11. Juni 2019 2 Likes 1

Ford statt TARDIS

„Die Schleife“: Ein erfrischender Zeitreise-Roman von Peter Clines

Lesezeit: 3 min.

Peter Clines hat es geschafft, mit wenigen Romanen zu einem dieser Autoren zu werden, auf deren neues Werk man sich tierisch freut, sobald man auf Twitter erstmals Wind davon bekommt oder es in einer Verlagsvorankündigung erspäht. Nicht, weil Clines besonders innovative oder weltbewegende Bücher schreiben würde, sondern weil seine Romane ungemein sympathisch daherkommen und äußerst komfortabel zu lesen sind. Deshalb zählt inzwischen selbst Bestsellerautor Andy „Der Marsianer“ Weir (im Shop) zu seinen Fans. Während Clines in seinen vorherigen Büchern „Der Spalt“ (im Shop) und „Der Raum“ (im Shop) Science-Fiction auf ansprechende Art und Weise mit Weird-Fiction, Horror und selbst dem kosmischen Grauen von H. P. Lovecraft kombinierte, wendet sich der 1969 geborene Amerikaner in „Die Schleife“ nun dem klassischen Thema Zeitreisen zu.

Die ersten Kapitel bieten dabei gleich einen wahnsinnig charmanten und gelungenen Einstieg, wie man ihn besser kaum hinbekommen kann. Clines macht wieder keinen Hehl daraus, dass er einer „von uns ist“ – dass er ebenfalls zu den Geeks gehört – und stellt seinen Lesern den jungen Eli Teague vor. Der lebt in einer verschlafenen, fast rückständigen Kleinstadt in Stephen Kings Revier Maine, wird von einem fiesen Mitschüler schikaniert und trifft in seiner Jugend im Abstand von mehreren Jahren zwei Mal auf den Fahrer eines alten Ford Model A aus den 1920ern, mit Speichenrädern und modifizierten Motor. Später, als der erwachsene Eli als gelangweilter IT-Fachmann in einer Bank arbeitet, kommt es zu einer weiteren Begegnung, und die hat ernste Folgen. Eli erfährt nämlich, dass es viele Zeitreisende gibt, die sich auf einer vagen Schatzjagd durch die amerikanische Geschichte befinden. Obwohl sie von gnadenlosen Spezialagenten ohne Gesicht gejagt werden, suchen die Männer und Frauen, die aus verschiedenen Epochen stammen und alle spezielle Gefährte haben, nach dem Gestalt gewordenen Heiligen Gral des amerikanischen Traums der Gründerväter, mit dem man die Realität der Vereinigten Staaten neu schreiben könnte …

In „Die Schleife“ gewinnt Peter Clines dem viel bereisten Thema Zeitreisen einige sehr schöne Ideen ab. Natürlich spielen die guten, alten Paradoxen trotzdem eine Rolle, im englischsprachigen Original heißt der Roman ja sogar „Paradox Bound“ – aber hey, es geht hier schließlich um Zeitreisen, da gehört das einfach zur Grundausstattung, egal wie frisch man sonst an die Sache herangeht. Und Clines konstruiert und kreiert seine Paradoxen wirklich sehr elegant. Als Science-Fiction-Enthusiast hat man permanent das Gefühl, einer sehr guten, stimmigen „Doctor Who“-Geschichte zu folgen, die zudem durch die geistige Nachbarschaft von Neil Gaimans „American Gods“ und Joe Hills „Christmasland“ rast.

Gut möglich, dass „Der Raum“ das reizvollere und spannendere Buch aus Clines Feder ist und der Road-Trip durch die amerikanische Geschicht ein paar markante Stationen in der Vergangenheit mehr vertragen hätte – aber Peter Clines schreibt immer super zugängliche und unterhaltsame Science-Fiction-Romane, deren Seiten man nicht per Dutzend, sondern locker und lässig per Hundert verschlingt. Darum handelt es sich auch bei „Die Schleife“ um perfekte Sommerlektüre zum Relaxen und Schmökern, und das nicht nur, aber besonders für Fans von „Doctor Who“.

Peter Clines: Die Schleife • Aus dem Englischen von Marcel Häußler • Heyne, München 2019 • 5258 Seiten • E-Book: 9,99 Euro (im Shop)

Kommentare

Bild des Benutzers txtrovert

"zugängliche und unterhaltsame Science-Fiction-Romane, deren Seiten man nicht per Dutzend, sondern locker und lässig per Hundert verschlingt" -- 5258 Seiten, hier habe ich dann kurz geschluckt, bis ich gemerkt habe, dass es sich um einen Tippfehler handelt. :-D

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