1. Januar 2021

„Haven“: RPG mit extra viel Liebe

Das futuristische Rollenspiel von The Game Bakers setzt eigenwillige Genreakzente

Lesezeit: 4 min.

Warum nicht mal ins neue Jahr mit dem starten, was uns doch alle am meisten bewegt, nämlich die Liebe. Denn während es gerade in JRPGs meist um die Rettung ganzer Welten geht, fokussiert sich das Anfang Dezember zunächst für PC, Next Gen und Xbox One erschiene Haven auf ein Paar auf der Flucht und scheint nichts mit Weltzerstörung zu tun zu haben – zumindest auf den ersten Blick. Yu und Kay, so die Namen des Pärchens, sind mit einem Raumschiff von ihrer alten Welt geflohen, um sich fernab ein neues Leben aufzubauen. Der Grund dieser Entscheidung liegt zu Beginn im Dunkeln, bildet jedoch eine von mehreren spannenden Prämissen des Titels, denen wir in den rund 16 Spielstunden näher auf den Grund gehen.

Zu diesen zählen auch Ziele wie die Reparatur unseres Schiffes oder die Erkundung einer mysteriösen Planetenwelt voller schwebender Inseln, auf der unsere Liebenden gestrandet sind. Wie die geringe Spielzeit bereits andeutet, handelt es sich bei Haven nicht um ein RPG im klassisch-epischen Sinne. Vielmehr besticht das Spiel mit einem Mix aus Visual Novel, Action-Adventure und Datingsimulator, der sich im Gewand eines pointiert erzählten Rollenspiels vereint. Dabei können wir zwischen den beiden Charakteren munter hin und her wechseln, wobei es sogar möglich ist, dass ein weiterer Spieler die Kontrolle über eine der Figuren übernimmt.

Allein oder zu zweit erkundet man die über Energiefäden verbundenen Inselareale des Planeten und bestreitet neben der Suche nach Ressourcen wie Beeren oder Nüsse Kämpfe gegen feindliche Wesen. Gerade die Fortbewegung der beiden gestaltet sich sehr flüssig, da sie mittels spezieller Stiefel über die Gebiete gleiten und dabei Energie speichern können. Das eben Gesammelte kann dann zurück im Raumschiff zu leckeren Gerichten verkocht werden, die unsere Helden ebenso stärken wie Heilmittel und ähnliches, was wir experimentierfreudig zusammenrühren können.

Gelangen wir in rote, von Rost überzogene Bereiche des Planeten, stellen sich uns Gegner in den Weg, die wir von ihrer Infektion befreien müssen. Die Gefechte laufen in Echtzeit ab, sorgen jedoch dank eigenwilliger Steuerung und der Entscheidung, auch hier in jedem Fall beide Figuren gleichzeitig zu steuern, für ein zuweilen konfuses Actionerlebnis. Vor allem auf exaktes Timing kommt es trotz eigentlich überschaubarer Aktionen an, da wir bestimmte Angriffe etwa mittels in eine Richtung gedrücktem Analogstick erst aufladen müssen und auch die Abstimmung des Einsatzes von Items erfordert Übung. Richtig frustrierend gestalten sich die Gefechte zwar nicht, aber es wäre insgesamt schön gewesen, wenn sich die Macher hier weniger von ihrer Thematik der miteinander verbundenen Liebenden hätten leiten lassen, um dem Spielkomfort Vorrang einzuräumen. Auch die in den Kämpfen störrische Kameraperspektive ist da beileibe keine Hilfe. Wer den Dreh allerdings raus hat, freut sich immerhin über die taktischen Komponenten innerhalb der Schlachten, in denen es u.a. darum geht, Abwehrlücken der Gegner zu nutzen und Angriffe abzuwehren.

Dass sich die Thematik allerdings bestens bewährt, bestätigen im Grunde alle anderen Facetten von Haven. Ob das gemeinsame Kochen, Schlafen oder die Suche nach Craftingressourcen: Dem Spielfluss gelingt es mithilfe vieler, gerne auch während der Erkundung eingestreuter Dialoge, uns für Yu und Kay einzunehmen und uns ihre tiefgehende Charakterzeichnung nahezubringen. Diese wird speziell von der in blau, rot und lila gehaltenen Welt untermalt, da es The Game Bakers verstehen, trotz des Animestils eine zwar romantische, aber nie kitschige Atmosphäre auf den Bildschirm zu zaubern. Auch deshalb macht die mit zunehmender Spieldauer eintöniger werdende Formel aus Erkunden, Kämpfen, Ressourcen, Schlafen usw. Spaß. Denn ehe es wirklich langweilig werden könnte, ist Haven schon vorbei.

Grafisch kann man dem Titel dank seiner Cel-Shading-Optik also wenig vorwerfen und auch sonst läuft die von uns getestete PC-Version tadellos. Die englischen Sprecher machen einen guten Job und die wahlweise deutschen Untertitel leisten sich keine gröberen Patzer innerhalb der sehr stimmigen Skripts. Einziger echter Wehrmutstropfen bleibt neben der unnötig komplizierten Kampfmechanik die oftmals fehlende Klarheit in Sachen Aufgabenstellung und Navigation. Mehrfach kann es passieren, falsche Wege einzuschlagen oder nicht zu wissen, was man nun eigentlich genau wo zu tun hat. Das ist leider nicht nur für heutige Maßstäbe unnötig und sollte vielleicht für die noch kommenden Versionen für PS4 und Switch überdacht werden. Wer allerdings über solche Punkte hinwegsehen kann, sollte die knapp 25 Euro gerne investieren.

Fazit

Stimmungsvoller Genremix vor schicker Planeteninselkulisse, dessen feinpolierte Charakterzeichnung begeistern kann.

Haven • The Game Bakers • RPG • PC/PS5/Xbox Series X/Xbox One (kommt 2021 auch für PS4 und Switch)

Abb. © The Game Bakers

 

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