1. April 2019 1 Likes

Der Adler ist gelandet

„Apollo 11“: die Reise zum Mond als Graphic Novel

Lesezeit: 4 min.

Es ist eines der Ereignisse, das eine ganze Generationen geprägt hat: die Landung der ersten Menschen auf dem Mond. Seit Neil Armstrong und Buzz Aldrin ihre Spuren auf den Erdtrabanten hinterlassen haben, sind nun 50 Jahre vergangen. Das Jubiläumsjahr ist daher voller Retrospektiven, auch in der Welt der bunten Bildchen. Den Anfang des Mondreigens macht der Knesebeck-Verlag mit „Apollo 11. Die Geschichte der Mondlandung von Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins“.

Langer Titel? Die Autorenliste ist auch nicht gerade kürzer: der Text stammt von Matt Fitch und Chris Baker, die Zeichnungen von Mike Collins, das Lettering von Ian Sharman und die Farben von Kris Carter und Jason Cardy. Fitch und Baker zählen mit ihrem Verlag Dead Canary Comics zu den bekannten Gesichtern der britischen independent Comicszene. Ihr Herz für Indies schlägt auch bei ihrer großen Graphic Novel „Apollo 11“.

Dabei beginnt der Comic ganz klassisch mit dem Start der Saturn V-Rakete von Cape Canaveral am 16. Juli 1969. Das großangelegte Medienereignis lassen sich weder die Zuschauer, noch Neils Familie entgehen. Doch alle treibt die bange Frage um, ob nicht doch etwas schief gehen könnte. Welche Tragödie das Apollo-Programm bereits hinter sich hat, zeigen Fitch und Baker in der nächsten Szene. Von den zukünftigen Helden auf dem Weg zum Mond geht es zurück in die Vergangenheit. Am 27. Januar 1967 verbrennen Roger Bruce Chaffee, Ed White und Gus Grissom in der Raumkapsel von Apollo 1.

Somit legen Fitch und Baker den Ton für ihre Geschichte fest. Ihr „Apollo 11“ ist keine reine Heldensage, sondern eine Geschichte mit strahlenden und dunklen Seiten. Die Schatten der Vergangenheit sind ein starkes Motiv. Buzz kämpft innerlich mit seinem Übervater, der ihn als Kind geschlagen hat. Ginge es nach dem alten Herrn, würde der Astronaut in Vietnam kämpfen und keinen Mondspaziergang planen. Neil denkt hingegen an seine verstorbene Tochter Karen, die im Alter von zwei Jahren an den Folgen eines Hirntumors starb. Und Mike? Der kämpft im All mit seinen Dämonen und der Angst, einen Fehler zu machen. Selbst auf der Erde, im Oval Office, befürchtet Nixon, dass der Erfolg der Mission nicht ihm, sondern John F. Kennedy zugeschrieben würde. Da hilft auch seine Unterschrift auf einer Tafel nicht, die auf dem Landemodul „Eagle“ befestigt wurde.

An diesen Stellen mischt sich die historische Realität deutlich mit den Mythen und Legenden, die die Mondlandung bis heute begleiten. Fitch und Baker nutzen ihre Ausflüge in das Hypothetische, um die Männer, die Geschichte schrieben, als das darzustellen, was sie sind: Menschen auf einer abenteuerlichen Mission. Und daher leiden die Leser mit, wenn der junge Buzz einen Fehler macht oder Neil in einem Tagtraum gefangen ist.

Apropos Mythen, Legenden und Wahrheit. Einen Seitenhieb auf Kubricks „2001“ konnten sich die Macher nicht verkneifen. Fitch und Baker haben nicht nur viel Wert auf eine gründliche Recherche der Mondfahrt gelegt, sondern auch versucht, den damaligen Zeitgeist einzufangen und den historischen Kontext zu treffen. Daher gibt es auch einen Ausflug nach Vietnam, wo die GIs am Radio hängen und der Mondlandung beiwohnen und für einen Moment ihre Vorurteile gegenüber weißen und schwarzen Soldaten vergessen.

Auch optisch lassen Mike Collins („Uncanny X-Men“, „Star Trek“, „Babylon 5 – In Valen’s Name“), Kris Carter und Jason Cardy die späten 1960er wieder aufleben. Ihre Zeichnungen und Kolorierungen erinnern stark an die Hochzeit der Pop Art und ein bisschen an die Werke von Roy Lichtenstein. Böse Zungen würden jetzt behaupten, sie hätten einfach zu viel mit dem Halbtonraster in Photoshop gespielt. Dieser optische Effekt ist für heutige (Comic-)Verhältnisse sicherlich ungewöhnlich und fordert beim Lesen eine gewisse Portion Anstrengung. Die Geschichte selbst punktet dadurch mit einem unvergleichlichen Retro-Charme.

Matt Fitchs und Chris Bakers Nacherzählung von „Apollo 11“ ist eine gelungene Mischung aus Fakten, Mythen und Legenden. Während die Autoren den Ängsten ihrer Helden großen Platz einräumen, werden die Astronauten zu einfachen Menschen mit alltäglichen Problemen. Inhaltlich und optisch überzeugt die Graphic Novel durch die Einbettung des Ereignisses in seinen historischen Kontext. Geschichtsfans dürfen sich zudem über einen Anhang mit technischen Zeichnungen und ein Personenregister freuen. Alles in allem ist „Apollo 11“ ein gelungener Auftakt für das Jubiläumsjahr. Wir sind gespannt, was da noch auf uns wartet.

Abb. Mike Collins/Knesebeck Verlag

Matt Fitch, Chris Baker, Ian Sharman, Mike Collins, Kris Carter, Jason Cardy : Apollo 11. Die Geschichte der Mondlandung von Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins Aus dem Englischen von Ebi Naumann Knesebeck Verlag, München 2019 168 Seiten 24,00 €

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