Was ist Bewusstsein?
In seinem bemerkenswerten Regiedebüt „Ex Machina“ stellt Alex Garland bekannte Fragen auf originelle Weise
Man muss kein großer Kenner der Materie sein, um beim Betrachten von Alex Garlands „Ex Machina“ Bezüge zu zahlreichen anderen Filmen, Büchern und philosophischen Werken zu erkennen. Die Fragen, um die es in diesem erstaunlich ausgereiften Regiedebüt geht, haben schon zahlreiche Filmemacher, Autoren und Philosophen beschäftigt, angefangen von Platon, über H.G. Wells bis hin zu den Erfindern der Atombombe. Man mag an „Blade Runner“ denken, „2001“ oder „The Matrix“, an Asimov oder Baudrillard. Ganz bewusst spielt Garland mit mehr oder weniger deutlichen Bezügen zu diesen Filmen, Büchern und Denkern, denn ihm ist natürlich bewusst, dass er mit „Ex Machina“ kein Neuland betritt.
Er erzählt vom Versuch eine Künstliche Intelligenz namens Ava (Alicia Vikander) zu entwickeln, einen Roboter, dessen Gesicht das einer jungen, unschuldig wirkenden Frau trägt, deren Hände und Oberkörper menschlich aussehen, deren Gliedmaße aber durchsichtig sind und den Blick auf Glasfaserkabel freilegen. Gebaut hat dieses Wesen der ebenso geniale wie unsympathische Milliardär Nathan (Oscar Issac), der in einem einsam gelegenen High Tech-Haus fernab der Zivilisation lebt und vor sich hin werkelt. Sein Geld hat er mit der Suchmaschine Bluebook gemacht, eine Art Google, nur noch besser – oder schlimmer, je nach Sichtweise. Die Informationen, die er dank der zahllosen Suchanfragen seiner Nutzer gesammelt hat, dienten ihm als Basis für den Geist, das Bewusstsein Avas. Doch wie selbstständig agiert dieses Wesen? Um das herauszufinden holt er sich den jungen Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson) ins Haus, der als unabhängiger Beobachter testen soll, ob Ava wirklich Künstliche Intelligenz besitzt.
Ein Kammerspiel also, das geistige Duell dreier Wesen, die sich gegenseitig beobachten, beeinflussen, verführen und benutzen. Langsam entwickelt Caleb so etwas wie Gefühle für Ava, zeigt Mitgefühl für das Wesen, dass nur eine in einer langen Reihe von Experimenten ist, deren Vorgänger mehr oder weniger gelungen im Schrank stehen und die bald selbst neu formatiert werden sollen. Ava wiederum versucht Caleb und Nathan gegeneinander auszuspielen und über allem steht die Frage, ob der Mensch all das, was er theoretisch tun könnte, auch in die Praxis umsetzen sollte. Denn wie die Erfindung der Atombombe – auf die hier manches Mal angespielt wird – gezeigt hat: Ist der Geist erst einmal aus der Lampe gelassen, ist er kaum wieder einzufangen.
Wie soll man also mit einem Wesen umgehen, das äußerlich ein Roboter ist, im Inneren aber doch zunehmend Emotionen entwickelt und ganz eindeutig so etwas wie eine Seele besitzt? Antworten auf diese und andere Fragen entzieht sich Garland, der seine manchmal etwas konstruierte Versuchsanordnung vor allem dazu benutzt, um Fragen zu stellen. Mit welcher Souveränität er dies auf narrativer, aber nicht zuletzt auch auf visueller Ebene tut ist bemerkenswert. Als Autor hat er bislang die Drehbücher zu Danny Boyles „28 Days Later“ und „Sunshine“ und zu Mark Romaneks „Never Let Me Go“ geschrieben, wobei besonders letzterer in mancher Hinsicht Inspirationsquelle für „Ex Machina“ gewesen zu sein scheint. Dort waren es Klone, die als Organlager gezüchtet wurden, deren Schicksal Anlass zur Reflektion über das Wesen von Menschen und künstlichen Wesen diente. Hier ist es Ava, die erste (Roboter-)Frau, deren Selbstfindung in ganz ähnlich kühlen, kontrollierten Bildern geschildert wird. Angesichts dieses bemerkenswert Regiedebüts, das sich nicht scheut, große Fragen in den Raum zu stellen, darf man gespannt sein, was Alex Garland zukünftig abliefert.
„Ex Machina“ startet am 23. April 2015 im Kino. Bilder: © Universal Pictures
Ex Machina • UK 2014 • Regie: Alex Garland • Darsteller: Oscar Isaac, Domhnall Gleeson, Alicia Vikander
Kommentare