21. Dezember 2020 2 Likes

„Dawn of the Dead“ – Ein Untoten-Meisterwerk, das ewig leben wird!

Endlich frei in Deutschland erhältlich

Lesezeit: 4 min.

Einerseits ist es schon etwas seltsam, dass der Film, dem wir die Zombiefilm-Schwemme der letzte Jahrzehnte zu verdanken haben, der Film, ohne dem die Hit-Serie „The Walking Dead“ undenkbar gewesen wäre, erst jetzt – rund 40 Jahre nach seiner Veröffentlichung – in seiner Originalversion hierzulande ausgewertet wird. Aber wenn man sich vor Augen führt, über was für einen holprigen Weg „Dawn of the Deadgestolpert ist (Details zur Zensurgeschichte!), kann man anderseits wieder froh sein, dass sich Koch Media die Mühe gemacht hat. Denn obwohl die Fans mit Sicherheit eh jede weltweit erschienene Edition besitzen, sollte dieser wohl einflussreichste Horrorfilm aller Zeiten in Deutschland endlich zu seinem Recht kommen und für jedermann frei verfügbar sein, denn eins steht fest: Auch wenn das kostengünstig gedrehte Epos (das Budget betrug schlanke 1,5 Millionen Dollar) auf formaler Ebene mittlerweile natürlich ein ganz anderes Seherlebnis offeriert als die heutigen modernen, zigmal so teuren Hollywood-Pendants, dürfte selbst Unbeleckten schnell klar sein, wieso von so was wie „World War Z“ (2013) bereits niemand mehr spricht, während George A. Romeros Meilenstein auch in den nächsten 40 Jahren über Leinwände und Bildschirme wandern und dabei Herrschaaren an faszinierten Zuschauern zurücklassen wird.

Erzählt wird von Stephen Andrews (David Emge), Verkehrsberichterstatter des Fernsehsenders WGON TV, seiner schwangeren Freundin und Mitarbeiterin desselben Senders, Francine Parker (Gaylen Ross), und zwei Beamten eines SWAT-Teams, Roger DeMarco (Scott H. Reiniger) und Peter Washington (Ken Foree) , die während einer Zombie-Apokalypse mit einem Helikopter aus der Großstadt-Hölle fliehen. Das Quartett landet bei einem Zwischenstop auf dem Dach eines verlassenen Einkaufszentrums, erkennt schnell die strategischen Vorteile des Gebäudes mit seinen großen Vorräten und unbewachten Geschäften und richtet sich häuslich ein. Von ihrem Versteck aus werden sie über Fernsehen und Radio Zeuge der immer weiter fortschreitenden Ausrottung der Menschheit, doch der größte Feind des Menschen ist immer noch der Mensch selbst: Nach einer Weile naht eine plündernde Rockerbande und damit fangen die Probleme richtig an …

„Dawn of the Dead“ funktioniert zunächst einmal als punktgenau getakteter Unterhaltungsfilm, der absolut gekonnt beinharten Horror mit Action, Drama, Humor und natürlich blutigste Gewaltszenen perfekt austariert vermengt und einen auch heutzutage mit sicherer Hand durch die Laufzeit führt. Was Romeros Achterbahnfahrt aber erst groß gemacht hat, ist der Umstand, dass „Dawn“ ganz nebenbei etwas über uns alle erzählt. Geschildert wird nämlich der Zusammenbruch einer Gesellschaft, die nicht an den Zombies, sondern an sich selbst scheitert. So stellt Andrews an einer Stelle resigniert fest, dass eine Vermeidung der Katastrophe eigentlich recht einfach wäre, wenn die Leute zusammenhalten und tun würden, was getan werden muss. Aber dazu kommt es nicht, denn genauso wie die Zombies regelrecht magnetisch vom Kaufhaus, einem Ort, den sie aus ihrem frühen Leben offenbar bestens kennen, wie gemutmaßt wird, angezogen werden (und dabei in mehr als nur einer Szene an typisches Einkaufszentrum-Publikum erinnern), bekämpfen sich die noch Lebenden im Kaufhaus am Ende um materielle Güter, die nicht nur im Überfluss vorhanden, sondern eigentlich ohne große Bedeutung sind: So berauschen sich die vier Hauptfiguren zwar anfänglich an der nun frei zur Verfügung stehenden Warenwelt und ihren Heilsversprechungen, allerdings tritt die Ernüchterung schnell ein, denn an ihrem Leben hat sich nichts geändert – aber abgeben will gerade Andrews dennoch nicht.

Wer „Dawn of the Dead“ nun mit all den Erinnerungen an dieses unglückselige Jahr im Kopf ansieht …

… mit all den Erinnerungen an Kämpfe um Klopapier, Nudeln und Mehl, obwohl doch genug für alle da ist …

… all den Erinnerungen an die ganzen Demonstrationen gegen Maßnahmen denkt, die letztendlich nur verhindern sollen, dass wir krank werden …

… all den Erinnerungen an die Unfähigkeit der Bundesländer im Kampf gegen den Virus an einen Strang zu ziehen …

… all die Erinnerungen an die Bilder von vollen Einkaufszentren nach den ersten Lockerungen, obwohl die Gefahr noch längst nicht gebannt war …

… dem wird noch mal mit Nachdruck vor Augen geführt, dass der Mensch letztendlich tatsächlich nur einen Feind kennt.

„Dawn of the Dead“ ist mehr als nur ein dystopischer Horrorfilm, „Dawn of the Dead“ ist ein Monument, ein in Blut und Gedärm getunktes Mahnmahl für die Ewigkeit.

Noch ein Wort zu den Fassungen: Der Film wurde vom italienischen Kultregisseur Dario Argento co-produziert, der dafür das Recht bekam für die nicht-englischsprachigen Länder (mit Ausnahme von Lateinamerika) eine eigene Schnittfassung zu erstellen und diese auf eigene Rechnung zu vermarkten. Seltsamerweise liegt der Fokus der Vermarktung von Koch Media auf eben dieser Version, Romeros ursprüngliche Vision darf man nur in der 80€ teuren Special Edition, und das nur mit englischen Originalton zu dem deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, genießen. Eine etwas seltsame Form der Auswertung, trotzdem: Interessierte sollten unbedingt zur Box greifen, denn Romeros Version unterscheidet sich ein gutes Stück von Argentos Fassung, geht vor allem mehr in die Tiefe – absolut sehenswert sind aber beide. Zudem sorgen grob geschätzte vier Tonnen Extras dafür, dass der Lockdown wie im Flug zu Ende geht (enthalten ist unter anderem die überaus unterhaltsame TV-Produktion HOTEL BELA von Hasko Baumann, in der der „Die Ärzte“-Schlagzeuger Bela B. auf Romero trifft).

Hier gibt es einen Überblick über die erhältlichen Editionen (seltsamerweise wurde mal der alte Verleihtitel „Zombie“ genommen, mal eine Kombination aus Verleih- und Originaltitel „Zombie – Dawn of the Dead“).

Und hier geht’s zu unserem Special über die Ursprünge der Zombie-Figur!

Dawn of the Dead (USA 1978) • Regie: George A. Romero • Darsteller: David Emge, Ken Foree, Scott Reiniger, Gayleen Ross, David Crawford, David Early, Richard France, Howard Smith

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