22. Juli 2013

Dieb der Zukunft

„Genom“ von Alan Dean Foster

Lesezeit: 3 min.

Alan Dean Foster wird nicht nur im Klappentext dieses Buches als »Meister seines Fachs« gefeiert, und das ist er wohl auch. Was aber genau ist sein Fach? Wir kennen ihn weniger als Vertreter der »philosophischen Science Fiction«, sondern als erstaunlich begabten Erfinder spannender, fremder Welten (etwa in »Die denkenden Wälder«) und skurriler, jugendtauglicher Antihelden-Epen (»Pip & Flinx«). Bilden Autoren wie Stanisław Lem oder Brian Aldiss das »seriöse« Standbein moderner SF, so sind es Foster, Heinlein und andere, die als Hollywood-kompatible Actionschreiber zum populären Bild der Science Fiction beitrugen – wobei nicht gesagt ist, welche dieser beiden Säulen die wichtigere für das Genre sei.

Fosters Talente sind jedenfalls rudimentär auch im vorliegenden Roman zu entdecken: Ein Amerika der Zukunft, gezeichnet von globaler Erwärmung, genetisch »optimierter« Körper und Städten auf gewaltigen hydraulischen Bühnen – das ist eine Welt, die geradezu schreit nach kriminellen Szenarien und Abenteuer. Und dann der Protagonist: Whispr, ein Dieb, der sich gentechnisch einen extrem dünnen Körper züchtete, um noch trickreichere Raubzüge durchführen zu können. Und wie so oft in Fosters Welten haben wir es nicht mit einem einfachen Schwarz-Weiß-Helden zu tun, sondern mit einem Antihelden, der anfangs wenig bis gar keine Gegenliebe des Lesers erwarten darf: Jemand, der wie er bei einem Opfer mittels Fernzündung einen Herzstillstand verursacht, nur um diesem dann bequemer die wertvolle Techno-Hand abschneiden zu können, ist niemand, von dem wir die Rettung der Menschheit erwarten. Man muss dem Roman zugute halten, dass er viele derartige Überraschungen bereit- und die Handlung damit durchwegs am Laufen hält.

Denn Whispr findet beim Toten einen rätselhaften, fadenförmigen Datenträger (Foster versteht sich auch sehr geschickt auf das Extrapolieren von Technologien), was jedoch sowohl in Regierungs- als auch Unterweltkreisen zu Aufsehen führt – und damit zu einer wilden Verfolgungsjagd, bei dem Whispr nicht nur auf genveränderte Alligator- und Federmenschen trifft, sondern auch auf eine Ärztin, die ihm widerwillig zur Seite steht und ihn vor seinen Verfolgern schützt. Es sind gerade die plumpen, unbeholfenen Annäherungsversuche Whisprs an diese gesellschaftlich so hoch über ihm stehende Frau, welche für zwischenmenschliche Spannung und gelungene Szenen sorgen – mehr noch als die aus ähnlichen Romanen sattsam bekannten Verfolgungsjagden und zum Einsatz kommenden futuristischen Waffen.

Just hierin liegt aber auch gleichzeitig das Problem dieses Werks: Während der Leser hin- und hergerissen ist von den charakterlichen Sprüngen des mal bösen, mal guten, aber immer mitreißend geschilderten Protagonisten, wirken alle anderen Handlungsträger seltsam oberflächlich und farblos: Die Ärztin handelt immer wieder unglaubwürdig, die Häscher scheinen einfallslose Deppen zu sein, insgesamt gibt es somit niemanden, der sich als echte Identifikationsfigur erweist (was erstaunlicherweise auch in der technoiden SF-Literatur immer noch wichtig ist). Was letztendlich jedoch am allermeisten zum Missfallen des Lesers beiträgt, ist einerseits die schwache Übersetzung (viele Grammatikfehler, unnötige Nebensätze), andererseits das abrupte, offene Ende des Romans – schon klar, hier wartet zumindest wieder mal eine Trilogie auf uns. Doch ob die Story mit ihrem irgendwie lebensfremden Setting genug Interesse erweckt, um dranzubleiben, darf bezweifelt werden.

Alan Dean Foster: Genom • Aus dem Amerikanischen von Sara und Hannes Riffel · Tropen Verlag, Stuttgart 2013 · 252 Seiten · € 21,95

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