27. Oktober 2022

„Endling – Extinction is forever“

Ein buchstäblich fuchsiges, sehr eindringliches Adventure über Klimakrise und Umweltzerstörung

Lesezeit: 4 min.

Nicht erst seit der Entstehung von Fabeln als Erzählgattung gilt es als effektives Mittel, moralische Botschaften und eher Unangenehmes mit Tieren als handelnden Charakteren auszudrücken. Frei nach dem Motto: Wenn Tiere vorkommen, kann es ja nicht ganz so schlimm sein. Dass es das zwar meist doch ist, lässt sich immerhin dann leichter verdauen. Dieses Prinzip, um es gleich vorwegzunehmen, greift in Herobeats Adventure Endling, in dem wir das Schicksal einer Füchsin und ihrer Jungen erleben, auf teilweise sehr bedrückende Weise.

In nur wenigen Stunden Spielzeit schafft es die teils sehr dramatische Handlung, mehrfach ein Gefühl der Bestürzung zu erzeugen und uns dafür mit harten, wenn auch aus der Klimakrise und der Zerstörung der Umwelt nur allzu nachvollziehbaren Konsequenzen zu konfrontieren. Wer also bei aller Buntheit der Präsentation zumindest thematisch leicht bekömmliche Spielekost erwartet, ist hier definitiv an der falschen Adresse.

Fast schon fieserweise verzaubert Endling (bereits seit Juli via Download zum Preis von ca. 20-30 Euro für PS4, Xbox One, Switch und PC erhältlich) uns SpielerInnen mit einer an wunderschönen Panoramen und viel Farbwerk reichen Welt, die selbst dann noch grafisch verzückt, wenn sie eigentlich schockiert. Denn unsere Füchsin ist tatsächlich die letzte ihrer Art und ihr vierköpfiger Wurf somit die letzte Hoffnung für ein Weiterbestehen ihrer Gattung. Doch die gewaltigen Fabriken, die vermüllten Landschaften und der massiv abholzte Wald lassen uns spüren, wie wenig Raum die Tiere noch haben – von Futter ganz zu schweigen. So ist unsere Füchsin ständig auf der Jagd für ihre Jungen, deren Anzahl sich – seufz – reduziert.

Insgesamt umfasst Endling nur gut 5 Stunden Spielzeit, die sich in 30 Tage bzw. Nächte aufteilen. Wir erkunden die Spielwelt dabei in weitgehend vorgegebenen 2,5D-Pfaden, sodass die Macher speziell mit einigen kurvigen Routen einerseits den Anschein von Bewegungsfreiheit inszenieren, andererseits aber auch verhindern, eine für ihr Indiebudget zu komplexe Spielwelt anlegen zu müssen. In seinen besten Momenten erinnert das an Genreperlen wie Unravel, wobei ein stimmiger Grafikstil wahrlich nicht alles ist, was der Titel zu bieten hat.

Denn obwohl sich unser Aktionsspielraum als realistische Fuchsgestalt natürlich eher beschränkt zeigt, sind es gerade die knuddeligen Momente mit unseren Kleinen, die einfach ans Herz gehen und uns die drastischen Momente dann wiederum umso stärker fühlen lassen. Wer etwa auf Knopfdruck mit den Welpen herumspielt, kann sicher nicht anders, als einfach ergriffen zu sein. Ansonsten besteht unsere Futtersuche daraus, via Befehl gezielt die Witterung aufzunehmen, um dann beispielsweise Kleintiere, Beeren oder aber auch Müll aufzuspüren, um damit die Kleinen aufzupäppeln, deren Status mithilfe einer Hungerleiste angezeigt wird.

Was zunächst simpel klingt, wird durch Angreifer wie Jäger, Fallen oder Wilderer gravierend erschwert. Hier ist es stets ratsam, etwa um den Sichtkegel der bewaffneten Menschen herumzuschleichen und genau aufzupassen, wo wir hineintappen. Zwar können wir uns mit einem Biss zumindest ein wenig wehren, eine richtige Chance haben wir aber gegen die Aggressoren allerdings nicht. Fernhalten bleibt letztlich der Königsweg, um die Nächte zu überleben.

Trotz der geringen Spielzeit fällt dabei gameplaytechnisch eine etwas zu große Monotonie negativ auf. Unser Herumgesuche und Geschleiche beinhaltet buchstäblich nur wenig Spielraum und es ergeben sich auch keine neuen Wege in bereits bekannten Gebieten, was dazu führt, dass spielerisch schnell die Luft raus ist und man sich eigentlich nur auf die Inszenierung konzentriert.

Immerhin verändert sich alle paar Nächte die Umgebung und wir erhalten neue Hinweise für die Suche nach einem unserer verschwundenen Jungen, was neben dem Grundthema des Spiels dessen hauptsächlichen Story ausmacht. Dank unserer praktischen Witterungsfunktion, die bereits bei der Nahrungssuche hilft, erstöbern wir Gegenstände, die zu Hinweisen werden. Auch dieser Aspekt bleibt spielerisch mager, doch wie gesagt: Wer sich auf Endling einlässt, sucht, wie bei so vielen Indies, wohl nicht die spielerische Herausforderung, sondern mehr die Atmosphäre.

Und davon hat Herobeats Adventure schließlich reichlich zu bieten, denn auch die Technik macht uns weder auf PS4 noch auf PC in irgendeiner Weise einen Strich durch die Rechnung – ganz im Gegenteil. Im Übrigen skizziert Endling nicht nur das Schicksal vieler Tierarten, die vor dem Aussterben stehen, sondern hält genauso der Menschheit hinsichtlich ihres eigenen Überlebens den Spiegel vor. Wenn beispielsweise in einer Szenerie völlig heruntergekommene Flüchtlingscamps zu sehen sind, wird deutlich, wie düster die Macher unsere Zukunft sehen. Schön, dass es eben auch Spiele wie Endling gibt, die mehr sein wollen als Unterhaltung oder künstlerischer Entwurf.

Fazit

Bewegendes wie wunderschön gestaltetes Indie-Adventure über wichtige Themen unserer Zeit, dem allerdings mehr spielerischer Tiefgang durchaus gut zu Gesicht gestanden hätte.

Endling – Extinction is forever • Herobeat Studios • Adventure • PS4/Xbox One/Switch/PC

Abb. © HandyGames

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