17. September 2020 2 Likes

Katharina Greve: „Die letzten 23 Tage der Plüm“

Kosmisch-komischer, minimalistischer Comic-Weltuntergang

Lesezeit: 3 min.

Auf dem Planteten Plümos leben nur noch die drei Plüm Pla, Schte und Rüm – und auch das womöglich nicht mehr allzu lange. Denn ein pinkfarbener Punkt nähert sich ihrer kargen Heimatwelt, die früher wesentlich mehr der ungeschlechtlichen, bakterienartigen Kopffüßler beheimatete. 23 Tage, so rechnet Pla von den verbliebenen Plüm aus, bleiben ihnen noch, bis der beständig größer werdende Punkt ihre Welt trifft. Da will alles Weitere, was in der restlichen Zeit erledigt und getrieben werden kann, gut überlegt sein. Allerdings sind zwei der drei letzten Plüm ziemliche Chaoten, um nicht zu sagen: Flachzangen. Keine guten Voraussetzungen, um der Endzeit ins Auge zu blicken und Dinge zu tun, die noch kein Plüm getan hat. Wieso Kunst schaffen, aufräumen oder auf die unbewohnte Seite von Plümos wandern, wenn man genauso gut ein paar leckere Lübosen-Würmer verschmausen oder sich einen hochprozentigen Summerling hinter die Binde kippen kann? Der intelligentere Pla hat es wahrlich nicht leicht mit Schte und Rüm, von denen kaum Motivation und Inspiration für die letzten Tage ausgeht. Obwohl selbst ihre Logik gelegentlich unumstößlich ist. Das riesige Umleitung-Schild, das die beiden Dösköppe aufstellen, wird sie aber vermutlich nicht retten …

Erst im vergangenen Jahr erheiterte die 1972 im Hamburg geborene, heute in Berlin lebende Cartoonistin, Comic-Künstlerin, Autorin und Ex-Architektin Katharina Greve Science-Fiction-Fans bereits mit ihrem kosmisch schwermütigen und witzigen Comic-Sammelband „Die dicke Prinzessin Petronia“. Der im diesjährigen Avant-Programm platzierte Nachfolger „Die letzten 23 Tage der Plüm“ basiert auf einer Fortsetzungsgeschichte, die ursprünglich 2016 in kürzerer Form die Berlinausgabe der „taz“ aufwertete. Die Buchausgabe wurde von 17 auf 23 angesetzte Tage erweitert und neu koloriert. Dabei hat das Geschehen auf Plümos im Angesicht des drohenden Untergangs einen ähnlich flachen, aber sehr gut funktionierenden Humor wie Petronias Abenteuer und Betrachtungen – wer selbige mochte, wird auch mit den Plüm seine Freude haben, deren Schicksal am Schluss übrigens die Leser und Redakteure der „taz“ entschieden. Zeichnerisch herrscht auf Plümos kurz vor dem Ende – von der ersten Seite an – bereits die gnadenlose, großflächige, maximal minimalistische Reduktion. Es ist höchst faszinierend und erstaunlich, mit wie wenig Elementen und Details Greve, deren Arbeiten außerdem noch im „Tagesspiegel“, im „Stern“ oder in „Titanic“ veröffentlicht werden, einem als Leser Plümos und die letzten drei Plüm verkaufen kann. Zusätzliches Worldbuilding und Erhellendes bis Erheiterndes zur Historie von Plümos wird in kleinen Textblöcken zwischen den Comic-Episoden serviert.

2020 hat nicht viel Spaß gemacht, fühlte und fühlt sich viel zu oft und viel zu sehr nach Weltuntergang an – und noch sind wir ja nicht durch. Gut, dass wenigstens Katharina Greves außerirdische Endzeit auf dem Planeten Plümos trotz galaktischem Comic-Minimalismus viel Laune macht und zum lächeln animiert. Unterm Strich sind „Die dicke Prinzessin Petronia“ und „Das Hochhaus“ dennoch die etwas stärkeren Greve-Werke, falls jemand noch gar nichts von ihr gelesen haben sollte. Was es vor dem Ende unbedingt zu korrigieren gälte …

Abb.: © Katharina Greve

Katharina Greve: Die letzten 23 Tage der PlümAvant-Verlag, Berlin 2020 • 104 Seiten • Hardcover: 20,00 Euro

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