Godspeed, John Glenn!
Der erste amerikanische Astronaut, der den Erdorbit erreicht hat, ist im Alter von 95 Jahren gestorben
Er war der letzte der sieben Mercury-Astronauten, der erste Amerikaner im Orbit, fast 25 Jahre lang US-Senator in Ohio und der älteste Astronaut bei einer Space-Shuttle-Mission: John Glenn, NASA-Astronaut und Weltraum-Held. Gestern, am 8.12.2016, starb er im Alter von 95 Jahren in einem Krankenhaus in Ohio.
Zunächst verdiente der 1921 geborene Glenn sich seine Meriten als Kampfflieger für die Marine. Er flog rund 150 Einsätze im Zweiten Weltkrieg und im Korea-Krieg. Danach wurde er Testpilot, was ihn zum „right stuff“ für die NASA machte. 1959 setzte er sich in rigorosen Tests gegen 508 Konkurrenten durch und wurde für das Mercury-Programm ausgewählt. Am 20. Februar 1962 schlug seine Stunde, die ihn zum amerikanischen Helden machte: er erreichte mit seiner Ein-Mann-Kapsel, die er auf den Namen „Friendship 7“ getauft hatte, als zweiter Mensch überhaupt den Erdorbit. Er wiederholte damit den Erfolg des sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin, der knapp ein Jahr zuvor als erster Mensch die Erde umkreist hatte, und brachte die Friendship 7 trotz einiger technischer Probleme nach fast fünf Stunden Flug zur Erde zurück. Glenns Popularität tat der zweite Platz keinen Abbruch – der große blonde Mann mit den grünen Augen war ein echter Publikumsliebling und Vorzeige-Amerikaner.
Doch seine Beliebtheit sollte vorerst seine Astronauten-Karriere beenden: die NASA wollte nicht riskieren, dass ihrem Helden etwas zustößt, und ließ ihn auf eine geheime Anweisung von US-Präsident Kennedy nicht mehr fliegen. Glenn hielt das drei Jahre lang aus, aber als er erfuhr, dass man die Apollo-Missionen ohne ihn plante, quittierte er den Dienst und verließ die NASA. Erst Jahre später, nach dem Tod Kennedys, erfuhr Glenn von dessen Anweisung. Bis ins hohe Alter schmerzte es ihn, dass er nie bei einer Mondlandung dabei gewesen ist.
In den kommenden 26 Jahren arbeitete Glenn als Geschäftsführer einer Getränkefirma und wurde Senator in seinem Heimatstaat Ohio, einen Posten, den er fast 25 Jahre lang innehatte. Als Politiker musste er jedoch auch einige Niederlagen einstecken. 1976 gelang es ihm nicht, Vizepräsidentschaftskandidat für Jimmy Carter zu werden; 1984 wollte er für die Demokraten als Präsidentschaftskandidat ins Rennen gehen, aber auch das gelang ihm nicht.
1998, 36 Jahre nach seinem ersten Flug ins All, startete Glenn, der das Fliegen bis ins hohe Alter nicht aufgeben sollte, erneut in den Orbit. Der 77-jährige war zu einem neuntägigen Weltraumeinsatz an Bord des Space Shuttles Discovery verpflichtet worden, der unter anderem die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf ältere Menschen untersuchte. Die Mission war ein voller Erfolg, auch wenn sich das Missionsziel eher wie eine Ausrede liest. Glenn hatte wieder und wieder auf den damaligen NASA-Chef Daniel Goldin eingeredet, bis dieser ihm schließlich erlaubt hatte, ältester Mann im All zu werden.
2012, kurz vor dem 50-jährigen Jubiläum seiner Mercury-Mission, verkaufte der neunzigjährige John Glenn schweren Herzens sein Flugzeug. Er und seine Frau Annie, mit der er seit 1943 verheiratet war, hatten beide inzwischen künstliche Kniegelenke bekommen, und das Fliegen sei dadurch anstrengend geworden. Bis zuletzt war er jedoch sehr stolz darauf, eine gültige Fluglizenz zu besitzen. John Glenn hinterlässt neben Annie zwei Kinder und zwei Enkelkinder.
Bilder: NASA
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