10. Juni 2023 3 Likes

„Mavka - Hüterin des Waldes“ - Es muss nicht immer Hollywood sein

Öko-Fabel aus der Ukraine

Lesezeit: 3 min.

Ein Film, wie er näher am Puls der Zeit kaum sein könnte. Da wäre zum einen die Herstellung: Das ukrainische Produktionsstudio Film.UA kündigte den Animationsfilm „Mavka - Hüterin des Waldes“ bereits 2015 an. 2022 legte der russische Angriffskrieg die Schlussproduktion lahm. Nach einer mehrwöchigen Pause wurde die Arbeit aber fortgesetzt, teilweise in Bunkern oder in Badezimmern. Die widrigen Umstände (und das moderate Budget) merkt man dem finalen Projekt aber nicht im Geringsten an: Die liebevoll gestalteten, farbenprächtigen und gut animierten Bilder können mit Hollywood locker mithalten.

Dann wäre da die Geschichte, die sich, nein, nicht um böse Russen dreht, sondern um das Verhältnis zwischen Natur und Mensch. Vor allem davon handelt, wie der Mensch die Natur kaputtmacht. Eine Rückblende, die in einem holzschnittartigem Stil gehalten ist, erzählt wie der Mensch einmal dem von allerlei Kreaturen aus der ukrainischen Folklore bewohnten Wald die „magischen Lebensquellen“ stehlen wollte. Nach einem Krieg wurde dem Menschen der Zugang zum Wald verwehrt. Über die Einhaltung des Verbots wacht seitdem der Hüter des Waldes. Doch der will sich so langsam zur Ruhe setzen und bestimmt Mavka, ein sanftes, freundliches Mädchen mit grünen Haaren und einer Heidi-Klum-approved Figur zur Nachfolgerin. Doch Makva verliebt sich schwer in den jungen Lukash, einen Menschen, der in Mavkas Lebensraum ein Heilmittel für seinen kranken Vater sucht. Damit aber nicht genug der Probleme: Kilina, ebenfalls absurd schlank und langbeinig, aber eine stinkreiche, eiskalte Geschäftfrau und Tochter eines Sägewerkbesitzers, will den Wald zu kommerziellen Zwecken ausbeuten und rückt zu diesem Zweck im großen Finale mit einem cyberpunkartigem Fahrzeug, dem „Waldkiller“, zur Entholzung an.

Der Film von Oleh Malamuzh und Oleksandra Ruban basiert auf dem Theaterstück „Das Waldlied - Ein Märchen in drei Aufzügen“ der ukrainischen Dichterin Lessja Ukraijnka, das auch in deutscher Übersetzung zu haben ist. Die Betonung liegt auf „basiert“: Die Macher hatten keine 1:1 Umsetzung angepeilt, sondern eine bestimmte Zielgruppe im Blick und in diesem Kontext mutet es sonderbar an, dass Teile der deutschen Presse den Film tatsächlich „schmalzig-naiv“ finden und unterkomplexe Charaktere beanstanden: Offenbar scheint dem ein oder anderen Rezipienten völlig entgangen zu sein, dass es sich hier um einen astreinen Kinderfilm handelt, der als solcher bisher bestens funktioniert hat: Die originalsprachige Fassung mit Untertiteln ist schon länger im Kino und wurde bisher von 100.000 in Deutschland lebenden Ukrainern und ihren Kindern gesehen, in Frankreich von über 500.000 und in Italien von rund 200.000, was „Mavka“ zum erfolgreichsten ukrainischen Film aller Zeiten macht. Und irgendwie ist das doch eine ganz schöne Erfolgsgeschichte, angesichts derer man gar keine Lust hat, groß rumzumuffeln, dass das das Treiben stellenweise etwas zu textlastig daherkommt, man noch etwas mehr auf die Kraft der wunderbaren Bilder hätte vertrauen sollen.

Jedenfalls kriegt der Nachwuchs ein schönes Öko-Märchen spendiert, das auf unterhaltsame Weise ein gewisses Naturbewusstsein vermittelt und in ein Ende mündet, das in einer Realität, in der sich verzweifelte Menschen an die Straße kleben, weil sie von solch einem Ende träumen, bittersüß daherkommt: hier befinden sich Mensch und Natur schlussendlich im Einklang.

Mavka - Hüterin des Waldes (Ukraine/USA 2023) • Regie: Oleh Malamuzh, Oleksandra Ruban • seit dem 8. Juni 2023 im guten alten Kino

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