28. August 2020

„Wasteland 3“: Eiszeit in Colorado

Heute erscheint der dritte Teil der postapokalyptischen RPG-Reihe

Lesezeit: 3 min.

So eine Vergangenheit hat nicht jede Serie auf dem Buckel: War der bereits 1988 u.a. für Apple II und C64 erschienene Erstling ein Mitbegründer postapokalyptischer Rollenspiele, bewies gerade der mittels Crowdfunding erst 2014 fertiggestellte Nachfolger auf PS4, Xbox One und PC, wie fesselnd ein US-Endzeitsetting (abseits von Platzhirschen wie Fallout) auch ohne prickelnde Technik und Spielkomfort ausfallen kann. Wasteland 2, das wie der Erstling im atomar verseuchten Arizona andockte und aus der Iso-Perspektive präsentiert wird, überzeugte mit knackigen, für den Verlauf tatsächlich relevanten Entscheidungen, gut geschriebenen Texten und trotz kleinerer Macken soliden Rundenkämpfen. Ein Erlebnis, das man sich heute noch mit gutem Recht zu Gemüte führen kann und das die Erwartungen für den heute ebenfalls frisch für PS4, Xbox One und PC veröffentlichten dritten Ableger bei Genreexperten hochschraubt.

Wasteland 3 wagt sich in mehrfacher Hinsicht in neues Terrain, bleibt aber den Wurzeln der Reihe treu. Der offensichtlichste Wechsel betrifft definitiv das Setting, denn nun geht es daran, in den eisigen Weiten Colorados zu überleben und mithilfe einer in kleinere Squads einteilbaren Einheit an Rangern Aufträge zu erfüllen, eine Basis aufzubauen, Rekruten zu trainieren und dabei Ressourcen taktisch klug für die Entwicklung der eigenen Recken und Ausrüstung einzusetzen. Entwickler InXile legte zudem noch mehr Wert auf First-Person-Dialoge und lässt uns mit zahlreichen NPCs ins nun auch voll vertonte Gespräch (nur auf Englisch) kommen, wobei unsere Entscheidungen nach wie vor sehr direkten Einfluss auf kommende oder aufgrund der Dialoge gar erst freigeschaltete Missionen haben.

Dazu ist es erstmals möglich, Kämpfe im Zweier-Koop zu bestreiten und sich innerhalb der Gefechte, die weiterhin im Rundenmodus ausgetragen werden, aktiv zu unterstützen. Das Tempo fällt eher gemächlich aus und spricht Spieler an, die gern Inventarmanagement betreiben und sich genau überlegen, wie die einzelnen Mitglieder des sechs Mann starken Squads jeweils individuell ausgerüstet und für den Kampf gegen Mensch, Mutant und Mech auf dem Schlachtfeld exakt in Stellung gebracht werden können. Das trifft auch auf die nun in Teil 3 verfügbaren Fahrzeuge wie etwa dem Kodiak-Panzer zu, der nicht nur speziell gegen große Bossgegner seine Wirkung nicht verfehlt.

Wichtig dabei: Wasteland 3 ist kein schnelles Actionfest, sondern ein Strategie-RPG, bei dem je nach Zug Positionierung, Deckung oder Munition eine wesentliche Rolle bei der Frage nach Erfolg oder Restart zukommen – schließlich verfügen die Figuren nur über eine bestimmte Anzahl an Aktionspunkten pro Runde und je nach Spezialisierung wie z.B. Scharfschütze über eigene Stärken und Schwächen. Kenner des Vorgängers freuen sich darüber hinaus über Komfortfunktionen wie automatisch angezeigte Sichtlinien, die das Agieren gegen die Gegner-KI spürbar erleichtern.

Dank einer üppigeren Zusatzfinanzierung (die Übernahme durch Microsoft machte es möglich) sehen die Gebiete mit ihren schneebedeckten Wäldern, Gebirgen und Ortschaften auch grafisch, bis auf einige nicht zeitgemäße Texturen und (Gesichts-)Animationen, ganz gut aus und sorgen u.a. mittels zoom- wie drehbarer Umgebungsperspektive für Übersichtlichkeit während der ca. 40-50 Stunden Spielzeit (optionale Sidequests inbegriffen). In der Kampagne kommt neben vielen leidgeprüften Endzeit-Überlebenden und blutrünstigen Banden, die unseren Rangern ans Leder wollen, vor allem einem mysteriösen Anführer namens Patriarch eine entscheidende Rolle zu, der unserer darbenden Einheit überlebenswichtige Ressourcen im Austausch für erfolgreiche Aufträge verspricht.

Dass es sich dabei um höchst gefährliche, uns zunehmend in Dilemmata hineinmanövrierende Missionen handelt, versteht sich natürlich von selbst. Schließlich geht es dem Patriarchen um nichts weniger, als seine drei abtrünnigen Kinder loszuwerden, die Vatis Herrschaft offen Infrage stellen. Mit Vertrauen ist aber auch generell in dieser brutalen Welt so eine Sache. Passend dazu versprechen die Macher zahlreiche Endings, bei denen oft kein Happy End in Sicht scheint und ein erhöhter Wiederspielwert angepeilt wird.

Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, sollte noch einen Blick auf die nachfolgenden Trailer werfen, in der etwa der Koop-Modus, einzelne Fraktionen und das Setting von Wasteland 3 näher erklärt und eingeführt werden. Zum Schluss noch der Hinweis auf die Kosten: Aktuell ist der Titel für alle genannten Plattformen für rund 60 Euro erhältlich. Wer taktischen Tiefgang zu schätzen weiß, sollte sich Wasteland 3 also spätestens für den nächsten Sale bei Steam, PSN und Co. vormerken.

Wasteland 3 • InXile Entertainment • Strategie-RPG • PS4/Xbox One/PC

Abb. © Deep Silver

 

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