26. August 2025

Superhelden und Berufsverbrecher (Teil 2)

Criminal bis Winter Soldier: Das kriminell gute Comic-Schaffen von Ed Brubaker

Lesezeit: 11 min.

Zum Einstieg eine Warnung. Comic-Star Ed Brubaker ist einer meiner Lieblingsautoren, wird von mir in einem Atemzug mit Don Winslow und Dennis Lehane genannt – Brubakers Textkästen und Dialoge klingen genauso literarisch wie die der größten lebenden Krimi-Romanciers. Dieser Text über ihn und sein Schaffen – diese Werkschau – wird also sicher nicht ohne Superlative oder Schwärmerei auskommen. Verdient ist das allemal, dennoch soll diese kurze Warnung vorangestellt werden. Ebenso diese Offenlegung: Als Redakteur für Panini habe ich über die Jahre schon Brubaker-Comics wie „Catwoman“, „Gotham Central“ oder „Iron Fist“ mit Vorworten etc. versehen.

Im ersten Teil dieses Features ist es bereits um seine Arbeiten für DC und Marvel gegangen. Im zweiten Teil dreht sich alles um Ed Brubakers unabhängigen Werke abseits der großen Superhelden-Universen.

 

Kriminell unabhängig, kriminell gut

Im Jahre 2004 lancierte Marvel das Icon-Imprint für Creator-Owned-Comics, deren Rechte bei ihren Schöpfern blieben. Unter diesem Label erschienen z. B. „Kick-Ass“ von Mark Millar und John Romita Jr. oder „Powers“ von Brian Michael Bendis und Michael Avon Oeming – und ab 2006 auch „Criminal“ von Ed Brubaker und Sean Phillips. Das „Sleeper“-Team kam erneut zusammen, um mit jeder Menge Gespür für klassischen Noir eine der besten Krimi- und Comic-Serien überhaupt zu erschaffen, und gleichzeitig die beste unter ihren vielen bemerkenswerten Zusammenarbeiten.

Später wechselte die Serie dann zu Image Comics, wo sie in den USA heute noch erscheint. Auf Deutsch lief sie vor Jahren bei Panini an – seit Mitte August gibt es einen ersten dicken, großen Hardcover-Sammelband bei Schreiber & Leser, der in Sachen Aufmachung und Ausstattung keine Wünsche offen lässt. Die beste Möglichkeit im Moment, die Serie kennenzulernen, oder noch mal zu genießen. Die sehr gute Übersetzung hat diezukunft.de-Kollege Bernd Kronsbein besorgt, wenn wir schon dabei sind.

„Criminal“, mit mehreren Eisner Awards ausgezeichnet, besticht als eine fantastisch geschriebene und gezeichnete Noir-Serie über Berufsverbrecher und Gelegenheitskriminelle – über Menschen und Milieus. Es wirbeln mehrere Zeitebenen und Figuren durcheinander, als Gravitationszentrum dienen aber zwei Generationen der Verbrecher-Familie Lawless und ihrer Komplizen. „Criminal“ ist ein großes Mosaik-Puzzle aus abgeschlossenen Erzähleinheiten, dessen vollständige Brillanz als ineinandergreifender Storybogen sich spätestens entfaltet, wenn man es am Stück liest. Brubaker hat für diese Serie immer eine Vision gehabt, und je gebündelter man alle Kapitel konsumiert, desto klarer wird einem das, und desto mehr Nuancen und Verbindungen erfasst man.

So oder so begeistert die Vielseitigkeit von „Criminal“, wo Storys über Bankräuber, Einbrecher-Kids, Comic-Originalseiten-Diebe, korrupte Cops, Boxer, Gangster und Femme Fatales aus mehreren Dekaden verwoben werden – sogar Marvels Conan- und Kung-Fu-Comics erhielten je einen famosen Tribut. Darüber hinaus haben Brubaker und Phillips in einem Kapitel bzw. Band von „Criminal“ bereits vor der „Riverdale“-TV-Serie eine erwachsene Krimi-Version der klassischen „Archie“-Kleinstadt-Comics vorweggenommen.

2018 fügten sie dem „Criminal“-Kanon unterdessen noch die dünne Hardcover-Graphic-Novel „My Heroes Have Always Been Junkies“ hinzu, die sich als Noir-Comic-Novelle eigenständig lesen lässt, für Fans jedoch leicht ins „Criminal“-Epos einzuordnen ist, und die einen formalen Wechsel bei Brubaker und Phillips vorwegnahm. Doch dazu gleich mehr. Sean Phillips’ Sohn Jacob (Zeichner von „Newburn“ und „That Texas Blood“) löste an diesem Band obendrein die exzellenten Koloristen Val Staples und Elizabeth Breitweiser ab, was die Optik der Brubaker/Phillips-Kollaborationen definitiv erneuerte.

Die „Criminal“-Serie ist als Comic wie als Krimi so gut, dass man sie gar nicht oft genug lesen – oder empfehlen – kann. Ihre Bekanntheit dürfte sich jetzt verdientermaßen noch einmal steigern angesichts der Streaming-Serien-Adaption via Amazon Video, mit Charlie Hunman („Sons of Anarchy“, „Pacific Rim“), Emilia Clarke („Game of Thrones“) und Luke Evans („Fast & Furious 8“) in den Hauptrollen und mit Krimiautor Jordan Harper („The Mentalist“, „Gotham“ und „Alles schweigt“) als Showrunner. Und auch Comic-Fans dürfen sich freuen, wenn mit „The Knives“ steht in den USA Ende August ein neuer dicker Original-Band von Brubaker und Phillips an. Die laut Newsletter des von Seattle nach L. A. gezogenen Krimischreibers aktuell schon an einem Panel-Weihnachtsspecial der Serie arbeiten …

 

Fataler Hollywood-Pulp

Ausgehend von „Criminal“, haben Brubaker und Phillips über die Jahre noch eine Menge anderer unabhängiger und eigenständiger Krimi-Comic-Highlights geschaffen. Den Anfang machte zwischen 2008 und 2011 „Incognito“: im Grunde ihre ähnlich zynische Antwort auf „Wanted“ von Mark Millar und J. G. Jones, und ferner ein geistiger Verwandter zu „Sleeper“ – nur, dass Brubaker und Phillip diesmal eben ein eigenes Superhero-Universum genutzt haben. Wie bei „Sleeper“, hat der Zeitgeist schon ein bisschen an „Incognito“ und dem Macho-Schurken-Weltbild genagt, das geht bereits mit der Eröffnungssequenz los. Trotzdem stellt „Incognito“, das in zwei Staffeln bzw. Sammelbänden abgeschlossen ist, nach wie vor eine unterhaltsame Superhelden-Variante dar, deren effizientes Worldbuilding hervorgehoben werden muss. Kein Wunder, dass eine Adaption als TV-Serie oder Film immer mal geplant war, und umso seltsamer, dass es weiterhin in der Development-Hölle steckt.

Apropos Horror und Hölle. In den Jahren 2012 bis 2014 kredenzten Brubaker die Serie „Fatale“, worin sie die Traditionen von Pulp-Magazine-Krimis und Lovecraft-Horror-Pulp verbanden. „Fatale“ beginnt ein wenig sperrig, punktet auf der anderen Seite aber früh mit einer Figur, die Lovecraft-Freund und Conan-Vater Robert E. Howard nachempfunden ist. Alle Akte von „Fatale“ kreisen um die übernatürliche Femme fatale Josephine und die Wirkung, die sie auf obsessive Männer hat. Obendrein geht es um Hollywood-Sekten, korrupte Polizisten, eine One-Hit-Rockband und einen Serienkiller. Die vertrauten Elemente müssten eigentlich einen Lieblingscomic ergeben, doch hin und wieder knirscht es im Getriebe, und das Finale überzeugt ebenfalls nur bedingt – überraschenderweise also doch kein uneingeschränktes Meisterwerk des Dream-Teams Brubaker/Phillips, dennoch zwischendurch immer wieder cooles Zeug.

Nach dem Erfolg von „Captain America“ schien es sinnig, dass Brubaker sich für eine weitere eigene Serie auch einmal mit Cap-Hauptzeichner Steve Epting zusammentat. So geschehen 2013 bis 2016 in „Velvet“, einem Comic über die Geheimdienstwelt zwischen den 50ern und 70ern, dabei definitiv mehr Ian Fleming und James Bond als John le Carré und George Smiley. Geheimdienst-Sekretärin Velvet Templeton, eine älter gewordene Moneypenny mit Außendienst-Vergangenheit, soll der Tod eines Agenten angehängt werden. Sie ermittelt auf eigene Faust und kommt einer Verschwörung in den eigenen Reihen auf die Spur. „Velvet“ fängt stark an, allerdings lässt die von Epting gefällig illustrierte Serie immer mehr nach, da Brubaker seine 007-Hommage mit cooler Heldin einfach zu kompliziert machte.

Überragend war dafür „The Fade Out“, das Brubaker 2014, 2015 und 2016 dann wieder wie gewohnt mit Sean Phillips zu Papier brachte, nachdem sie 2013 einen exklusiven Deal mit Image unterschrieben und vom Verlag inhaltlich Carte Blanche erhalten hatten. Inspiriert wurde „The Fade Out“ von Brubakers Onkel John Paxton, einem Noir-Drehbuchautor im alten Hollywood (u. a. „Der Wilde“, „Im Kreuzfeuer“ und die Chandler/Marlowe-Adaption „Leb wohl, Liebling“). Neben „Criminal“ ist „The Fade Out“ die beste Arbeit des Kreativteams, völlig egal, wie oft man diese Geschichte liest – wenn, dann wird sie nur noch besser.

Brubaker und Phillips behandeln in „The Fade Out“ neben einer klassisch durchexerzierten Noir-Krimistory über die „goldene Ära“ des alten Hollywood dessen schmutzige, übergriffige, skrupellose Strukturen – also die Schattenseite der Traumfabrik, die erst durch #MeToo und den Weinstein-Prozess endgültig und in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wurde. Das Strahlen und die Finsternis, die Hand in Hand gehen. Abgerundet wird „The Fade Out“ durch Comic-Gaststars wie Clark Gable und Dashiell Hammett, die nicht bloß Cameos hinlegen, sondern als Nebenfiguren richtigen Dialog mit den fiktiven Hauptfiguren haben. Würde sich auch gut als Komplettband bei Schreiber & Leser machen …

 

Dämonen und Detektive

In Brubakers und Phillips’ Serie „Kill or Be Killed“, ursprünglich 2016 bis 2018 in Heftform veröffentlicht, will der depressive Student Dylan sein Leben beenden, scheitert – und bekommt von einem Dämon die Ansage, dass dieser seinen Tod verhindert habe, und Dylan ihm nun Tribut in Form eines monatlichen Mordes schulde. Nach einigem Hin und Her sucht sich Dylan Kinderschänder, Menschenhändler und andere aus, die es in seinen Augen verdient haben, geopfert zu werden. Doch natürlich geht das schief. „Kill or be Killed“, das dürfte an dieser Zusammenfassung bereits deutlich werden, war ein äußerst plakativer Horror-Krimi-Mix von Brubaker und Phillips. Auch „Kill or be Killed“ gewinnt, wenn am Stück gelesen, auf Englisch ist Anfang 2025 deshalb eine Gesamtausgabe erschienen, auf Deutsch liegt die unterhaltsame Serie in Hardcover-Alben bei Splitter vor.

Inmitten der Corona-Pandemie brachten Bru und Phillips 2020 dann „Pulp“ heraus, eine dünne Hardcover-Graphic-Novel – wie einige Jahre zuvor der „Criminal“-Ableger „My Heroes Always Have Been Junkies“. Corona und die Lockdowns setzten dem US-Comic-Markt anfangs ganz schön zu, weshalb der amerikanische Autor und der britische Zeichner mit „Pulp“ entschieden, künftig auf eine monatliche Heft-Serialisierung ihrer Werke zu verzichten, und stattdessen gleich hochpreisige Hardcover-Komplettbände vorzulegen. In „Pulp“ lebt der alt gewordene Ich-Erzähler Max Winters als Western-Autor für die Pulp Magazine im New York der 1930er.

Doch die Schatten des Zweiten Weltkrieges und der Wirtschaftskrise liegen auf Amerika und seinem Leben, und Winters bleibt nichts anderes übrig, als sich zwischen der einen oder anderen Herzattacke auf seine Outlaw-Tage im Wilden Westen zu besinnen und zum Kriminellen zu werden. Brubaker verfasste die Geschichte, in der es u. a. um den Tod und um Nahtoderfahrungen geht, nachdem er 2019 beim Surfen beinahe ertrunken wäre. Am Ende ist „Pulp“ ein überzeugender Einzelband zweier Lieblingskünstler, der einen formalen Wendepunkt in ihrem langjährigen Schaffen markiert, inhaltlich dabei geschickt das ausgehende 19. Jahrhundert mit dem frühen 20. Jahrhundert, den Western mit dem Krimi der Pulp-Kultur und den Zweiten Weltkrieg mit dem Nationalsozialismus in Amerika verbindet.

Ab 2020 pushten Brubaker und Phillips ihr neues To-Go-Format mit der Serie „Reckless“ im Hardcover. Bis 2022 erschienen zügig fünf nicht ganz billige Bände über den Privatdetektiv und Problemlöser Ethan Reckless, der aus einem alten Kino im L. A. der 1980er-Jahre heraus operiert – und ein Talent dafür hat, in Problemfälle zu stolpern. Als Vorbild dienten Bru die Pulp-Romane, die schon sein Vater gelesen hat, mit ihren abgeschlossenen Abenteuern um einen Serienhelden. Das Ergebnis ist eine spaßige Comic-Serie für Fans des Genres und des Kreativteams. Kurioserweise ist jedoch der Band am besten, in dem Ethan durch Abwesenheit glänzt, und seine Assistentin Anna auf eigene Faust in einem Geisterhaus in Hollywood ermittelt. Fairerweise muss gesagt werden, dass das Artwork von Sean Phillips in „Reckless“ nicht ganz stabil wirkt, was möglicherweise der Veröffentlichungsfrequenz geschuldet gewesen sein mag.

 

Satanic Panic, Europareise und Leichenfund

In den Jahren 2023 und 2024 legten Brubaker und Phillips weitere Einzelbände vor. „Night Fever“ setzt im Europa der 1970er ein und hat einerseits die luftige Leichtigkeit eines Sommerurlaubs, andererseits die schwitzige Schwere einer Hitzewellen-Nacht oder eines Fiebertraums. Die Handlung changiert schön zwischen Krimi, Surrealismus und Fantastik – die pulsierende Geschichte, die von Sean Phillips als Zeichner und Sohn Jacob als Kolorist dann auch wieder sehr schön visualisiert wurde, ist vom Schaffen und vom kontrastreichen Stil von „Drive“-Regisseur Nicolas Winding Refn inspiriert, mit dem Brubaker an der Fernsehserie „Too Old To Die Young“ zusammengearbeitet hat.

Der nächste Streich von Bru und Phillips war zum Jahreswechsel 2023/24 „Where The Body Was“, ein brillanter Standalone-Krimi. Mitte der 1980er kollidieren in der Pelicane Road in der südkalifornischen Vorstadt verschiedene Leben. Im Fokus stehen ein Möchtegern-Cop mit der Polizeimarke seines toten Vaters, die untreue Frau eines gewissenlosen Psychiaters, ein Superhelden-Fangirl mit Migrationshintergrund, ein obdachloser Veteran und ein junges Junkie/Einbrecher-Pärchen – und die titelgebende Leiche auf dem Gehweg. „Where The Body Was“ ist eine famose Mischung aus Noir und True-Crime. Brubaker erzählte perspektivisch wahnsinnig ambitioniert, interessant und gekonnt; Phillips Jr. und Sr. lieferten derweil ihre beste Arbeit ab, nutzten sogar eine eigene sommerliche Farbpalette. Ach ja, und mehr freizügigen Sex gab es noch in keinem Brubaker/Phillips-Comic. Ein großes Lesevergnügen, eine dicke Empfehlung, ein Krimi-Kracher, ein Comic-Meisterstück.

Der Band „Houses of the Unholy“ von 2024 begann indes wie gewohnt als starker Crime-Comic über die denunzier-freudige Satanskult-Manie der 1980er, die Brubaker selbst miterlebt hat, sowie deren Konsequenzen Jahre später. Sogar die Klimakrise wurde im weiteren Verlauf der Geschichte eingewoben. Unterwegs zum Showdown stolpert der Comic allerdings über eine wichtige, nicht gut sitzende Wendung, auch brachen Brubaker und Phillips gegen Ende unnötigerweise mit dem erneut true-crime-mäßigen Rahmen. Alles nicht auf dem üblichen Niveau. Nach der Lektüre von „Houses of the Unholy“ wusste man zumindest, dass man selbst bei zwei Lieblingskünstlern, die seit 25 Jahren abliefern, trotz aller Bewunderung noch kritisch genug sein kann.

 

Freitags-Feuerwerk zum Schluss

Marcos Martin ist ein spanischer Ausnahmekünstler, der z. B. „Spider-Man“, „Daredevil“, „The Walking Dead: Der Fremde“ und „The Private Eye“ illustriert hat. Auch steuerte er 2006 Artwork zum „Captain America: 65th Anniversary Special“ bei, einem WWII-Kriegscomic über Cap, Bucky und Nick Fury aus der Feder von Ed Brubaker, verknüpft mit dessen langer Saga damals. Zwischen 2021 und 2024 taten sich Martin und Brubaker dann für die eigenständige Serie „Friday“ zusammen. Ursprünglich wurde sie als digitaler Comic via Panelsyndicate.com vertrieben, den Eigenverlag von Marcos Martin und „Saga“-Autor Brian K. Vaughan, wo man für Comics zahlt, was man kann und möchte.

In „Friday“ kehrt die junge Friday Fitzhugh für die Weihnachtsferien von der Uni in ihre Heimatkleinstadt Kings Hill zurück. Statt sich mit ihrem besten Freund Lancelot Jones auszusprechen, involviert der begeisterte Amateurdetektiv Friday jedoch umgehend in die Jagd nach dem Dieb eines altertümlichen Dolches. Der ist in die verschneiten Wälder geflüchtet, in denen früher angeblich Kinder geopfert wurden. Daraus entwickelt sich eine fantastische Krimi-Story über Mord, Monster und sogar Zeitreisen …

Brubaker hat sich mit „Friday“ einen lange gehegten Traum erfüllt, da er immer einen Post-Young-Adult-Stoff über die erwachsene Nancy Drew oder die erwachsen gewordenen Hardy Boys schreiben hat wollen. Das gelingt ihm von der ersten Seite an. Zudem ist die Weird-Fiction-Stimmung zwischen H. P. Lovecraft und Edward Gorey in „Friday“ überragend, das Artwork von Comic-Genie Marcos Martin und Koloristin Muntsa Vicente ein Hingucker. Anfang der 2020er war „Friday“ schlicht und ergreifend der beste Comic auf dem Markt. Die digitalen Kapitel wurden in drei englischen Paperbacks im Bookformat gesammelt, Ende 2025 kommt ein Hardcover-Komplettband.

 

Kriminell gut und viel

Nach all der Begeisterung, den vielen Titeln und Charakteren und Namen, vielleicht noch eine Art Fazit als Leseguide zum Schluss. Ed Brubaker, vor allem wenn er mit Zeichner Sean Phillips zusammenarbeitet, lohnt sich so gut wie immer. „Criminal“ ist das Prunkstück in ihrem gemeinsamen Comic-Portfolio, dicht gefolgt von „The Fade Out“ und „Sleeper“. Wer sich anstecken lassen will, liest einen dieser Comic-Krimis, und durch den neuen „Criminal“-Sammelband auf Deutsch im Deluxe-Format gibt es keine Ausreden mehr. Fans von „The Boys“ können es genauso gut mit „Incognito“ versuchen. Wer lieber mit einem Einzelband anfangen will, schaut am Besten in „Where The Body Was“ oder „Pulp“.

Marvel-Fans können bei Brubakers großen, großartigen Runs mit Captain America, Daredevil oder Iron Fist nichts falsch machen, DC-Fans halten sich an die Highlights „Gotham Central“ und „Catwoman“, die zugleich als Geheimtipps für Krimi-Enthusiasten taugen. Und „Friday“ ist der Comic, von dem Sie bis gerade eben vielleicht noch nie gehört haben, den sie im aber auf keinen Fall verpasst haben wollen.

Obwohl das, wie gesagt, für die meisten Comics dieser Retrospektive gilt, und das mag mit Blick auf die Lebens- und Lesezeit, die Stapel ungelesener Bücher und Comics oder die Statik von Regalen und Wohnungsdecken das eigentliche Verbrechen des kriminell guten Autors Ed Brubaker sein.

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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 ist bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“ erschienen.

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