Kabellos im Kopf
Wie Elon Musks Firma Neuralink unsere Gehirne mit Künstlicher Intelligenz verknüpfen will
Elon Musk ist ein großer Iain-Banks-Fan, wie es scheint. Vor genau dreißig Jahren brachte Iain M. Banks mit „Bedenke Phlebas“ (im Shop) seinen ersten Kultur-Roman heraus. Die ausgeklügelte Science-Fiction in Banks’ inzwischen zehnbändigem Zyklus hat seitdem nicht nur zahllose Fans gefunden, sondern auch die Fantasie unserer eigenen, terrestrischen Ingenieure und Vordenker befügelt.
Im Jahr 2015 empfahl Mark Zuckerberg den Lesern seines virtuellen Bücherklubs „Das Spiel Azad“ (im Shop) – dasselbe Buch, das Technikrevolutionär Elon Musk als Vorlage diente, als er die beiden autonomen Raketenplattformen seines Weltraum-Unternehmens Space X nach den Kultur-Schiffen „Of Course I Still Love You“ und „Just Read The Instructions“ benannte.
Jetzt scheint jedoch eine wesentlich spannendere Idee des schottischen Schriftstellers seinen Weg von der Science-Fiction in die Realität machen zu wollen. Wie das Wall Street Journal berichtet, hat Elon Musk seine Zukunftsvision für das menschliche Gehirn in ein neues Unternehmen gegossen, das den passenden Namen „Neuralink“ trägt.
Passend, weil Musk den Ergebnissen seines jüngsten brain-childs, den sogenannten Gehirn-Computer-Schnittstellen, schlicht und einfach den Namen „neural lace“ gibt. Richtig, dieselbe Technologie, die den Kulturbürgern in Banks’ Romanen die kabellose Kommunikation mit ihren künstlichen Gehirnen (und sogar die Wiederauferstehung nach dem Tod) ermöglichen.
Man muss dabei richtigerweise anmerken, dass der Begriff „neural lace“ bereits letztes Jahr Schlagzeilen machte, als eine Forschungsgruppe der Harvard Universität ein flexibles Gewebe vorstellten, welches sich per Injektion mit dem Gehirn verbindet und in der Lage ist, die Aktivität von Neuronen auszuhorchen.
Musks Ambitionen gehen jedoch wie immer weit über den bisherigen Forschungsstand hinaus. In der bisher wohl tiefsten Analyse der Situation geht Tim Urban von dem Blog Waitbutwhy auf die weitreichenden Überlegungen ein, die zu Musks neuestem Unternehmen geführt haben. Wer sich das 30,000-Wörter-Ungetüm antut (was mehr als empfehlenswert ist), wird mit einer Zukunftsvision Musks konfrontiert, in welcher unsere Gehirne mehr oder weniger mit den mächtigen Künstlichen Intelligenzen verschmelzen, die wir bis dahin entwickelt haben sollen – eine unumgängliche Notwendigkeit, wenn es nach Elon Musk geht, um von unseren eigenen KIs nicht abgehängt (oder gar ausgelöscht) zu werden.
Ob und wann diese Science Fiction tatsächlich zur Realität wird, kann jedoch nicht einmal Musk beantworten. Zum einen steht die Menschheit immer noch am Anfang ihres Verständnisses des Gehirns (Harvardprofesser Jeff Lichtmann beschreibt unseren bisherigen Fortschritt als „three inches of a mile“). Zum anderen beschränkt sich selbst Neuralinks praktische Aktivität vorerst auf einfache medizinische Anwendungen zur Behandlung von Gehirnerkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer.
Was ja kein schlechter Anfang wäre.
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