8. Mai 2018 2 Likes

Regentropfen, die mich ins Jenseits klopfen!

„The Rain“: Altbekanntes, schmackhaft zubereitet!

Lesezeit: 3 min.

Dystopien sind der heiße Shit: Spätestens seit dem Erfolg von „The Walking Dead“ rennen permanent irgendwelche Figuren durch irgendwelche postapokalyptischen Tableaus, werden von einer von Außen kommenden Gefahr dezimiert und kämpfen noch viel öfter gegeneinander, denn der Mensch ist, wie allseits bekannt, sich selbst letztendlich immer der größte Feind.

Seit einiger Zeit müssen vor allem Jugendliche schnell erwachsen werden, um sich in einer lebensfeindlichen Umgebung zu behaupten („Tribute von Panem“, „Maze Runner“, „Die Bestimmung – Divergent“ etc.) und somit ahnt man angesichts der Prämisse von „The Rain“ schon, was da auf einen zukommt. Das Geschwisterpaar Simone und Rasmus wird unvermittelt aus dem gewöhnlichen Alltag herausgeschleudert: Dänemark ist einem Virus zum Opfer gefallen, der sich über Regen verbreitet. Der Vater der beiden schnappt sich seine Familie und sucht Zuflucht in einem unterirdischen Bunker, doch er verlässt seine Herzallerliebsten wieder, denn er will nach einem Heilmittel forschen. Da dank einer Unbedachtheit von Simone die Mama stirbt, sind die beiden die kommenden sechs Jahr auf sich gestellt. Allerdings gehen auch die größten Vorräte irgendwann mal zu Neige, weswegen man den Zufluchtsort verlässt und auf eine Gruppe Jugendlicher trifft, mit denen man durch ein via CGI auf postapokalyptisch gepimptes Skandinavien zieht, überschattet von permanentem Unwissen (nicht nur, dass die Gruppe nicht weiß, ob der Regen das Virus immer noch überträgt, es verdichten sich zudem die Anzeichen, dass Simones Papa in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Katastrophe steht), sowie stets bedroht von hungrigen Überlebenden, einer mysteriösen Söldnertruppe und natürlich auch von Konflikten untereinander, denn die von sehr prägnanten Jungdarstellern gut gespielte Gang setzt sich aus lauter Prototypen zusammen: Simone ist das ewige optimistische Muttertier, das selbst nach sechs Jahren im Bunker noch voller Hoffnung ist und sich aufopferungsvoll nicht nur um ihren kleinen Bruder kümmert, Martin ist der klassische, ruppige Leithammel mit dem weichen Kern, Patrick der Mitläufer, Beatrice die etwas undurchsichtige Manipulatorin, Lea und Jean die klassischen Außenseiter.

Das kennt man alles. Der Anfang stammt aus die „Die Wolke“ (2006), die überall im Land verteilten Bunker und die mysteriöse Firma im Hintergrund schreien „Lost“ (2004 – 2010), spätestens als die Gruppe in Kopenhagen von einer Gruppe hungriger Streuner angegriffen wird, ist man bei „The Walking Dead“ (2010 – unendlich) und so weiter und so fort. Doch es funktioniert erstaunlicherweise dennoch. Hier kommt eine angenehme Bodenständigkeit, sowie der Sinn der Skandinavier für effizientes Erzählen ins Spiel: „The Rain“ bürdet sich nie große Moralfragen auf, will nie großes Charakterdrama oder besonders komplex sein, er verzichtet selbst als das Mysterium um Simones Papa entschlüsselt wird auf den ganz großen Knalleffekt, sondern bleibt verhältnismäßig nüchtern; der in amerikanischen Produktionen so überhand genommene Drang immer noch einen Draufzusetzen, diese Sucht nach mehr und mehr, geht der dänischen Produktion völlig ab, was sich auch in der knappen Laufzeit, 8 Folgen von einer Laufzeit zu im Schnitt je 35 Minuten, ausdrückt: „The Rain“ erzählt seine Story straight durch, serientypische Rückblicke werden zwar drübergestreut, aber stets knapp und zweckmäßig gehalten, meistens um den Protagonisten Tiefenschärfe zu verleihen, was aber immer in Verbindung zur eigentlichen Handlung steht. Bei einem so wunderbar verdichteten Inhalt springt man gerne an Bord und vergisst während der rasanten Fahrt bereitwillig, dass man die Haltestellen alle irgendwann schon mal angefahren hat.

Klar, der Serie fehlt schlussendlich das Besondere, ein Alleinstellungsmerkmal, um sich gegen die Konkurrenz behaupten zu können, „The Rain“ ist in Ordnung, mehr nicht, allerdings fühlt man sich am Ende ein bisschen so wie die Protagonisten, die sich in einer sehr süßen Sequenz nach langem Herumirren an einer schlichten Dusche erfreuen: Es sind oftmals die kleinen Dinge, die das Leben besonders bereichern.

(Bloß über die nicht immer zielsicher eingesetzte Pop-Beschallung sollte man gnädig hinweghören)

„The Rain“ ist seit dem 04.05. auf Netflix abrufbar! .

The Rain (Dänemark 2018) • Regie: Kenneth Kainz, Natasha Arthy • Darsteller: Iben Hjejle, Alba August, Lucas Lynggaard Tønnesen, Mikkel Boe Følsgaard, Lukas Løkken, Jessica Dinnage, Sonny Lindberg, Angela Bundalovic, Lars Simonsen

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