10. November 2019 2 Likes

Rosarote Finsternis

Liebe per DNA-Test: John Marrs’ SF-Roman „The One – Finde dein perfektes Match“

Lesezeit: 3 min.

Dass man die Liebe im Online-Dating-Portal per Algorithmus, Wisch und Messager findet, ist schon lange nichts Besonderes mehr. In der Welt, die der britische Autor John Marrs in seinem Roman „The One – Finde den perfektes Match“ (im Shop) entwirft, hat jedoch selbst die Partnersuche via Netz und App eine Revolution erfahren. Denn eine Wissenschaftlerin fand das Gen, dank dem der ideale Partner – der eine perfekte, genetisch nachweisbare Match, den jeder Mensch hat – gefunden werden kann, insofern beide die App Match Your DNA benutzen, ihre Speichelprobe in der Datenbank hinterlegt haben und für knapp zehn Pfund die Kontaktdaten ihres Matches erfahren wollen. Doch neben den glücklichen Paaren und großen Lieben, die so zusammenfinden, stehen eine Menge Beziehungen oder sogar Ehen, die plötzlich in die Brüche gehen, weil die Paare kein Match sind und einer der Partner lieber seinen Seelenverwandten sucht und findet. Und was, wenn Leute Match Your DNA nutzen und ihren genetisch verbürgten Traumpartner am anderen Ende der Welt angezeigt bekommen, oder er todkrank ist? Wenn zwei Heteros durch ihren Match eine homosexuelle Beziehung vorgeschlagen bekommen? Oder wenn ein psychopathischer Serienkiller die App nutzt?

Eines ist sicher: Der oder die Richtige kann trotz allem der oder die Falsche sein. Anhand von fünf Protagonisten und Schicksalen spielt John Marrs in „The One“ diverse Szenarien durch. Die lange unabhängigen Handlungsstränge des Romans treibt er in Kapiteln voran, die meistens nur ein paar Seiten lang sind und sich reihum abwechseln. So erzeugt Marrs, während er verschiedene Charaktertypen und Gesellschaftsschichten einbezieht, ein enorm hohes Tempo und einen irren Sog. Da merkt man es fast nicht, dass er die globaleren Konsequenzen seiner Social-Science-Fiction-Idee – eine weltweit zurückgehende Geburtenrate, weniger One-Night-Stands, verzweifelnde Singles, aggressive Protestgruppen, ein Nachlassen von Homophobie, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – nur am Rande erwähnt. Schnell ist man bei allen Handlungsträgern am Haken, da Marrs es versteht, einen mit unerwarteten Wendungen und Entwicklungen zu füttern, ohne dass er dafür Wunder bei Sprache oder Charakterisierung vollbringen müsste. Das mit den Twists und Turns macht er so gut, dass sich das weiße Buch mit den rosaroten Schnittkanten früh zu einem pinken Pageturner mausert. Kein Wunder, dass sich Netflix die Rechte für die TV-Serie sicherte.

John Marrs schrieb früher für den Guardian, Total Film, Empire, den Independent und andere, wo er auf Interviews mit Schauspielern spezialisiert war. Seine Karriere als Romancier begann mit vielen Ablehnungsschreiben, ehe er als Selfpublisher von Thrillern den Durchbruch schaffte. „The One – Finde dein perfektes Match“ ist nicht der typische Science-Fiction-Roman und genauso wenig die typische romantische Dramödie oder Schmonzette. Geht gar nicht, bei so vielen dunklen und schockierenden Geheimnissen, die dem Liebesglück im Weg stehen, oder u. a. einem Serienmörder als Protagonisten. Das Leseglück ist da auch ohne DNA-Test garantiert. Und sobald man die rosarote Brille abnimmt, erkennt man eine düstere Seelenverwandtschaft.

John Marrs: The One – Finde dein perfektes Match • Aus dem Englischen von Felix Mayer • Heyne, München 2019 • 496 Seiten • E-Book: 4,99 Euro (im Shop)

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