22. September 2016 2 Likes

Hallo E.T.

Die dänische Dokumentation „The Visit“ imaginiert den ersten Kontakt mit Außerirdischen

Lesezeit: 3 min.

„Wenn sie uns nicht direkt angreifen, dann sind ihre Absichten wohl friedlich“, meint ein britischer General. Hat er Recht, dann können wir beruhigt dem ersten Kontakt mit Außerirdischen entgegensehen, der möglicherweise irgendwann einmal Realität werden wird. Dieses Planspiel, das im Lauf der Filmgeschichte schon viele Regisseure zu unterschiedlichen Antworten animiert hat (die oft die Ideologie ihrer Entstehungszeit spiegelten) treibt auch etwas ernsthaftere Institutionen als Hollywood um. Die Vereinten Nationen betreiben zum Beispiel tatsächlich ein Büro für Weltraumfragen, in dem nicht nur diskutiert wird, wer den Mond – oder gar den Mars – besiedeln dürfte, sondern auch überlegt wird, wie mit außerirdischem Besuch umgegangen werden sollte. Es ist einer der schönsten Aspekte von Michael Madsens Film „The Visit“, mit welcher Ernsthaftigkeit hier Wissenschaftler und Philosophen Fragen diskutieren, die für viele Menschen ins Reich der Fantasie gehören. Einen Dokumentarfilm über ein Ereignis, das noch nicht statt gefunden hat, nennt der dänische Regisseur und Konzeptkünstler sein Werk dann auch, das einen Besuch von Außerirdischen in all seinen Phasen analysiert.

Würde irgendwo, über einer Wüste, einem Ozean oder gar einer Stadt ein UFO auftauchen, ginge es aus Sicht von Vickie Sheriff, der ehemaligen Regierungssprecherin Großbritanniens, zunächst darum, Panik zu vermeiden. Wenn die Aliens uns nicht sofort à la „Independence Day“ angreifen, stellt sich die nächste Frage: Wie kommunizieren wir mit ihnen? Mit Orgelklängen wie in „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“? Oder können Wesen, die in der Lage sind durchs Universum oder sogar darüber hinaus zu reisen, vielleicht auch Englisch oder Chinesisch oder haben sogar die Informationen abgefangen, die via Voyager 2 in die Tiefen des Universums geschickt wurden?

Fraglos würde bald die menschliche Neugier zu Fragen führen, wie sie der für die französische Raumfahrtagentur arbeitende Theologe Jacques Arnould formuliert: „Kannst Du zwischen Gut und Böse unterscheiden?“, fragt er direkt in die Kamera, das Konzept des Regisseurs mitspielend, dass sein Film den Blickwinkel der Aliens einnimmt. Eine einseitige, imaginierte Unterhaltung sind diese „Zwiegespräche“ mit diversen Wissenschaftlern und Forschern, in denen vielfältige Fragen aufgeworfen werden.

Nicht zuletzt mögliche schmerzhafte Selbsterkenntnisse: Denn wie würden wir Menschen mit der Frage der Außerirdischen umgehen, wie wir denn selbst sind, ob wir eine friedliche Spezies sind, ob wir Lügen und Betrügen und uns schon so manches Mal an den Rand der Vernichtung gebracht haben? Vor allem um diese Fragen dreht sich Madsens Film zunehmend, um die Erkenntnis, dass der Besuch einer außerirdischen Intelligenz uns Menschen den Spiegel vorhalten würde – mit einem nicht nur rosigen Bild. In der „Star Trek“-Saga war der erste Kontakt mit Außerirdischen der Katalysator zur Einigung der Menschheit, der Anlass zur Überwindung kleingeistiger Konflikte, zur Erkenntnis, dass es mehr gibt als uns Menschen. Michael Madsen ist am Ende seines spannenden Gedankenspiels deutlich skeptischer. Wer Recht hat werden wir vielleicht irgendwann erfahren. Außer die Außerirdischen leben schon insgeheim unter uns, in der lustigen Version der „Men in Black“ oder der zynischen von „They Live“, wer weiß?

„The Visit“ startet am 22. September im Kino. Abb © Pickup

The Visit • Dänemark 2016 • Regie: Michael Madsen

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