2. Januar 2018 1 Likes

Ein Traum von Mond

Das Retro-Adventure „To The Moon“ beschwört die Magie der rezeptiven Illusion

Lesezeit: 3 min.

Eigentlich müsste an dieser Stelle ein Review des vor wenigen Wochen erschienen Nachfolgers Finding Paradies folgen. Nicht nur das: To The Moon ist in seiner ursprünglichen PC-Fassung schon vor Jahren erschienen und selbst die Mobil-Version für IOS und Android kam bereits Mitte 2017 auf den Markt. Doch da dem geneigten Rezensenten erst im Zuge des Nachfolgers der Erstling in seiner ungetrübten Pixelpracht so richtig vor die Augen kam und er es gerade trotz eines frisch angebrochenen Jahres für notwendig hält, dieses feine Juwel ein wenig zu bewerben, lassen wir mal jede Aktualität außen vor. 

Mit ihrem in allen Gameplay-Belangen herrlich altmodischen To The Moon, gelang Freebird Games eines der sympathischsten, emotional berührendsten Story-Adventures der letzten Jahre. Erzählt wird darin die Geschichte eines Sterbenden namens Johnny Wyles, der sich nichts sehnlicher wünscht, als zum Mond zu fliegen. Dies ist zwar aufgrund seines Zustandes nicht (mehr) möglich, doch in der Gegenwart des Games gibt es für solche Träume die Firma Sigmund Corp., die - ähnlich wie in den filmischen Meisterwerken Inception oder Vergiss mein nicht! - künstliche Gedanken in die Gehirne ihrer Kunden einpflanzen und somit deren Lebenserinnerungen retrospektiv manipulieren kann. Allerdings dürfen nur Sterbende auf die Dienste der Firma zurückgreifen, da es in Folge der Manipulation zu Dissonanzen kommen und so der Patient schweren (psychischen) Schaden nehmen könnte. 

Wir schlüpfen in To The Moon in die Rolle der beiden Sigmund-Doktoren Eva Rosalene und Neil Watts, die nun in Johnnys Erinnerungen eindringen, um diese mithilfe sogenannter Mementos zu verändern und damit seinem Leben einen buchstäblich anderen Sinn verleihen. Das Gameplay besteht dabei vorwiegend aus vielen Dialogen und einfachen Erkundungen, wobei das Erzähltempo entsprechend gediegen ausfällt und mittels Zeitsprüngen nicht chronologisch stringent vorangetrieben wird.

Damit richtet sich der Titel weniger an Zocker mit Kämpfer- oder figurativem Entwicklungsdrang, sondern einschlägig an Freunde herzerwärmender Plots, die sich auf eine Grafikerzählung alter Schule einlassen möchten. Johnnys Leben war geprägt von gleich mehreren Tragödien um Verlust und Krankheit, die Freebird Games trotz (oder gerade aufgrund) des Retrostyles der Grafik sowie der überraschend stimmigen Soundkulisse in besonders einfühlsame Szenen kleidet. Dass es die Macher bis zum Schluss durchhalten, ihrem Storyverlauf weder unnötige Längen noch ein wie für viele gerade ältere Games völlig unbefriedigendes, weil oft sehr abruptes Ende überzustülpen und dem Ganzen einen wunderbar bittersüßen Abgang zu bereiten, verdient auch Jahre nach dem ursprünglichen Release ein Extralob. 

Fazit

Wer sich zum kleinen Preis auf ein umfangreiches Storyerlebnis voller Pixelzauber mit futuristischer (Lebens-)Philosophie und tragischer Wärme einlassen will, sollte To The Moon eine Chance geben. Und bei Gefallen selbstverständlich auch besagte Fortsetzung Finding Paradies in Augenschein nehmen, die zwar nicht direkt an Johnnys Story anschließt, jedoch ein Wiedersehen mit den Sgmund-Doktoren und einigen weiteren Elementen bereithält. Beides eine echte Empfehlung! Neumodischen Kram ohne Herz gibt es schließlich eh genug.

To The Moon • Freebird Games • Retro-Adventure

Abb. © Freebird Games

 

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