29. Dezember 2019 2 Likes

>>Wiederentdeckt: Lucio Fulcis „Zombie III – Ein neuer Anfang“

oder: Was macht der Zombiekopf im Kühlschrank?

Lesezeit: 4 min.

Manchmal gibt es Romane, Comics, Filme oder Musik, die in der Zeit ihrer Entstehung durchs Raster fallen. Die veröffentlicht werden und dann einfach – verschwinden. Verschwinden, oder unverdienterweise vergessen werden. Manchmal lohnt sich aber ein zweiter Blick.

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„It has been done by a group of idiots.“ - Lucio Fulci

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Wer Gutes über „Zombie III – Ein neuer Anfang“ (Italien 1988), sagt, kommt schnell in den Verdacht ein mutwilliger Quertreiber zu sein oder einfach nur über einen erlesen schlechten Filmgeschmack zu verfügen, denn so umstritten der ein oder andere Eintrag im Köchelverzeichnis des berühmt-berüchtigten Lucio Fulci auch ist, auf die 1988 veröffentlichte zweite Pseudo-Fortsetzung zu George A. Romeros „Dawn Of The Dead“ können sich wirklich alle einigen: Müll!

Und ja, der „dritte Teil“ ist tatsächlich kein Film, der sich für eine nachträgliche Heiligsprechung empfiehlt, es handelt sich aber ebenso um einen Film, bei dem man das Gefühl nicht los wird, dass die Rezeption etwas milder ausgefallen wäre, würde nicht der Name Lucio Fulcio im Vorspann auftauchen und hätte die Öffentlichkeit nicht hinterher von der unglückseligen Produktionsgeschichte erfahren.

Die Story geht so: „Zombie 3“ wurde größtenteils von Rossella Drudi, ihres Zeichens Ehefrau des nicht nur dank „Troll 2“ nahezu legendären B- bis C-Film-Regisseurs und Drehbuchautoren Claudio Fragasso geschrieben, der Gatte erledigte den Rest, Fulci sollte das Ganze inszenieren, zunächst angeblich sogar in 3D, was aber fallengelassen wurde. Der zu dieser Zeit gesundheitlich stark angeschlagene Regisseur fuhr mit seiner Tochter auf die Phillippinnen, damals ein beliebter Drehort für Sparfüchse, verließ die Produktion aber nach sechs Wochen.


Sie war nicht sicher, wo sie da reingeraten war, also ging sie lieber in Deckung


Der Zombie-Statist hätte lieber unter Palmen gelegen

Was tatsächlich vorgefallen ist, weiß bis heute niemand so richtig, zuerst hieß es, dass der Meister dank seiner schweren Diabetes-Erkrankung, der das vorherrschende Klima nicht gerade zuträglich war, den Dreh abbrechen musste. Fulci dementierte allerdings und erläuterte, dass das in seinen Augen fürchterliche Drehbuch von ihm und seiner Tochter überarbeitet wurde, womit Fragasso aber natürlich nicht einverstanden war, worauf es zum Eklat kam. Fragasso gab zudem zu Protokoll, dass der angeschlagene Horror-Titan den Film durchaus fertig gedreht hatte, es das gedrehte Material nach dem Schnitt aber auf gerade mal 70 Minuten Laufzeit brachte, von denen Produzent Franco Gaudenzi alles andere als begeistert war. Nach einer weiteren Überarbeitung blieben gerade mal 50 Minuten übrig, weswegen man nun natürlich weitere Szenen brauchte, um auf Spielfilmlänge zu kommen.

Fulci verweigerte aber offenbar einen Nachdreh, weswegen Fragasso seine langjährigen Mitstreiter Bruno Mattei, der auf den Philippinnen gerade „Strike Commando 2“ drehte, an Bord holte, um das Werk zu komplettieren. Mattei war laut Eigenauskunft für ca. 40% des Films verantwortlich. Darunter fällt nahezu alles Material des ersten Drittels, dazu kommen sämtliche Szenen mit Männern in weißen Dekontaminierungsanzügen (die tatsächlich an ähnliche Momente aus Matteis „Die Hölle der lebenden Toten“ erinnern). Das ist aber noch lange nicht die ganze Geschichte, wer etwas weiter kramt, findet zum Beispiel Aussagen von Drudi, laut der Fulci mit dem Drehbuch eigentlich komplett einverstanden war; offenbar konnten ihr Ehemann und der Regisseur auf persönlicher Ebene von Anfang an nicht so recht miteinander. (Gelegentlich wird Fragasso als Regisseur aufgeführt, was aber eher unwahrscheinlich ist).

Wer auch immer was gemacht hat, man merkt kaum, dass zwei verschiedene Väter an der Zeugung beteiligt waren, lediglich ein paar wenige, kurze, surreale Einschübe wie ein aus einem Kühlschrank (!) herausfliegender (!!) Zombiekopf (!!!) wirken etwas irritierend und passen eher zu Fulci, denn Mattei war nie der Mann für Extravaganzen dieser Art.


Die Badehose war auf dem Flug verloren gegangen, da nahm man, was man kriegen konnte


Das grüne Leuchten

Blendet man jedenfalls den Namen Lucio Fulci und die daran verknüpften Erwartungen aus, wird man feststellen, dass das Untoten-Abenteuer trotz Macken (schwache Darsteller, platte, unausgegorene Geschichte) durchaus einen eigen Reiz entfaltet, der größtenteils auf die atmosphärischen, in absurden Mengen von Kunstnebel getauchten, nahezu apokalyptischen Kulissen (gedreht wurde in Los Baños, in der Provinz Laguna in der Nähe von Manila) zurückzuführen ist, die ein herrlich irreales Geisterbahnflair verströmen, das durch den Einsatz von weich gezeichneten Bildern im besten David-Hamilton-Modus noch verstärkt wird.

Obwohl der Plot (durch Verschulden des Militärs gelangt ein Kampfstoff in die Luft, der für jede Menge Untote sorgt) im Hier und Jetzt spielt, liegen die Bilder immer eine Spur neben dem Jetzt; „Zombie III“ wirkt als ob man zuschaut, wie jemand gerade einen Zombiefilm träumt und in eben dieser Traumlogik fügen sich das schludrige Skript, das sich unter anderem nicht entscheiden kann, ob die Zombies jetzt langsam vor sich hinschlürfende Untote oder quicklebendige Actionstars mit Sprachfähigkeiten sind oder die zum Teil mysteriösen Ausleuchtungen der Szenarien (vor allem wüsste man gerne woher das grüne Licht eigentlich kommt, das sich von Zeit zu Zeit bemerkbar macht), prima ein.

Natürlich, schlechtes Handwerk ist schlechtes Handwerk, aber man kann kaum leugnen, dass all diese Komponenten im Zusammenspiel einen eigentümlichen Reiz ergeben; hilfreich ist zudem, dass das Tempo hoch ist, im Gegensatz zu anderen Machwerken dieser Art (gerade aus der Werkstatt Fragasso/Mattei) wirkt der von einer Station zur nächsten brausende Horror-Action-Science-Fiction-Hybrid regelrecht dynamisch.

Es klingt vielleicht mutwillig quertreiberisch oder einfach nur reichlich seltsam, aber „Zombie III – Ein neuer Anfang“ ist durchaus einnehmend, unterhaltsam, zuweilen sogar ein bisschen spannend und der fliegende Zombiekopf bleibt auch lange nach dem Abspann noch im Gedächtnis.

(Was schlecht wirklich bedeutet, demonstrierte Fragasso ein Jahr später anschaulich mit „Zombie 4: After Death“ …)

Zombie III – Ein neuer Anfang (Zombi 3; Italien 1988) • Regie: Lucio Fulci (Bruno Mattei, Claudio Fragasso) • Darsteller: Deran Sarafian, Beatrice Ring, Ottaviano Dell’Acqua, Massimo Vanni, Ulli Reintaler

Ebenfalls >>Wiederentdeckt.

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