14. März 2025 2 Likes

„The Electric State“: 320-Millionen-Dollar-Blechschaden

Buchverfilmung, die das Buch abgrundtief verachtet

Lesezeit: 2 min.

Amüsant ist es irgendwie ja schon: Simon Stålenhags illustrierter Roman „Electric State“ von 2019 erzählt von einer aus der Fugen geratenen Welt, in der Menschen elektronisch erzeugte Realität der wahren Welt vorziehen. Einer Welt, in der Menschen unter der Sucht nach „Neurocastern“ leiden, Virtual-Reality-Helme, die derart eindringliche Simulationen liefern, dass die Süchtigen alles andere ignorieren, bis sie schließlich sterben.

Im Prinzip wird der feuchte Traum aller Streamingkonzerne aufgefächert, nur dass Stålenhag eine solche Entwicklung natürlich kritisch sieht. Da lässt natürlich schmunzeln, dass die Verfilmung ausgerechnet von Netflix (Netflix-Boss Reed Hastings 2017: „Schlaf ist unser größte Feind!“) unters Volk gebracht wird. Mit Anthony und Joe Russo wurden allerdings Regisseure ans Ruder gelassen, von deren Arbeiten nur in einem bestimmten Rahmen eine Suchtgefahr auszugehen scheint.

„Avengers: Infinity War“ (2018) und „Avengers: Endgame“ (2019), zwei ihrer vier Arbeiten für die Marvel-Maschinerie, gehören zu den fünf erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. Der Hype war derart groß, dass erst in der Zeit danach, in Abwesenheit von Iron Man, Thor, Black Widow, Hulk & Co. auffiel, dass das eigentlich absolut keine guten Regisseure sind. Und so konnten die Brüder mit den Streaming-Titeln „Cherry – Das Ende aller Unschuld“ (2021) und „The Gray Man“ (2022) die Erwartungen nicht erfüllen. Die Zugriffszahlen waren gut, aber eben nicht berauschend. Die 300 Millionen Dollar teuere Amazon-Prime-Serie „Citadel“ brachte zuletzt nicht mal mehr akzeptable Zugriffszahlen.

Nun also die Verfilmung von „Electric State“ mit einem Budget von 320 Millionen Dollar, wobei „Verfilmung“ hier ein Euphemismus ist, denn das Duo lässt von Stålenhags bildgewaltiger, düster-melancholischer Dystopie praktisch nichts mehr übrig – der Plot erinnert in Grundzügen noch ein wenig an die Vorlage, ansonsten aber trennen Buch und Pseudo-Adaption ganze Galaxien: Die Filmversion ist laut, albern, überladen, diffus, hohl und irre langweilig.

Nichts, aber wirklich gar nichts, ist hier nur irgendwie originell: Es handelt sich um ein durch und durch synthetisches Produkt – man kennt wirklich alles von irgendwo anders her, vor allem von Marvel (die Drehbuchautoren waren auch für die Marvelfilme der Russos verantwortlich). Bemerkenswert ist höchstens, dass es das Regie-Duo nach wie vor schafft seine Filme trotz Irrsinnsbudgets bemerkenswert billig aussehen zu lassen. So gut die Effekte sind: Es gibt kein einziges irgendwie hervorstechendes Bild, alles wirkt flach und uninspiriert.

„The Electric State“ ist totaler Müll, nach dessen Durchleiden man sich persönlich beleidigt fühlt, Dreck, der Karrieren beenden sollte, aber die Russos streichen als nächstes 80 Millionen Dollar Gage für zwei neue „Avengers“-Filme ein.

Man kann diese Welt manchmal einfach nur hassen.

The Electric State • Brasilien/Indien/USA 2025 • Regie: Anthony Russo, John Russo • Darsteller: Chris Pratt, Millie Bobby Brown, Woody Harrelson, Ke Huy Quan, Woody Norman • Netflix

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