1. November 2019

Von Strugatzki bis Glukhovsky

Fünf Science-Fiction-Romane aus Russland, die in keinem gut sortierten Bücherregal fehlen dürfen

Lesezeit: 6 min.

Denkt man an Science-Fiction aus Russland, fallen einem natürlich sofort die Klassiker ein, Arkadi und Boris Strugatzki. Die beiden Brüder haben das Genre in der ehemaligen Sowjetunion zu einer Kunstform erhoben, die ihresgleichen sucht. Außerdem haben sie andere Künstler, vor und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, dazu inspiriert, sich mit ihren Werken in phantastische Welten vorzuwagen. Hier sind unsere Top fünf der Science-Fiction-Romane aus Russland:

 

Arkadi und Boris Strugatzki: „Picknick am Wegesrand“

Rod Schuchart ist ein Stalker, ein Glücksritter, der illegal immer wieder in die Sperrzone eindringt, in der einst die Aliens gelandet sind. Dort spürt er die Hinterlassenschaften der Außerirdischen auf, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Niemand weiß, wie diese Artefakte funktionieren und wozu sie einmal gedient haben. Manche von ihnen bergen tödliche Gefahren, während andere die Unsterblichkeit versprechen. Rod und sein Freund Kirill suchen nach einem ganz besonderen Gegenstand, der sie so reich machen wird, dass sich die Stalker nie wieder ins Sperrgebiet wagen müssen. Doch die Zone gibt ihre Geheimnisse nicht so einfach preis …

„Picknick am Wegesrand“ wurde von Andrei Tarkovski als „Stalker“ verfilmt; Roman und Film gehören heute zu den Klassikern der russischen Science-Fiction. Vor allem die Stalker inspirierten zahllose Künstler, allen voran Dmitry Glukhovsky, der diese verwegenen Glücksritter in seiner „Metro-Trilogie“ ein Denkmal setzte. „Picknick am Wegesrand“ erschien erstmals im Spätsommer 1972 bei der Leningrader Zeitschrift Awrora. Der Text wurde fast ohne Änderungen durch die Zensurbehörden veröffentlicht, womit die Autoren nicht gerechnet hatten. Es sollte dennoch acht Jahre dauern, bis der Roman in Buchform in einem sowjetischen Verlag erscheinen konnte.

Arkadi und Boris Strugatzki: Picknick am Wegesrand • Roman • Aus dem Russischen von Aljona Möckel • enthalten in: Gesammelte Werke 2 • Wilhelm Heyne Verlag, München 2010 • als Taschenbuch und E-Book erhältlich • Preis des E-Books: € 9,99 • im Shop

 

Iwan Jefremow: „Andromedanebel“

Wir schreiben das Jahr 3000, und das Universum ist komplett erforscht. Die Menschheit hat die nächste Entwicklungsstufe erklommen und zusammen mit den anderen zivilisierten Völkern des Universums den »Großen Ring« gegründet, eine Art intergalaktischen Staatenbund, der sich hauptsächlich der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Kunst verschrieben hat. Als ein Forscherteam der Erde auf einem namenlosen Planeten notlanden muss und dort ein verlassenes Raumschiff entdeckt, das anscheinend von einer bisher unbekannten Zivilisation konstruiert wurde, steht die Menschheit vor einem Rätsel …

In „Andromedanebel“, das in Deutschland zuerst unter dem Titel „Das Mädchen aus dem All“ erschien, sind nicht nur die Menschen kommunistisch, auch viele der anderen raumfahrenden Zivilisationen, weshalb der Roman zu einem der beliebtesten der UdSSR wurde. Allerdings durfte der Nachfolgeroman „Die Stunde des Stiers“, der ebenfalls in diesem Universum spielt, aufgrund der Zensur nicht veröffentlicht werden und erschien erst nach der Perestroika. „Andromedanebel“ wurde 1967 in der Sowjetunion von Jewgeni Scherstobitow verfilmt.

Iwan Jefremow: Andromedanebel • Roman • Aus dem Russischen von Annemarie Kienpointner • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • als Taschenbuch und E-Book erhältlich • Preis des E-Books: € 9,99 • im Shop

 

Jewgeni Lukin: „Unter dem Räubermond“

Der junge Nomade Ar-Scharlachi hat ein Problem: Aufgrund einer Verwechslung wird er für den berüchtigten Räuberhauptmann Scharlach gehalten, und damit ist sein beschauliches Leben als Nomade, Herumtreiber und Säufer vorbei. Während seiner ersten Nacht im Gefängnis lernt er die ebenso schöne wie gefährliche Aliyat kennen, die die Geliebte des Räuberhauptmannes Scharlach war. Sie könnte den Irrtum aufklären, doch sie schweigt, denn statt des Galgens erwartet Ar-Scharlachi eine Reise in die Hauptstadt zum Fürsten Ulquar. Der befiehlt dem vermeintlichen Räuberhauptmann, einen Zugang zum Meer zu finden – keine leichte Aufgabe für einen Wüstenbewohner. Froh, dem Tod entronnen zu sein, macht Ar-Scharlachi sich mit zwei Kriegsschiffen auf den Weg. Bereits wenige Tage nach Beginn der Reise beginnen die Wüstenfahrer zu meutern. Durch einen Trick gelingt es Ar-Scharlachi, unterstützt von Aliyat, eines der Schiffe in seine Gewalt zu bringen, und fortan zieht er wie der Räuber Scharlach selbst durch das Land. Erst, als er in das Land der nickenden Hämmer kommt, das von einer hochtechnisierten Gesellschaft bewohnt wird, wird Ar-Scharlachi klar, dass hinter seiner Reise sehr viel mehr steckt als ein simpler Forschungsauftrag …

Mit „Unter dem Räubermond“ hat Jewgeni Lukin das russische Pendant zu Frank Herberts „Der Wüstenplanet“ geschrieben, einen atemberaubenden Abenteuerroman mit faszinierenden Charakteren und einer bis ins Detail stimmigen Welt.

Jewgeni Lukin: Unter dem Räubermond • Roman • Aus dem Russischen von Erik Simon • Wilhelm Heyne Verlag, München 2013 • E-Book • € 7,99 • im Shop

 

Sergej Lukianenko: „Spektrum“

Die nicht allzu ferne Zukunft: Auf der Erde werden von Außerirdischen installierte Tore entdeckt, die Teil eines gigantischen Teleportationsnetzes sind. Mittels dieser Tore kann man in wenigen Sekunden zu zahllosen, weit in der Galaxis verstreuten Planeten reisen, allerdings muss man erst an den Schließern vorbei: Diese Wesen lassen nur diejenigen durch, die ihnen eine gute Geschichte erzählen. Nach welchen Kriterien das beurteilt wird, verraten sie ihren Passagieren jedoch nicht. Einige Menschen sind bereits durch die Tore gegangen, und nicht wenige von ihnen auf fremden Welten gestrandet. Für diese Gestrandeten ist Martin Dugin zuständig, eine Art interstellarer Privatdetektiv, der auf den bizarrsten Planeten nach Verschollenen sucht. Er hat ein Talent zum Geschichtenerzählen und normalerweise nie Probleme, durch die Portale zu kommen. Sein neuester Auftrag jedoch führt ihn nicht nur weit ins All, sondern auch ins Herz des Geheimnisses, das sich hinter dem Teleportationssystem verbirgt – ein Geheimnis, das das Schicksal der Menschheit entscheidet.

Oft geht es in Science-Fiction-Romanen und -Filmen darum, wie sich Außerirdische physisch von uns Menschen unterscheiden. Wie wirkt sich ein Planet mit hoher Schwerkraft auf den Körperbau aus? Wie klingen Wesen, die Methan atmen? Sergej Lukianenko hat sich in „Spektrum“ die Frage gestellt, wie sich außerirdische Denken von dem unsrigen unterscheiden könnte – anhand der Geschichten, die diese Wesen hören wollen.

Sergej Lukianenko: Spektrum • Roman • Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann • Wilhelm Heyne Verlag, München 2017 • als Taschenbuch und E-Book erhältlich • Preis des E-Books: € 9,99 • im Shop

 

Dmitry Glukhovsky: „Metro – Die Trilogie“

Die Zukunft. Nach einem verheerenden Krieg liegen weite Teile der Welt in Schutt und Asche. Auch Moskau ist eine Geisterstadt. Die Überlebenden haben sich in die Tiefen des Metro-Netzes zurückgezogen und dort die skurrilsten Gesellschaftsformen entwickelt. Sie leben unter ständiger Bedrohung der monströsen Wesen, die versuchen, von oben in die Metro einzudringen … Dies ist die Geschichte des jungen Artjom, der sich auf eine abenteuerliche Reise durch die U-Bahn-Tunnel macht, auf der Suche nach einem geheimnisvollen Objekt, das die Menschheit vor der endgültigen Vernichtung bewahren soll.

Die Moskauer Metro wurde 1935 eröffnet. Damals bestand sie aus dreizehn Stationen und hatte eine Länge von elf Kilometern. 2013 sind es 188 Stationen und eine Gesamtstrecke von 313 Kilometern. Die tiefste Station ist Park Pobedy, die 74 Meter unter der Oberfläche liegt. Die Moskauer Metro ist nach der in Seoul das am zweithäufigsten frequentierte öffentliche Transportsystem. Es halten sich auch nach wie vor Gerüchte über geheime Tunnel, die zu unterirdischen Forschungslabors führen, aus denen immer wieder seltsame Mutanten entkommen. Dmitry Glukhovsky, in Moskau geboren und aufgewachsen, verbrachte wie alle Moskauer sehr viel Zeit in der U-Bahn, was ihn zu seinem ersten Roman inspirierte. „Metro 2033“ machte ihn auf einen Schlag weltberühmt. Der Roman wurden zu einem wahren Phänomen und inspirierten zahllose andere Schriftsteller, die das „Metro-Universum“ um die Geschichten aus Städten wie St. Petersburg oder Rom erweiterten. Göukhovsky selbst schrieb zwei Fortsetzungen, die beide in diesem Band enthalten sind, sowie zwei Bonusgeschichten, eine davon bislang unveröffentlicht.

Dmitry Glukhovsky: Metro – Die Trilogie • alle Romane in einem Band • Aus dem Russischen von M. David Drevs • Wilhelm Heyne Verlag, München 2019 • als Hardcover und als E-Book erhältlich • Preis des HCs: € 35,00 • ab dem 11. November in unserem Shop erhältlich

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