Das Wabern im Walde

Lose basiert Ari Folmans The Congress auf Stanislaw Lems Science-Fiction Klassiker „Der futurologische Kongress“, wobei die Betonung auf lose liegt. Denn die eigentliche Handlung dreht sich um die alternde Schauspielerin Robin Wright (gespielt von, aber nicht identisch mit Robin Wright), die mit ihrem Agenten einen Deal abschließt: Wright wird komplett gescannt, Gestik, Mimik, jede Gefühlsäußerung und Bewegung wird zur Kunstfigur Robin Wright verarbeitet, die künftig ganz nach dem Ermessen eines Produzenten, der Miramax-Mogul Harvey Weinstein nachgeahmt ist, verwendet werden kann. 20 Jahre später ist sie auf dem Weg zum titelgebenden Kongress, um der nächsten Stufe der Entfremdung zuzustimmen: Ihr Abbild soll zukünftig Zuschauern direkt in den Kopf eingespeist werden, als ultimativ immersives Kinoerlebnis. Doch der Kongress wird von einer Rebellengruppe gestürmt, die für Gedankenfreiheit eintreten. Zusätzlich verkompliziert wird Wrights Lage durch ihren Sohn, der durch eine seltene Krankheit erblindet ist.

Viele interessante Aspekte reißt The Congress an, von der Oberflächlichkeit zeitgenössischer Medien, über die Entindividualisierung durch Soziale Netzwerke, bis hin zum Jugendwahn Hollywoods. Doch eine interessante Position nimmt Ari Folman zu keinem der Themen ein, sondern verlässt sich allein auf seine Bilder. Gut 50 Minuten lang ist das ein ganz normaler, wenngleich sehr konventionell gefilmter Realfilm. Dann, als Wright zum Kongress kommt, setzt Folman plötzlich jene Animationstechnik ein, die ihn mit Waltz with Bashir weltberühmt gemacht hat. Doch so originell jener Film war, so unoriginell sind die psychedelischen Bilder, die Folman hier einfallen: Wabernde Farben und Formen, viele Blumen, viel Sex. Kein Klischee eines durch Psychopharmaka induzierten Rausches wird ausgelassen, alle spätestens seit Yellow Submarine typischen animierten Rauschbilder abgehakt. So interessant The Congress im Ansatz auch ist, so enttäuschend ist das Endergebnis.

The Congress • Israel, Deutschland, Polen, Frankreich 2013 • Regie: Ari Folman • Darsteller: Robin Wright, Harvey Keitel