1. Oktober 2017 1 Likes

Fünf Androiden

Zum Kinostart von „Blade Runner 2049“: Unsere liebsten Androiden aus Science-Fiction-Romanen

Lesezeit: 6 min.

Ob man sie nun „Androiden“ oder „menschenähnliche Roboter“ nennt, die Problematik ist dieselbe: man hat es mit einem künstlichen Wesen zu tun, das sich auf den ersten Blick nicht von einem Menschen unterscheidet. Manchmal ist das für die Protagonisten in den zahllosen Androiden-Romanen kein Problem, manchmal schon. In letztere Kategorie fällt Philip K. Dicks „Do Androids Dream of Electric Sheep?“, der hierzulande unter dem Filmtitel „Blade Runner“ (im Shop) zu haben ist. Rick Deckard entlarvt Androiden mit Hilfe des Voigt-Kampff-Tests, einer Reihe von Fragen, die darauf abzielen, eine empathische Reaktion beim Gegenüber auszulösen. Zeigt der Befragte keine Reaktion, hat man es mit einem Androiden zu tun. Für Deckard wird die Sache problematisch, als er feststellt, dass die künstlichen Wesen, die er jagt, menschlicher sind als die Menschen um ihn herum. Am Ende bleibt offen, ob Deckard selbst wirklich ein Mensch ist oder nicht – mal sehen, ob Ryan Gosling Film-Deckard Harrison Ford dieses Geheimnis in der Fortsetzung „Blade Runner 2049“, der am 5. Oktober in den Kinos anläuft, entlocken kann.

Dicks Androiden sind bei Weitem nicht die einzigen ihrer Art in der SF-Literatur, und jeder Fan wird hier seine/ihre Lieblinge haben. Hier sind unsere:

5. Bishop aus dem Film-Roman „Aliens“

Anders als sein Kollege Ash aus dem ersten „Alien“-Teil ist Bishop auf unbedingte Loyalität programmiert und deswegen gar nicht in der Lage, seine menschliche Crew zu verraten. Das erklärt er Ripley gleich bei ihrer ersten Begegnung, aber die traut ihm natürlich trotzdem nicht über den Weg. Sie macht sich mit einer Gruppe von Marines, zu der auch Bishop gehört, nach LV-426 auf, um das Verschwinden einer Kolonie zu untersuchen, und die ganze Zeit über fragen wir uns, ob Boshop nun wirklich einer von den Guten ist, oder ob er uns am Ende ebenfalls das Messer in den Rücken rammen wird. Erst ganz am Schluss wird Ripley (und damit auch uns) viel zu spät klar, woran sie bei Bishop ist …

Das Tüpfelchen auf diesem i ist Lance Henriksens Darstellung des Androiden Bishop im Film – dieser komplett ausdruckslose Blick, den er für einen Sekundenbruchteil hat, als er vom toten Facehugger auf dem Seziertisch aufschaut und Spunkmeyer (Daniel Kash) neben ihm stehen sieht, sorgt bei jedem empfindungsfähigen Lebewesen für Gänsehaut!

Alan Dean Foster: Alien / Aliens / Alien III • Drei Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Heinz Nagel, Irene Holicki und Thomas Hag • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 4,99 • im Shop

 

4. Freya aus Charles Stross‘ Roman „Die Kinder des Saturns“

Die Frage, wie man Mensch von Android unterscheiden kann, nimmt bei Charles Stross in „Die Kinder des Saturns“ eine sehr interessante Wendung, denn hier sind die Menschen gar nicht mehr da. Sie existieren nicht mehr als körperliche Wesen, sondern sind nur noch Bewusstseinsinhalte auf Datenträgern. Schlechte Zeiten für Freya, einen Sexbot, denn für die perfekte Konkubine haben diese neuen Menschen keine Verwendung mehr. Sie braucht aber trotzdem einen Job, schließlich muss auch ein Sexbot von etwas leben. Sie wird zum Instrument einer Schmugglerbande, muss sich aber, um ihren Auftrag erfüllen zu können, einiges einfallen zu lassen, um ihre ursprüngliche Programmieren sozusagen auszutricksen …

In der SF sind weibliche Androiden nicht immer, aber sehr häufig „Sexbots“ – und wenn man sich real existierende „Gynoiden“ wie Repliee Q1Expo von der Osaka University ansieht, die darauf programmiert ist, die perfekte Sekretärin zu sein, inklusive gekonntem Augenaufschlag, scheinen wir gar nicht mehr so weit davon entfernt. Freya schafft es in der fernen Zukunft, programmierten Rollenvorgaben zu entkommen. Das macht Hoffnung …

Charles Stross: Die Kinder des Saturn • Roman • Aus dem Amerikanischen von Ursula Kiausch • Wilhelm Heyne Verlag, München 2009 • E-Book • € 7,99 • im Shop

 

3. R Daneel Olivaw aus Isaac Asimovs SF-Krimi „Die Stahlhöhlen“

Es ist wohl theoretisch möglich, eine solche Liste zu erstellen, ohne Isaac Asimov zu erwähnen – aber wenig sinnvoll. Der verwendet zwar den Begriff „Androide“ nicht, aber seine Roboter werden im Laufe seiner gigantischen Foundation/Roboter-Future-History so menschenähnlich, dass sie am Ende menschlicher wirken als unsere Nachfahren (wenn auch anders als bei Philip K. Dick). Der bemerkenswerteste aller Roboter aus Asimovs Universum ist R Daneel Olivaw, der seinen ersten Auftritt im Roman „Die Stahlhöhlen“ hat. Er wird auf die Erde geschickt, auf der es keine Roboter mehr gibt, und soll zusammen mit Detective Elijah Bailey einen Mord aufklären. Am Ende der Saga wird Daneel, der nur am „R“ vor seinem Namen als Roboter identifizierbar ist, die Ehre zuteil, Roboter und Foundation miteinander zu verbinden – wie das geht, wird hier natürlich nicht verraten. Sicher ist: R Daneel Olivaw würde den Voigt-Kampff-Test bestehen! Das sehen auch einige Fan-Fiction-Schreiber so, wovon man sich auf einschlägigen Seiten überzeugen kann, denn es gibt (wirklich!) reihenweise Fantasien darüber, das Elijah und Daneel wohl so in ihrer Freizeit anstellen …

Isaac Asimov: Die Stahlhöhlen • Roman • Aus dem Amerikanischen von Heinz Nagel • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • Taschenbuch • 288 Seiten • € 8,99 • im Shop

 

2. Data aus „Star Trek – The Next Generation“

Lieutenant Commander Data, dem Androiden im Dienste der Sternenflotte, sieht man auf den ersten Blick an, dass er kein Mensch ist, was aber nicht bedeutet, dass dieser Androide keine Probleme hat (oder verursacht). Tatsächlich verwendet er beträchtliche Zeit darauf, herauszufinden, wie Menschen „funktionieren“, weil es sein größter Traum ist, selbst ein Mensch zu werden. Dieser Traum geht in „Metamorphose“ von Jean Lorrah in Erfüllung: Auf dem Planeten Elysia kommt es zu gewaltigen Gravitationsanomalien. Bei der Untersuchung der Phänomene unterzieht sich Data einem Ritual der Elysianer: der Prüfung durch die Götter. Der Androide wird mit einer Macht konfrontiert, die ihm seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen kann und ihn zu einem Menschen aus Fleisch und Blut macht. Doch Data hat Schwierigkeiten mit seiner neuen Existenz: Er muss noch einmal die strengen Sternenflotten-Prüfungen bestehen, um zum Dienst auf der Enterprise zugelassen zu werden. Er kann nicht mehr über sein gigantisches, elektronisch gespeichertes Wissen und seine enorme Körperkraft verfügen. Und er registriert seltsame Vorgänge in seinem Inneren, die sich als Gefühle entpuppen …

Im Laufe der TV-Serie erkundet Data den ein oder anderen Aspekt des Mensch-seins. Hier hingegen ist er nicht nur mit Gefühlen und dergleichen konfrontiert, sondern auch mit der, sagen wir, biologischen Seite des Ganzen. Kein Wunder eigentlich, dass er sich am Ende dafür entscheidet, wieder zum Androiden zu werden …

Jean Lorrah: Star Trek – The Next Generation: Metamorphose • Roman • Aus dem Amerikanischen von Andreas Brandhorst • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 4,99 • im Shop

 

1. Breq aus Ann Leckies Hugo-Gewinner „Die Maschinen“

Breq ist in vielerlei Hinsicht eine ungewöhnliche Androidin (das ist sozusagen das Radchaai-„sie“): anders als ihre Vorgänger in dieser Liste war sie einmal ein Lebewesen, ehe sie von den Radch getötet und zu einem künstlichen Lebewesen gemacht und mit einem Schiff, der Gerechtigkeit der Torren, verbunden wurde. Kann man also sagen, sie ist ein Androide? Kann man, wenn man die Definition aus „The Melancholy Android“ von Eric G. Wilson zugrunde legt. Ganz ähnlich wie die bisher genannten Androiden muss sich auch Breq Fragen nach Selbst-Bewusstsein und Identität stellen, nachdem die Gerechtigkeit der Torren vernichtet wurde und sie als einzige überlebt hat. Und weil das noch nicht genug ist, schickt Ann Leckie ihre Heldin auf einen Rachefeldzug, der seinesgleichen sucht …

Die „Hilfseinheiten“ in Leckies Trilogie sind so programmiert, dass sie Gefühle haben – es ist schließlich leichter, Soldaten und Schiffe zu befehligen, die dem Imperium dienen wollen. Dennoch werden sie von den „echten“ Besatzungen als Objekte gesehen und auch so behandelt; also gewissermaßen eine Verkehrung des „klassischen“ Androiden-Themas ins Gegenteil. Daraus ergeben sich eine ganze Reihe neuer Probleme, denen Leckie in allen drei preisgekrönten Romanen nachgeht.

Ann Leckie: Die Maschinen. Imperial Radch, Band 1 • Roman • Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • Paperback • 544 Seiten • € 14,99 • im Shop

 

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