach Lust und Laune mit Wesen, Strukturen, Konflikten und natürlich jeder Menge Space-Opera- und Military-SF-Kost befüllt. Es geht ihm um große Action, großes Abenteuer, große Kämpfe, große Bilder, große Zusammenhänge – und großen Genre-Fun auf 600 Seiten.
Man muss dafür kein „Warhammer 40K“-Fan sein, um sich mitreißen zu lassen, es genügt vollkommen, Tchaikovsky im Besonderen oder Space Operas im Allgemeinen zu mögen. Schaden würde eine Affinität für die Wargamer-Freuden aus der Black Library allerdings ebenfalls nicht. Der zweite Band „Die Augen der Galaxis“ (im Shop) soll übrigens bereits im Februar 2023 folgen.
Adrian Tchaikovsky: Die Scherben der Erde • Roman • Aus dem Amerikanischen von Irene Holicki • Wilhelm Heyne Verlag, München 2022 • 640 Seiten • Erhältlich als Paperback, eBook und Hörbuch Download • Preis des Paperbacks: € 16,00 • im Shop
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