7. April 2019

Kosmisch schwermütig und komisch

Katharina Greves Comic-Band „Die dicke Prinzessin Petronia“

Lesezeit: 2 min.

So gut wie jeder kennt Antoine de Saint-Exupérys illustriertes Weltraumkunstmärchen „Der kleine Prinz“ aus dem Jahre 1943, das der französische Comic-Star Joann Sfar 2008 als Panel-Geschichte adaptierte, das filmisch zuletzt in animierter Form interpretiert wurde und das inzwischen sogar auf Klingonisch erhältlich ist. Seit 2015 widmet sich die preisgekrönte deutsche Comic-Künstlerin Katharina Greve in ihrem Strip „Die dicke Prinzessin Petronia“ in der Kultur-Zeitschrift „Das Magazin“ zudem der parodistischen Antwort auf den populären Prinzen, der laut seiner Cousine Petronia ein ziemlicher Schleimer ist. Doch sie hat noch mehr Gründe, ihn nicht leiden zu können …

Weil im Sternenschloss ihrer Eltern kein Platz ist, fristet Petronia ihr Dasein nämlich auf einem winzigen, einsamen und sterbenslangweiligen Planeten. Düstere, geradezu deprimierte Gedanken beherrschen Petronias Überlegungen sowie ihren Alltag als Pseudoherrscherin des vermutlich unbedeutendsten Gesteinsbrockens im gesamten Universum. Alle lieben ihren Cousin, und sie? Sie darbt auf einem Planeten, dessen Himmel sie mit geometrischen Sternbildern versehen hat, der gerade erst die Anfänge der einzelligen Evolution durchläuft und der höchstens von Werbewurfsendungen heimgesucht wird. Petronias einziger Gefährte, der Multifunktionswurm Mirco, ist ebenfalls keine große Hilfe – wegen seiner eingeschränkten Fähigkeit, durch Wurmlöcher zu reisen, verpasst Petronia die letzte Chance, David Bowie zu treffen. Der Besuch des galaktischen Zahnarztes gestaltet sich indes auch für eine Weltraumprinzessin als schreckliche Angelegenheit, derweil Alien-Missionare und reimende Planetenputzer kaum die Rettung aus der Tristesse darstellen. Dank dem kleinen Prinzen, diesem Schleimer, gerät ja selbst der Urlaub auf einem Planeten aus Fleisch zum Fiasko. Und ob Petronia bei ihrem Praktikum für Thronfolger wirklich etwas von ihrer Mutter lernen kann, oder am Ende doch bloß eine neue Filiale des Jupiter-Einkaufsmarktes eröffnet, wo man den Sternenstaubsauger Black Hole, ein Keine Panik-Handtuch und Terraforming-Strandspielzeugset verkauft?

Die Comic-Parodie der 1972 in Hamburg geborene Katharina Greve spielt augenzwinkernd mit der klassischen Vorlage – und auf charmante Weise mit der Science-Fiction, etwa mit Per Anhalter durch die Galaxis, Star Trek, Alien oder der Idee von Parallelwelten im Multiversum. Einmal werden die Panels sogar von einer Raumverzerrung verbogen oder steht alles Kopf, an anderer Stelle wird ein Strip zum Spielbrett oder zum Bastelbogen. Der konsequente, bewusst platte Humor passt gut zu Greves unglücklicher, jedoch nie unsympathischer Protagonistin, die auf ihrem elenden Planeten bzw. in ihrem planetaren Elend festsitzt und ihrer schwermütigen Philosophie nachhängt. „Die dicke Prinzessin Petronia“ glänzt als einer dieser gekonnt reduzierten Comics, die sich nicht durch einen inhaltlichen oder visuellen Rausch auszeichnen, sondern dadurch, wie gut sie Strip für Strip, Seite für Seite funktionieren und wirken. Die Weltraumprinzessin der etwas anderen Art überrascht und überzeugt: Nach „Das Hochhaus“ ein weiterer lesenswerter Sammelband aus Greves Comic-Kosmos, der für komische Kunst steht, und längst eben auch für kosmische Komik.

Bilder: © Katharina Greve

Katharina Greve: Die dicke Prinzessin Petronia • Avant-Verlag, Berlin 2019 • 106 Seiten • Hardcover: 20,00 Euro

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