24. September 2021 3 Likes

„Deathloop“: Memento Mori

Abgedreht, durchdacht, bahnbrechend?

Lesezeit: 5 min.

Ein Strand, eine Stimme aus dem Off, die dich kennt, acht Ziele, keine Erinnerung … und ein ungewöhnliches Gefühl von Déjà-vu. Was ist hier los? Wo sind wir? Warum lesen wir überhaupt diesen Text? Weil wir uns in einer Besprechung zu Arkane Studios‘ neuestem Streich befinden, dem Zeitschleifen-Shooter „Deathloop“, der für PC und konsolenexklusiv für PS5 erschienen ist.

Arkane Studios bewiesen seit Stunde Null mit „Arx Fatalis“ bereits, dass ihnen spielerische Freiheit enorm wichtig ist. Etwas, das spätere „Dark Messiah“-, „Dishonored“- und „Prey“-Gamer nur unterstreichen würden. „Deathloop“ ist nun aber das vermutlich Arkane-ste Spiel der Entwickler, das viele Stärken auf die Spitze treibt, bravurös ausführt und in einem wundervollen Puzzle von einem Sandkasten eröffnet. Immer noch keine genaue Vorstellung?

In „Deathloop“ verschlägt es Attentäter Colt nach Blackreef, einer Insel, die in einer Zeitschleife feststeckt. Mit jedem neuen Ableben – oder nach Ablauf von 24 Stunden – resetet sich die Zeitschleife und alles beginnt von vorne, erneut mit einem Colt, der am Strand erwacht und eigentlich kaum eine Ahnung davon hat, was hier vor sich geht. Rätselhafte, schwebende Nachrichten erscheinen vor Colts Auge, die ihn leiten. Es ist vermutlich nicht der erste Zeitschleifentag, in dem er festhängt und vielleicht auch nicht der tausendste. Und aus dem Off spricht ständig Juliana mit ihm, die deutlich mehr über das ganze Scharmützel zu wissen scheint als Colt. Um der Hölle zu entkommen, gilt es, acht Visionäre und Juliana zu töten, die jene beschützt. Zeit, den Loop zu brechen, während Juliana alles daran setzt, ihn zu beschützen. Allerdings sind alle acht Ziele voneinander getrennt, in verschiedenen Abschnitten der Insel und es gilt, ausgeklügelt einen Weg zu finden, ALLE acht Ziele innerhalb eines einzigen Loops auf einmal zu töten. Dies könnte die Erlösung versprechen. Aber wie schafft man das bei so außergewöhnlich exzentrischen Persönlichkeiten?


„Was ist hier gerade los? Gamer werden sich das häufig in den ersten Stunden fragen.“

„Deathloop“ spielt sich wie eine Mischung aus „James Bond“, einer kleinen Priese Christopher Nolans „Memento“ und ordentlich „Bioshock“. Blackreef ist in vier Abschnitte unterteilt, zu vier Tageszeiten, die sich zu jeder Tageszeit auch noch anders spielen – mit anderen Gegnerformationen, anderen Hinweisen und Abläufen. Es ist letzten Endes ein großes Puzzle, das sich in gänzlich eigenem Antrieb und Geschwindigkeit lösen lassen will – verpackt in einem Action-Adventure. Manche Visionäre sind nur zu bestimmten Tageszeiten an bestimmten Orten. Es empfiehlt sich, einem nach dem anderen auszuschalten, um ein Gefühl von der Spielwelt zu bekommen und dann langsam damit zu beginnen, das Puzzle – und das Endziel der Vernichtung aller an einem einzigen Tag – zu lösen. Aber auch das Wie und Warum bleibt einem selbst überlassen und ergibt sich erst mit der Zeit und mit den eigenen spielerischen Präferenzen. Jede Map ist entweder durch Stealtheinsatz, Spezialfähigkeiten in Form von Tafeln oder mit reiner Schießwut zu lösen – oder einer Mischung aus allem. Und auch wenn man zunächst ein eindeutiges Ziel hat, wie den Visionär in jenem Abschnitt zu töten, so kann man dennoch andere Teile der Map erkunden, was sich immer ausgesprochen lohnen wird, besonders in späteren Zyklen. Denn Colt sammelt hauptsächlich Hinweise, die Zyklen überdauern, die möglicherweise erst viel später zum Schlüssel des Erfolgs führen können. Ein Raum wartet mit einer Shisha auf, die umringt ist von drei Stühlen und in der Nähe findet sich ein Tonband, das von einem Wettspiel zwischen Wachen spricht, und Colt redet plötzlich vom Betrügen dabei? Macht alles noch nicht viel Sinn? Zu einem späteren Zeitpunkt garantiert! Und in dem völlig einmaligen Spieldesign steckt „Deathloops“ Meisterhaftigkeit und der wahre Reiz. Nochmals: Es ist ein Puzzle im Gewand eines Action-Adventures. Das trotz aller Verkopftheit unglaublich Spaß bereitet und für jede Form von Spieler etwas zu bieten hat.


„Skurrilitäten wie ein sprechender Computer sind nur die Spitze des Eisbergs.“

Neben Hinweisen gibt es auch im Verlauf des Spiels die Möglichkeit Waffen, Upgrades, und die Superhelden-artigen Tafelfähigkeiten in spätere Zyklen mitzunehmen, also ist nicht alles, was man tut für die Katz. Über Teleport, Reprise (einer Möglichkeit mehrfach während eines Loops zu sterben), Nexus (Schadensverteilung über mehrere Gegner) und vielen weiteren: Die Tafelfähigkeiten sind besonders mit den späteren Upgrades, nachdem man denselben Visionär mehrfach ausschaltet, ein wundervoller Experimentierkasten, der sich dem generellen Prinzip „Deathloops“ beugt und fügt. Lediglich das Lootsystem ist etwas unausgereift und undurchsichtig. Während spezielle Gegner und Visionäre einzigartige Waffen fallen lassen, finden sich vielerorts diverse Waffenmodifikationen, Waffen in diversen Qualitätsstufen oder persönlichkeitsentwickelnde Upgrades. Wie diese ausfallen, ist aber bis auf die einzigartigen Waffen dem Zufall überlassen.

Als abschließende Dreingabe sei auch Julianas Modus zu erwähnen. Was? Man spielt nicht nur Colt? Richtig, denn die Loop-Schützerin ist vom Hauptmenü nach Beendigung der Tutoriallevel auch spielbar, wo es gilt, online anderen Colts den Plan zu vereiteln. So kann bei Onlinebindung übrigens auch das eigene Spiel von einer „echten“ Juliana infiltriert werden, die von einem Spieler gesteuert wird. Nach ihrem Ableben muss Colt nur noch die Antenne hacken, die alle Ausgänge versperrt. Als Belohnung winken häufig Tafeln und Residuum, die Upgradewährung des Spiels. Für Juliana-Spieler winken jedoch auch noch weitere Upgrades und Waffen für den exklusiven Modus, um es anderen Colts noch schwerer zu machen. Der Modus ist eine nette Dreingabe für Quälgeister, aber letztlich auch nicht viel mehr, der für einige Stunden unterhalten könnte.


„Colt findet an allen Ecken und Enden Hinweise, die später nützlich sein werden.“

Jede Person, die „Dishonored“ mag, wird „Deathloop“ lieben. Und für andere Shooter- oder Stealth-Enthusiasten bringt „Deathloop“ etwas auf den Tisch, was man in der Form lange nicht mehr fand: Mut zu Neuerungen. Mut, eine ungewöhnliche und völlig einzigartige Art von Shooter zu entwickeln. Ob es ein Volltreffer ist, obliegt dann aber vermutlich der eigenen Spielweise. Ein weiterer konsolenexklusiver Hit für die PS5 (und den PC!) ist „Deathloop“ aber allemal.

„Deathloop“ ist seit dem 14. September 2021 für PC und Playstation 5 erhältlich.

Deathloop • Arkane Studios • Action/Adventure • PC/PS5

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