19. Oktober 2021 2 Likes

Cixin Lius „Meer der Träume“ als Comic

Rodolfo Santullo und JOK adaptieren eine Story des chinesischen SF-Stars

Lesezeit: 2 min.

Splitters Bibliothek mit Comic-Adaptionen der Science-Fiction-Geschichten von Cixin Liu (im Shop) durch eine internationale Riege Künstlerinnen und Künstler, die mit „Die wandernde Erde“ begonnen hat, wächst munter weiter – und auch das frisch erschienene dritte Album „Meer der Träume“ ist, wie zuvor schon „Yuanyuans Blasen“, eine Premiere für deutschsprachige Fans des chinesischen Weltstars. Die erstmals übersetzte Story wurde ursprünglich 2002 im monatlich erscheinenden chinesischen Magazin „Science Fiction World“ veröffentlicht, was vor Lius Erfolg trotz der wahnsinnigen Auflage und Reichweite meist ohne Kenntnisnahme durch den westlichen Genre-Markt passierte.

Im Mittelpunkt von Erzählung und Comic steht der Erstkontakt mit einer höher entwickelten außerirdischen Lebensform, die sich für die Interaktion mit den Menschen auf dem blauen Planeten als Niedertemperaturkünstler bezeichnet und eine Form annimmt, die an eine Mischung aus Qualle und Wolke erinnert. Nur der Ingenieur und Hobby-Eisbildhauer Yan Dong hat wegen seiner von anderen gerne belächelten Freestyle-Skulpturen das Recht, mit dem fliegenden, mächtigen Alien aus den lebensfeindlichen Tiefen des Kosmos zu kommunizieren. Deshalb setzten die politischen und militärischen Führer der Erde all ihre Hoffnungen in Yan Dong, als das extrem auf Kunst fixierte, alles andere hintenanstellende Wesen das Wasser aus den Weltmeeren absorbiert, in Eisblöcke transformiert und ein Mega-Kunstwerk im Orbit erschafft – selbst wenn die Menschheit dafür in eine trockene Endzeit katapultiert wird und jetzt nur noch auf ihre klügsten Wissenschaftler und tapfersten Astronauten hoffen kann …

Die Comic-Interpretation dieser Story Cixin Lius stammt von dem in Mexiko geborenen, in Uruguay lebenden Autor und Redakteur Rodolfo Santullo und dem argentinischen Zeichner JOK (nur zur Sicherheit: das ist nicht der britische Künstler Jock). JOK nennt Hellboy-Schöpfer Mike Mignola als sein wichtigstes Vorbild, allerdings erinnern seine Layouts und sein Strich fast mehr an P. Craig Russell und Troy Nixey – beide in der Vergangenheit immerhin künstlerische Partner von Höllenjungen-Vater Mignola (und Neil Gaiman). JOK spielt trotz Publikationen zwischen China, Europa und den USA und z. B. aktueller Veröffentlichungen im rennomierten Comic-Magazin „Heavy Metal“ nicht in derselben Liga und leistet sich ein paar Inkonsistenzen, realisiert die Geschichte grafisch jedoch trotzdem solide und mit einigen wirklich hübschen Seiten wie z. B. gleich zu Beginn des Bandes.

Es hilft außerdem, dass die von Santullo eingefangene Story praktisch Cixin Liu in Reinform ist. Schließlich geht es um einen innovativen und faszinierenden, aber auch verhängnisvollen Erstkontakt mit einem Alien, in Folge dessen es auf beherzte, smarte Menschen, ihren wissenschaftlichen Erfindungsgeist sowie ihren Mut ankommt. Wer via „Meer der Träume“ seinen Liu-Erstkontakt hat, weiß danach definitiv, was ihn in Cixin Lius besten Geschichten voller Hard-SF und Sense of Wonder erwartet; und wer seine bei Heyne erschienenen Bücher kennt und schätzt, wird das Comic-Album allemal gerne lesen.

Abb.: © Ft Culture (Beijing) Co., Ltd/dt. Ausgabe Splitter Verlag

Cixin Liu, Rodolfo Santullo, JOK: Meer der Träume • Splitter, Bielefeld 2021 • 96 Seiten • Hardcover: 19,80 Euro

 

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