5. April 2017

Die Zukunft wird neuronal

Andrew Goths „MindGamers“ ist wirre Science-Fiction mit spannenden Ideen

Lesezeit: 3 min.

„I know Kung Fu!“ rief Neo in der Matrix begeistert, als er via Upload die Fähigkeit erlernt hatte, atemberaubend zu kämpfen. Ja, das sah toll aus, aber irgendwie fragte man sich doch, ob es da nicht nützlichere Dinge gegeben hätte, die man sich angesichts unbegrenzter Möglichkeiten in sein Gehirn laden könnte. Wie die Wachowskis stehen alle Regisseure von Filmen, die sich mit abstrakten, oft philosophischen Themen beschäftigen vor der Frage, wie man diese visualisieren soll. So auch Andrew Goth bei „MindGamers“, dem man mit einem Vergleich zur „Matrix“ zwar keinen Gefallen tut, der aber auf der Hand liegt. Denn auch bei dieser vergleichsweise kleinen Produktion, die in Bukarest und Wien entstand und bei der tatsächlich der Red Bull-Konzern für die Finanzierung sorgte, geht es um faszinierende Fragen, die wie Science-Fiction wirken, aber ihre Basis tatsächlich in aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen und theoretischen Überlegungen haben.

Ausgangsidee des Films ist ein Experiment, bei dem zwei Ratten via neuronalem Netz verbunden waren und so die eine Ratte die Fähigkeiten der Anderen übernehmen, quasi herunterladen konnte. Da liegt die Idee natürlich nah, auf diese Weise auch den Menschen zu tunen, eine Schwarmintelligenz im wirklichen Wortsinn zu entwickeln. Im Film forschen an diesem Projekt eine Gruppe hochintelligenter junger Wissenschaftler, die in ihrer Exzentrik wie eine moderne Version der Medizinstudenten wirken, die einst in „Flatliners“ die Grenze zum Tod überwinden wollten. Angestachelt werden sie hier von einer sinistren Figur namens Kreutz (Sam Neill), der in einem Prolog als Priester vorgestellt wurde, der dem Verlust des Glaubens mittels wissenschaftlicher Erkenntnisse entgegenwirken will. Dieser Ansatz lässt an die aktuellen theoretischen Überlegungen denken, die bei der Suche nach der Weltformel im Raum schweben, die – so sie denn gefunden wird – wohl niemals zu beweisen sein wird, was bedeutet, dass man an sie glauben muss, so wie man auch an Gott glaubt oder eben nicht.

Man merkt schon: Ein großes Fass macht Andrew Goth hier auf, streift eine Vielzahl von Themen, von den potentiellen Möglichkeiten der Quantenmechanik, dem Versuch, Gelähmten zu ermöglichen, ihre Gliedmaßen per neuronalen Verknüpfen allein durch ihren Geist zu bewegen, den ethischen Fragen, die aus all dem resultieren und nicht zuletzt Parkour. Richtig gelesen: Eine der ersten Dinge, die den jungen Forschern mit ihren getunten Gehirnen einfällt, ist es, Parkour zu laufen. Die prominente Einbindung dieses auch nicht mehr so trendigen Trendsports ist fraglos der Präsenz von Red Bull geschuldet, mutet allerdings ähnlich merkwürdig an wie die Tatsache, dass die Zuspitzung der Geschichte dazu führt, dass die Protagonisten trotz aller intellektuellen Fähigkeit am Ende Konflikte dann doch dadurch lösen, sich gepflegt zu prügeln und mit Knüppeln die Schädel einzuschlagen.

Ja, das ist oft reichlich krude, dazu ziemlich wirr inszeniert und am Ende weniger spannend, als die Ideen, die dem Film zu Grunde liegen. Was Schade ist, denn die Möglichkeiten von Quantenmechanik und Neurotechnik werden in den nächsten Jahrzehnten fraglos noch kaum zu erahnende Veränderungen verursachen. Am Ende von „MindGamers“ bleibt man dann mit der Hoffnung zurück, dass in der Zukunft, wenn diese neuronalen Netzwerke Realität sein sollten, junge Wissenschaftler ihre per Quantenmechanik getunten Gehirne zu etwas aufregenderem zu nutzen wissen, als ihre Fähigkeiten in Synchrontanz und Parkourlaufen zu perfektionieren.

„MindGamers“ startet am 6. April im Kino.

MindGamers • Österreich 2015 • Regie: Andrew Goth • Darsteller: Sam Neill, Dominique Tipper, Tom Payne, Oliver Stark, Melia Kreiling

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