1. Juni 2020 1 Likes

Feind in der eigenen Heimat

Der Comic „They Called Us Enemy“ von George Takei und anderen

Lesezeit: 2 min.

In einer modernen Gesellschaft und Demokratie ist kein Platz für Rassismus, bei Trumps Amerika handelt es sich um das gelobte Land von Gleichheit und Gerechtigkeit, und wir lernen allgemein aus unseren Fehlern? Die aktuellen Vorkommnisse in den USA zeigen leider etwas völlig anderes. Nachrichten und Soziale Medien liefern hässliche Bilder, die einen betroffen, fassungslos und wütend machen. In diesen Zeiten hat ein Comic wie „They Called Us Eemy – Eine Kindheit im Internierungslager“ gleich noch mehr Relevanz, ist er mit seiner universellen Botschaft zu Rassismus, den Fehlern demokratischer Gemeinschaften, Vergangenheitsbewältigung, dem Einsatz für eine bessere Welt und nicht zuletzt unermüdlicher Hoffnung noch wichtiger als ohnehin schon.

„Star Trek“-Darsteller George Takei, der als Sulu auf dem Raumschiff Enterprise berühmt wurde, verarbeitet in „They Called Us Enemy“ einen traumatisierenden Abschnitt seiner Kindheit. Denn in Folge des Angriffs auf Pearl Harbour wurde der 1937 in Los Angeles geborene Takei mit seiner Familie zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in Internierungslagern an mehreren Standorten in den USA hinter Zäune, in Ställe und Baracken gesperrt – wie 120.000 andere Japano-Amerikaner, die aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Wurzeln pauschal als Saboteure, Spione, Verräter und ganz allgemein als Gegner verschrien und verurteilt wurden. Die alles verloren, angefangen bei ihrem Besitz und oftmals selbst ihrer Identität, wie der rund 200 Seiten starke Comic zeigt, den Takei mit den Co-Autoren Justin Eisinger und Steven Scott schrieb (während Takei seine Buchautobiografie „To The Stars“ 1994 ebenso alleine verfasste wie seine beiden Sachbücher über das Internet, entstand bereits sein Science-Fiction-Romandebüt „Mirror Friend, Mirror Foe“ von 1979 mit einem Co-Autor, und zwar dem späteren „Myth“-Autor Robert Asprin (im Shop)).

Takei ist nicht nur ein erfolgreicher Schauspieler, sondern auch eine Internet-Persönlichkeit mit riesiger Reichweite und ein großer, unermüdlicher Menschenrechtsaktivist. „They Called Us Enemy“ verdankt ihm als betroffenem, autobiografischen Erzähler eine ungekünstelte Direktheit, so verfälschend Erinnerungen manchmal auch sein mögen. Dabei beurteilt Takei die Episoden aus dem 1940ern mit seiner heutigen Weltsicht und Erfahrung. Allerdings versäumt er nicht, die Wirkung der Ereignisse um und im Lager auf ein kleines Kind zu schildern, das dem Geschehen in vielen Fällen mit Naivität und Unverständnis begegnete, während seine Eltern es vor manch einer brutalen Wahrheit schützen wollten, die sie selbst zerfraß. Zeichnerin Harmony Becker, die einige Zeit in Japan und Südkorea lebte, visualisiert die politischen Hintergründe und Takeis Erlebnisse, Eindrücke und Reflexionen in einem geradezu leichtherzigen Manga-Stil. Die Graustufenfarbgebung ist hell und licht – die Finsternis kommt durch die Geschichte, die Tatsachen, den geschilderten Rassismus. Der Kontrast funktioniert sehr gut und hilft bei der Lektüre und dem Thema.

Ein gelungener, persönlicher und eindringlicher Comic über düstere Zeiten – in diesen nicht weniger düsteren Tage umso mehr.

George Takei, Justin Eisinger, Steven Scott, Harmony Becker: They Called Us Enemy – Eine Kindheit im Internierungslager • Cross Cult, Ludwigsburg 2020 • 210 Seiten • Hardcover: 25 Euro

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