„Breathedge“: Überleben mit Huhn
Kurztest: Dass Weltraum-Survival auch komplett albern geht, beweist das jüngste Game von RedRuins
Guter Humor ist bekanntlich ja eine Kunst für sich. Was dem einen die Freudentränen in die Äuglein treibt, kann beim nächsten schon zu dezenten Fremdschämattacken führen. In diesem Spannungsfeld bewegt sich Breathedge, ein Survival-Game mit Weltraumsetting, das nach seinem PC-Release heute ebenso auf PS4, Xbox One und Switch startet (digital, ca. 20-25 Euro). Hier wird schon in den Trailern überdeutlich, wie offensiv superlustig und selbstironisch praktisch alles im Spiel sein will und wie sehr den Machern von RedRuins daran gelegen ist, diesen Eindruck zu bestärken – u.a. mithilfe von Schenkelklopfern wie einem unsterblichen Huhn am Stock als Instrument zur Neutralisierung von Strom. Wer jetzt schon schmunzelt, sollte unbedingt weiterlesen.
Noch weitere Beispiele gefällig? Kondome lassen sich als Sauerstofftanks nutzen und der Raumanzug der Hauptfigur gibt äußerst, na sagen wir mal, pubertäre Missionsanweisungen. Bei näherer Betrachtung kann man aber immerhin konstatieren, dass tatsächlich einige (Meta-)Gags, bei denen etwa bekannte Spielmechaniken aufs Korn genommen werden, auch beim Schreiber dieser Zeilen zündeten, während andere ihn komplett kalt ließen. So weit, so erwartbar.
Doch was verbirgt sich nun abseits der Geschmacksfrage Humor konkret hinter Breathedge und seiner Ausrichtung? Im Kern kombiniert der Titel Survival-Mechaniken wie Crafting, Werkzeughandling und Rohstoffsuche mit Elementen aus Action-Adventures und sogar Shootern, sodass nicht nur manche Testerkollegen Breathedge gerne als Subnautica im All adeln (Wer den Survival-Liebling Subnautica nicht kennt, möge sich bitte an dieser Stelle nochmal ein Bildchen machen).
Storytechnisch geht es schmissig los. Unsere Spielfigur ist gerade auf dem Weg zur Beerdigung seines Großvaters, als sein Transportschiff in einen Asteroidenunfall gerät und wir plötzlich gezwungen sind, nur mittels Raumanzug ums Überleben zu kämpfen. Damit allerdings nicht genug, denn innerhalb der gut und gerne über 30 Stunden langen Kampagne sind wir auch einer wahnwitzigen Verschwörung auf der Spur und müssen – Achtung, kein Gag – eine Prinzessin retten. Na, dann ist ja alles klar, oder?
Um das alles zu bewältigen, schweben wir die meiste Zeit (sehr langsam) im All herum und freuen uns über jeden Fortschritt wie Schubdüsen oder sehr knapp bemessene Sauerstoffvorräte. Gerade hier wird es oft tricky, denn viele Baupläne oder Rohstoffe wollen nur nach längeren Wegstrecken bei meist kurios verstorbenen Mitreisenden geborgen werden. So kann es trotz eines kommoden Schwierigkeitsgrades zu nervigen Erstickungstoden kommen, was wiederum zur Folge hat, dass man von Sauerstoffzufuhr zu Sauerstoffzufuhr hetzt, ohne die Weitläufigkeit des Alls für Streifzüge richtig ausreizen zu können. Eine zwar aus Entwicklersicht vielleicht clevere, für Spieler aber unbefriedigende Designentscheidung, um den scheinbar unbegrenzten Aktionsraum künstlich klein zu halten.
Im Grunde ist man ständig zwischen Schiffswracks und der eigenen Basis unterwegs, craftet viel zu schnell kaputte Werkzeuge (bei einem nervig kleinen Inventarsystem) und bewältigt (als reine Einzelspielkampagne wohlgemerkt) verschiedene Missionsziele wie den Bau von Energiezellen oder Triebwerken. Ob man dabei dank großzügiger Ressourcenverteilung, etwa für den stetigen Abbau von Hunger und Durst, das Survival-Prinzip nun eher als Abarbeiten oder Herausforderung annimmt, liegt wohl auch daran, ob man Breathedge nun wirklich als echtes Survivalgame oder vorwiegend doch als skurril humoriges Action-Adventure angeht.
Dennoch bereitet der Titel Spaß. Denn gerade weil sich die Macher, speziell mit Blick auf das überraschende Walking Simulator-Gameplay in den letzten Spielstunden, nicht zu sehr in eine Schiene verbeißen, bleibt die Abwechslung erhalten. Hätte man sich darauf konzentriert, die Balance in Sachen Nervigkeit besser auszutarieren, hätte aus Breathedge ein richtig gutes Erlebnis werden können.
Zum nicht schlechten Gesamteindruck tragen zusätzlich das stimmige Artdesign mit seinen retrofuturistischen Elementen sowie die solide Steuerung und die letztlich saubere, wenn auch nicht gerade anspruchsvolle Technik bei (wir spielten auf PC). Letztlich dürfte bei vielen Spielern vor allem der Humor über Wohl und Wehe von Breathedge entscheiden – und der bleibt eben stark dem eigenen Geschmack überlassen.
Fazit
Ironisch bis alberner Survival-Mix, der in mehrfacher Hinsicht zwar gut unterhalten, aber gleichzeitig sehr nerven kann.
Breathedge • RedRuins • Survival/Action • PS4/Xbox One/Switch/PC
Abb. © Hypetrain/RedRuins
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