18. April 2024

„Civil War“ – Blick in die Zukunft?

Alex Garlands enttäuschender, viel zu zahme Dystopie über den Zustand Amerikas

Lesezeit: 3 min.

Ein neuer Bürgerkrieg in den USA erschien noch vor wenigen Jahren als vollkommen abwegige Vorstellung. Doch mit der zunehmenden Polarisierung der Öffentlichkeit, die durch das politische System mit nur zwei großen Parteien noch verstärkt wird, wuchsen die Gräben. Spätestens der versuchte Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 ließ dann viele glauben, dass nicht mehr viel fehlt, um die USA ins komplette Chaos zu stürzen.

Angesichts des immer noch präsenten ehemaligen und demnächst vielleicht erneuten Präsidenten Trump, scheint nicht mehr viel zu helfen – außer Galgenhumor. Eine Art dystopische Satire scheint da genau das richtige Mittel, um etwas über den aktuellen Zustand der USA zu erzählen, das dachte sich wohl auch der britische Regisseur Alex Garland. Der war vor Jahren mit seinem Drehbuch zum Zombie-Film „28 Days Later“ vom Schriftsteller zum Drehbuchautor geworden und hat sich inzwischen mit im Ansatz immer klug wirkenden, sich in der Ausführung dann oft im allzu Unbestimmten verlierenden Filmen wie „Ex-Machina“, „Men“ oder auch der Serie „Devs“ einen gewissen Ruf erarbeitet.

Dass Garland schon im Vorfeld der Veröffentlichung von „Civil War“ immer wieder betont hat, dass es sich hierbei nicht um einen politischen Film handelt, ließ stutzig werden: Ein Film, der davon erzählt wie die USA im Bürgerkrieg zwischen einem Präsidenten, der wie eine Mischung aus Steve Bannon und Donald Trump wirkt und sich im Weißen Haus verschanzt, während die sogenannten Western Forces – die sinnigerweise aus dem aktuell sehr liberalen Kalifornien und dem sehr konservativen Texas bestehen – den Sturm auf die Hauptstadt planen, während das Land in Selbstjustiz und Chaos versinkt, soll nicht politisch sein?

Warum Garland und sein Verleih auf diesem Widerspruch bestehen ist klar: Man will niemanden vor den Kopf stoßen, schließlich sind Menschen von beiden Seiten des politischen Spektrums potentielle Kinokartenkäufer. Die Folge dieser ausweichenden Haltung ist jedoch, dass sich „Civil War“ mit politischen Position so sehr zurückhält, das vollkommen unklar bleibt, was der Auslöser für den Bürgerkrieg war oder woran die jeweiligen Seiten glauben. Möglicherweise ist dies genau der Punkt, den Garland machen will, den er allerdings immer wieder mehr als unsubtil macht.

Seine Hauptfiguren sind dann auch nur scheinbar unbeteiligte, distanzierte Journalisten – unter anderem gespielt von Kirsten Dunst und Wagner Moura – die sich für ein Interview mit dem Präsidenten auf den Weg in die Hauptstadt Washington DC gemacht haben. Auf dem Weg geraten sie in zunehmend dramatische Situationen, in einen Schusswechsel etwa. Auf welcher Seite steht ihr? Fragen sie einen Scharfschützen, der nur antwortet: Da drüben hat sich jemand verschanzt, der mich töten will. Deswegen versuche ich ihn zu töten.

Substanzielle Analyse der Ursachen der Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft sieht anders aus. Viel zu viel in „Civil War“ bleibt im Ansatz stecken, ein paar Dialogfetzen deuten Ursachen an, von einem Antifa-Massaker ist etwa die Rede, das ein Zwischenziel der Reise Charlottesville ist, mag man als Verweis auf den inzwischen berühmt-berüchtigten Satz Trumps verstehen, der über den Angriff eines Rechten auf Linke Demonstranten in eben jenem Charlottesville einst sagte: Auf beiden Seiten gäbe es gute Menschen.

Doch solche Bezüge zur Realität bleiben viel zu rar, um „Civil War“ zu einer überzeugenden Allegorie zu machen. Ja, Bilder von einem Washington DC im Belagerungszustand beeindrucken, eine Mauer ist ums Weiße Haus gezogen, Truppen fahren durch die Hauptstadt, doch an die überdreht-absurde Qualität eines „White House Down“ kommt das nicht ran. Und auch nicht an die satirische Komponente der „The Purge“-Reihe, die im Laufe von fünf Teilen ein nicht immer, aber oft sehr komplexes Bild vom Verfall der Moral in Amerika, der Lust an Gewalt, den Ursachen der politischen Spannungen ablieferte als es Alex Garland hier gelingt.

Civil War • USA/GB 2024 • Regie & Buch: Alex Garland • Darsteller: Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny, Stephen McKinley Henderson • ab 18. April im Kino

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