11. Juni 2018

Autoquartett auf dem Mars

Curiosity oder Tesla: Welches „Automobil“ schlägt sich auf dem roten Planeten besser?

Lesezeit: 4 min.

Am 6. Februar machte US-Unternehmer Elon Musk einen kleinen Schritt darauf zu, die Raumfahrt zu revolutionieren. Der erste Testflug der Falcon Heavy, der neuesten Entwicklung der Trägerrakete, die mit etwa vierundsechzig Tonnen Nutzlast die stärkste ihrer Art ist, soll die nächste Stufe in Musks Plan sein, Menschen vergleichsweise kostengünstig zum Mars zu bringen – und zwar mit einer wiederverwertbaren Rakete. Nach dem Abtrennen der Last fallen Booster und Trägerrakete nicht einfach, wie bisher üblich, zurück zur Erde (und hoffentlich niemandem auf den Kopf), sondern landen gezielt aufrecht und im besten Fall unbeschädigt genau dort, wo sie landen sollen. Im Moment sind noch keine bemannten Missionen geplant, doch die Falcon Heavy soll in den nächsten Jahren schwere Forschungs- und Kommunikationssatelliten in den Orbit um die Erde bringen. Als Nutzlast für den Testflug wurde jedoch nichts so langweiliges Wissenschaftliches ausgewählt. Stattdessen schoss Musk seinen alten roten Tesla Roadster in Richtung Mars, bemannt mit einem Dummy, der David Bowie auf Dauerschleife hört. Bekommt unser tapferer, einsamer Curiosity-Rover dort oben also bald Gesellschaft? Und wie nützlich ist so ein flotter Flitzer auf dem roten Planeten eigentlich?

Sehen wir uns Curiosity und den Tesla Roadster einmal genauer an. Der Mars-Rover ist etwa drei Meter lang und fast genauso breit, und etwas über zwei Meter hoch. Dabei wiegt er neunhundert Kilogramm. Ein Tesla Roadster ist ein bisschen schnittiger, vier Meter lang, nur zwei Meter breit und nur knapp über einen Meter hoch, bringt aber 1300 Kilo auf die Waage. Alles in allem sieht es bei den Dimensionen nach einem Gleichstand aus. Im Design punktet der Tesla natürlich mit Aerodynamik und fließenden Linien, während Curiosity eher aussieht wie WALL-E – aber was nützt einem all die Aerodynamik auf einem Planeten, der nahezu keine Atmosphäre hat?

Weitere klassische Vergleichsgrößen beim Autoquartett sind natürlich Leistung und Geschwindigkeit. Der Tesla hat sportliche 248 PS unter der Haube und schafft es damit auf zweihundert Kilometer in der Stunde. Curiosity ist im Vergleich deutlich … gemütlicher unterwegs, mit nicht mal einer Pferdestärke und einer theoretischen Höchstgeschwindigkeit von unglaublichen neunzig Metern in der Stunde. Allerdings ist er ein vernünftiger Rover und würde natürlich nie so rasen; im Schnitt schafft er es auf dreißig Meter pro Stunde. Dazu muss man allerdings sagen, dass Curiosity natürlich unter erschwerten Bedingungen fährt, denn die Straßen auf dem Mars sind notorisch schlecht ausgebaut, voller Schlaglöcher, Sand und Felsbrocken, die vorsichtig um- oder überfahren werden müssen. Der tiefliegende Tesla würde es unter diesen Umständen auch nur schwer über ein paar Kilometer die Stunde hinaus bringen, aber den Punkt für den stärkeren Motor kassiert er trotzdem.

Curiositys Antrieb ist ein sogenannter „Radioisotope Thermoelectric Generator“ – ein Generator, der Energie aus Wärme erzeugt, die beim Zerfall radioaktiver Isotope frei wird. Diese Art von Generatoren ist in der Raumfahrt sehr beliebt, da sie für sehr lange Zeit eine kompakte und konstante Energiequelle darstellt. Curiositys Generator erzeugt so täglich 2,5 Kilowattstunden Elektrizität. Das ist mehr als genug, um Curiositys normalen Alltagsverbrauch zu decken und zusätzlich zwei Batterien aufzuladen, die bei höherem Bedarf zugeschaltet werden können. Elektroautos wie der Tesla haben die gleichen Lithium-Ionen-Batterien wie Curiosity, doch ohne eigenen Generator sind sie auf regelmäßiges Aufladen angewiesen. Solange der Roadster also nicht bei Curiosity Strom schnorren kann oder zufällig im Gale-Krater eine Steckdose findet, wäre seine Reise nach maximal vierhundert Kilometern zu Ende. In Sachen Antrieb und Stromversorgung geht der Punkt also klar an Curiosity.

Natürlich geht es nicht nur darum, stupide von A nach B zu kommen, sondern vor allem auch um die Ausrüstung. Der Tesla wartet als Serienausstattung mit Sitzheizung, CD-Player und einem kleinen Sender, der Garagentore öffnet, auf. Und mit offenem Dach kann man sich sogar vom Marswind die Haare zerzausen lassen. Curiosity kann da nur müde lächeln, denn unter anderem trägt er siebzehn Kameras für verschiedene Winkel und Frequenzbereiche, ein Mikroskop, einen Gesteinsbohrer, zwei Mini-Labore zur chemischen Analyse von Gesteinsproben, eine kleine Wetterstation und eine Bürste, um selbstständig Staub zu entfernen. Er kann sogar kleine Gesteinsproben vaporisieren, um sie spektrometrisch zu untersuchen. Gar keine Frage, auch in der Ausstattung sahnt Curiosity den Punkt ab.

Bereits nach den wichtigsten Duellen ist klar, dass Curiosity für eine Spritztour auf dem Mars die Nase weit vorn hat, und wir haben noch nicht einmal darüber nachgedacht, was die ständige Belastung mit Reifen anstellt, oder was der allgegenwärtige Staub in der Elektronik eines Tesla anrichten würde. Und der Dummy hinterm Steuer würde nach spätestens fünf Jahren Bowie-Dauerbeschallung vermutlich auch den Helm an den Nagel hängen.

Nun aber zurück auf den Boden der Tatsachen, denn natürlich war der Tesla vor allem ein PR-Gag und nur dazu gedacht, das Prinzip zu beweisen. Wir müssen uns damit abfinden, dass er nicht auf dem Mars landen wird. Tatsächlich hat die Zündung, die den Tesla aus der Erdumlaufbahn heraus und ins Sonnensystem befördert hat, etwas zu gut funktioniert, sodass der Tesla im wahrsten Sinne des Wortes über sein Ziel hinausschießen und vermutlich in einer Umlaufbahn irgendwo zwischen Mars und dem Asteroidengürtel hängen bleiben wird. Für die Wissenschaft sind das aber trotzdem gute Nachrichten, denn es beweist, dass eine kostengünstige Marsmission vielleicht bald in greifbare Nähe rückt.
 

Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier
 

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.