1. Juni 2018 1 Likes

Heiß und kalt

Fünf Romane, die uns eine Zukunft zeigen, in der der Klimawandel schon stattgefunden hat

Lesezeit: 5 min.

Der Klimawandel findet statt. Und eine seiner Folgen wird sein, dass der Meeresspiegel ansteigt. Warum? Durch den allseits bekannten Treibhauseffekt erwärmt sich die Atmosphäre. Diese Wärme wird an die Ozeane weitergegeben, die ebenfalls wärmer werden. Durch die Strömungen verteilt sich das warme Wasser überall auf der Welt – bis in die Antarktis, wo es das Schelfeis schmilzt. Sobald die ersten Eisberge vom Schelf abbrechen, erreicht das warme Wasser noch größere Gebiete, erwärmt den Felsboden, schmilzt Gletscher. Dasselbe passiert am anderen Ende der Welt, in der Arktis. Das Ergebnis: während einer relativ kurzen Zeit – zehn, vielleicht fünfzehn Jahre – steigt der Meeresspiegel an, überschwemmt und zerstört Küstengebiete, macht Millionen von Menschen obdachlos. Klingt wie der Beginn eines Katastrophenromans? Ist es aber nicht, sondern ganz reale Vorhersagen, basierend auf Messungen und Langzeitstudien. Wie das Leben in einer solchen Welt aussehen könnte, schildert Kim Stanley Robinson in seinem neusten Roman „New York 2140“ (im ShopLeseprobe), der soeben auf Deutsch erschienen ist. Doch höhere Meeresspiegel sind nur eine der Veränderungen, die unserem Planeten – und damit der Menschheit – bevorstehen. Hier sind fünf Romane, die uns eine Zukunft zeigen, in der der Klimawandel schon stattgefunden hat:

 

5. Marcel Theroux: „Weit im Norden“

Der Klimawandel hat die Welt radikal verändert. Nur wenige Menschen haben überlebt, darunter auch Makepeace Hatfield, die im äußersten Norden Sibiriens inmitten von Schnee und Eis ein einsames Leben führt. Sie ist die letzte Überlebende einer Siedlung, die einst mitten im Nirgendwo gebaut wurde, von Klimaflüchtlingen aus den USA, die gehofft hatten, hier vor den Katastrophen, die die Erde heimsuchen, sicher zu sein. Während ihrer Zeit alleine hat Makepeace jeden Glauben an die Menschheit verloren. Als sie bei ihrer täglichen Patrouille durch das verlassene Dorf plötzlich einem Fremden begegnet, gerät ihr Leben aus den Fugen. Sie wird mit der Welt außerhalb ihrer eiskalten Einöde konfrontiert, einer Welt, in der sich die Natur den Menschen untertan gemacht hat …

Western, Klima-Katastrophenroman und Parabel auf die amerikanische Geschichte: „Weit im Norden“ ist ein wunderschön geschriebener Tanz auf einer Rasierklinge!

Marcel Theroux: Weit im Norden • Roman • Aus dem Amerikanischen von Oliver Plaschka • Wilhelm Heyne Verlag, München 2011 • E-Book • € 10,99 • im ShopReview

 

4. Michael Farris Smith: „Nach dem Sturm“

Nordamerika in naher Zukunft: Anhaltende Stürme haben die Küsten überschwemmt und die Bewohner weit ins Landesinnere zurückgedrängt. Wer es sich leisten kann, ist in den Norden gezogen, hinter die „Linie“, eine Mauer, die die USA spaltet. Nur Betrüger, Mörder und rivalisierende Gangs halten sich noch in den überfluteten Gebieten auf. Und Cohen, der geblieben ist, um den Verlust seiner Frau und seines ungeborenen Kindes zu betrauern. Als ihm bei einem Überfall, die einzigen Erinnerungsstücke an seine Familie genommen werden, sammelt Cohen seine letzten Kraftreserven, um sich zurückzuholen, was ihm gehört …

Postapokalypse im Dauerregen, das ist die Welt von „Nach dem Sturm“ – und sie ist bevölkert mit so finsteren Gestalten, dass Zombies wie ein Segen erscheinen!

Michael Farris Smith: Nach dem Sturm • Roman • Aus dem Amerikanischen von Ronald Gutberlet • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 8,99 • im ShopReview

 

3. Bruce Sterling: „Schwere Wetter“

Treibhausgase und Luftverschmutzung haben die Atmosphäre unseres Planeten ruiniert. Jetzt ist das Wetter unberechenbar geworden, heftige Stürme fegen über das Land und hinterlassen nichts als eine Spur der Verwüstung. Alex Unger, ein junger Mann mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen, wird von seiner Schwester Janey aus einer Klinik in Mexico geholt. Er begleitet sie zurück in die USA, wo Janey und ihre Freunde, die sogenannten Storm Troopers, sich darum kümmern, die Stürme zu klassifizieren und ihre Zerstörungen zu dokumentieren. Und das ist alles andere als ungefährlich …

„Schwere Wetter“ ist einer der Vorväter von „Nach dem Sturm“ und DER Klimawandel-Roman für alle Cyberpunks und solche, die es noch werden wollen! (Und hey, Storm Troopers sind immer cool, auch außerhalb des Star-Wars-Universums, richtig?)

Bruce Sterling: Schwere Wetter • Roman • Aus dem Amerikanischen von Norbert Stöbe • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 5,99 • im Shop

 

2. Paolo Bacigalupi: „Water – Der Kampf beginnt“

Der US-amerikanische Südwesten kämpft erbittert um die letzten Wasserreserven und die Rechte am Colorado River. Das Gebiet wird von heftigen Sandstürmen heimgesucht, ganze Millionenstädte verelenden. Wer es sich leisten kann, wohnt in luxuriösen Arkologien, jeder andere ist Hitze, Staub und Nahrungsknappheit ausgesetzt. Kriminalität und Korruption greifen um sich. Angel Velasquez gehört zu einem Spezialeinsatzkommando der Wasserbehörde von Nevada, das die Reservoirs des Bundesstaates verteidigt und notfalls auch mit illegalen Methoden erweitert.

Als das Gerücht aufkommt, dass in Phoenix eine neue Wasserquelle aufgetaucht ist, wird er dort hingeschickt, um zu ermitteln. Dabei trifft er die Journalistin Lucy Monroe, die der Quelle ebenfalls auf der Spur ist. Die beiden werden in einen Strudel aus Verrat und Gewalt hineingezogen, und Angel steht plötzlich im Fadenkreuz seiner eigenen Leute.

Uns in der „ersten Welt“ ist gar nicht bewusst, was es eigentlich bedeutet, Durst zu haben. Paolo Bacigalupi zeigt uns, wie der Kampf um diese überlebenswichtige Ressource aussehen könnte.

Paolo Bacigalupi: Water – Der Kampf beginnt • Roman • Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Müller • Wilhelm Heyne Verlag, München 2017 • Taschenbuch • 464 Seiten • € 9,99 • im ShopReview

 

1. John Brunner: „Schafe blicken auf“

Kurz nach der Jahrtausendwende steht die Menschheit am Abgrund: In den Städten ist die Luftverschmutzung so stark, dass man ohne Filtermasken das Haus nicht mehr verlassen kann; die Sonne sieht man nur noch selten; Meere und Seen sind verseucht; Leitungswasser zu trinken birgt ein unkalkulierbares Risiko. Die Verbrechensrate ist explodiert, die Menschen sind krank, immer mehr Kinder kommen missgebildet zur Welt. Wie bei einem Puzzle setzt sich nach und nach aus verschiedenen Handlungssträngen, Nachrichtenfetzen, Listen von Umweltgiften und Werbeslogans das erschreckende Bild einer Zukunft zusammen, die immer noch Wirklichkeit werden kann.

Mega-Corporations, die durch Werbung die Welt regieren, Luft- und Umweltverschmutzung in großem Stil, gewaltsame Demonstrationen: „Schafe blicken auf“ ist so erschreckend aktuell, klingt so erschreckend zeitgemäß, dass alle anderen Roman auf dieser Liste dagegen verblassen!

John Brunner: Schafe blicken auf • Roman • Aus dem Amerikanischen von Horst Pukallus • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 5,99 • im Shop

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