6. April 2019 1 Likes

Feuchter Jungstraum

„Shazam!“ – So machte Superheldengedöns (wieder etwas mehr) Spaß!

Lesezeit: 4 min.

Jaja, schon klar, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen, das Dissen von Kollegen ist nicht gerade die feine englische Art, aber hey, wenn man sich in letzter Zeit durchliest, was so alles fabriziert wird, rollen sich einem eben nun mal schon die Fußnägel steil Richtung Mars und das kann man ruhig mal anschneiden.

Im Zuge von „Shazam!“ wurde unter anderem der Vorwurf laut, dass der „Comic-Film immer kindischer und alberner“ wird und die Studios seit Neuestem versuchen auch ganz junge Zuschauer anzusprechen! Na so was aber auch! Erst Hirntreibstoff der geistigen Hochelite und jetzt plötzlich triviale Unterhaltung für zweibeinige Pickelfarmen? Frechheit!

Okay, ernsthaft: Hier liegt ein fundamentales Missverständnis vor, das offenbar daraus resultiert, dass das Thema „Comic“ erst mit den Batman-Adaptionen des britischen Blockbuster-Auteurs Christopher Nolan in den Dunstkreis pfeifenuckelnder Elfenbeinturmbewohner geraten ist. Deswegen an dieser Stelle ein Fakt, der vermutlich den ein oder anderen an den Rand einer mittelschweren Herzinsuffizienz bringt: Comics, vor allem die Superheldencomics, um die es hier geht, standen im Verkaufsregal nie zwischen Samuel Beckett und John Milton, sondern waren von Anfang an als Lesestoff für ein junges Publikum gedacht! Ja, wirklich! Kaum zu glauben, aber ist echt so! Und der Ansatz Christoper Nolans, aus den bereits in der Vorlage vorhandenen Einflüssen des Film noir verhältnismäßig realistische, düstere Actionthriller zu extrahieren, hat sicherlich seine Berechtigung und war – in Teilen – durchaus wirkungsvoll, aber die drauffolgende Welle an bleischweren Comic-Verwurstungen tonal oft komplett unterschiedlicher Vorlagen schoss größtenteils meilenweit am Ziel vorbei, denn egal ob es sich um X-, Super- oder andere Männer mit außergewöhnlichen Fähigkeiten handelt: Bei allem Weltschmerz und sonstiger vermeintlich tief schürfender Wehwehchen kommt man um eine Tatsache nun mal eben nicht rum: Im Kern hauen sich da Erwachsene in albernen Klamotten auf die Mütze!


Man muss schon Prioritäten setzen als Heldennovize …


… der obligatorische Superschurke kann warten. „Shazam!“

Und diese Disparität zwischen Anspruch und tatsächlichen Inhalt macht die meisten der vermeintlichen „erwachsenen“ Comicverfilmungen erst recht kindisch und albern. Superhelden sind letztendlich Allmachtsfantasien von kleinen Jungs, die gerne mal so richtig rumtoben möchten und genau das hat „Shazam!“ erkannt und allein schon deshalb kann man dem Film von David S. Sandberg („Lights Out“) kaum ernsthaft böse sein, selbst wenn im Grunde nichts weiter erzählt wird als Origin-Story Nummer 54643634, deswegen nur wenige Worte zum Inhalt: Der 14jährige, elternlose Billy Batson kriegt von Zauberer Shazam dessen Kräfte übertragen und bekommt fortan beim Aussprechen des Wortes „Shazam“ den erwachsenen, muskelbepackten Körper eines mit allerlei Kräften ausgestatteten Superhelden. Wo ein Superheld ist, ist aber natürlich immer auch ein Superbösewicht nicht weit und der hört in diesem Fall auf dem Namen Thaddeus Sivana und will Billy seine Kräfte abluchsen. Aufgefüllt wird das Plotkonstrukt noch mit kleineren Handlungssträngen wie Billys Suche nach seiner Mutter oder seiner Freundschaft zum querschnittsgelähmten Freddy.

Man sieht, nicht vieles Neues an der Front, weshalb „Shazam!“ aber trotzdem die Herzen aller Jungen und Junggebliebenen zumindest den größeren Teil seiner Laufzeit im Sturm erobern dürfte, ist die kleine, aber deutlich spürbare Akzentverschiebung: Es geht hier eben nicht um eine grummelige Spaßbremse, die die Welt retten muss und auch nicht um einen Teenager, der plötzlich Superkräfte bekommt, es geht um einen kleinen, alles andere als gefestigten Jungen der plötzlich mit dem Körper eines erwachsenen Superhelden ausgestattet wird. Folgerichtig ist das blitzschnelle Aufladen von Handy-Akkus, das Kaufen von Bier und das Besuchen von Strip-Clubs erstmal naheliegender als die neu erworbenen Fähigkeiten für das Allgemeinwohl einzusetzen. Das gibt dem Film eine angenehme Bodenhaftung, die dafür sorgt, dass einem das Geschehen selbst im leider nur wenig prickelnden Schlussdrittel nicht komplett entgleitet, denn schlussendlich tritt dann leider doch wieder Superhelden-Routine ein und Sandbergs ansonsten wirklich einnehmender Film zieht der Konkurrenz gleich und flüchtet sich in viel zu lang ausgespielten CGI-Krawall – wild durch die Gegend flatternde Computerfiguren hat man in den letzten Jahren nun wirklich allzu oft gesehen. Erschwerend kommt noch dazu, dass Bösewicht Sivana letztendlich nur aus Mark Strongs patentiertem Mark-Strong-Charisma besteht, das Drehbuch lässt die Figur weitgehend in Stich; sprich: letztendlich wirklich völlig Wurscht um was es final geht, man bleibt nur wegen der knuffigen Hauptfigur (okay, und den zu diesem Zeitpunkt dazu stoßenden ebenso liebenswerten Sidekicks) bis zum Abspann sitzen.

Trotzdem: Allein schon dafür, dass „Shazam!“ eine der wenigen Superhelden-Verfilmungen ist, die ihrer Vorlage auf Augenhöhe begegnet, gibt’s ein Fleiß-Bienchen ins Hausaufgabenheft! Der Rest der Klasse kann sich gerne ein Beispiel nehmen!

„Shazam!“ läuft seit dem 04.04.2019 im Kino.

Shazam! (USA 2019) • Regie: David F. Sandberg • Darsteller: Zachary Levy, Michelle Borth, Djimon Hounsou, Mark Strong, Jack Dylan Grazer, Asher Angel, Marta Milans, Meagan Good

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.