„Madame Web“ – Eine Geschichte aus dem Spider-Man-Kosmos
Dakota Johnson in einer Superhelden-Variation im Gewand eines B-Pictures
„Quo vadis, Superheldenkino?“ lautet die Frage seit einiger Zeit, die unterschiedlich beantwortet wird. Wähnen manche das Genre, das das letzte Jahrzehnt dominierte, angesichts von Flops wie „Black Adam“, „The Marvels“ oder „Shazaam! Fury of the Gods“ schon völlig am Ende, merken überlegtere Stimmen an, dass auch letztes Jahr mit „Guardians of the Galaxy 3“ ein Superheldenfilm über 800 Millionen Dollar einspielte. Das ist zwar weit weg von den 2,8 Milliarden, die „Avengers: Endgame“ umsetzte, aber von so einem Hoch kann es einfach nur abwärts gehen.
Vermutlich zeigt sich an der Debatte vor allem eine allgemeine Müdigkeit mit den stets etwas austauschbaren Geschichten, um Charaktere, die sich mit ihren Spandex-Kostümen und Masken zum verwechseln ähnlich sehen. Die Variationen sind begrenzt, außer man will Geschichten erzählen, in denen etwa zwei Superhelden Beziehungsprobleme haben. Aber dafür bräuchte man dann auch wieder keine Superhelden mit Superkräften, daher …
Trotz der Misere des Genres ist es Sony, das mit seinem SSU – Sony’s Spider-Man Universe – ernst macht und dieses Jahr gleich drei Spinoffs ins Kino bringt. Bevor im Verlauf des Jahres „Kraven, the Hunter“ und „Venom 3“ ins Kino kommen, startet nun also „Madame Web“ mit Dakota Johnson in der Hauptrolle. Anfangs agiert sie noch als Ambulanzfahrerin namens Cassandra Webb im New York des Jahres 2003, wo sie mit Ben (Adam Scott) im Wagen sitzt, Nachname Parker. Eine Verbindung, aus der zumindest in „Madame Web“ nichts weiter entsteht, ansonsten würde sich Cassie ja tatsächlich zu Spider-Mans Stieftante, oder so ähnlich, entwickeln …
Ihre Mutter verstarb einst im Amazonas-Dschungel, dort hatte sie nach spektakulären Spinnen gesucht, die heilende Fähigkeiten besitzen sollten. Statt dessen wurde sie von ihrem scheinbaren Partner Ezekiel Sims (Tahar Rahim) erschossen, der die Superkräfte der Spinnen auf nicht weiter ausgeführte Weise dazu benutzt hat, stinkreich zu werden. Zur Strafe plagen ihn nun allerdings Alpträume von drei Superheldinnen, die ihn umbringen werden, allerdings erst in ferner Zukunft. Um diese zu verhindern, sucht er in der Gegenwart nun nach Julia Cornwall (Sydney Sweeney), Anya Corazon (Isabela Merced) und Mattie Franklin (Celeste O’Connor), die bald von Cassie unter die Fittiche genommen werden. Allerdings ist sich Cassie noch nicht ganz sicher, was es mit ihrem Fähigkeiten auf sich hat: Seltsame Vorahnungen rasen durch ihr Hirn, seit sie bei einem Unfall fast ums Leben kam. Sie sieht die Zukunft und wird sie bald verändern können, nachdem sie bei einem kurzen Ausflug nach Peru ganz problemlos einen Mann traf, der ihr genau erklärte, was einst mit ihrer Mutter geschah.
Eine von vielen bizarren Drehbuchwendungen, die „Madame Web“ wirken lassen wie ein B-Picture aus den 80er Jahren, das sich selbst sehr ernst nimmt und entweder nicht merkt, wie albern es ist oder es einfach ignoriert. Dazu passt dann auch ein eher bescheidenes Budget, das zum Verzicht auf allzu viele ausufernde (und nach Jahren des Superheldenkinos ja auch eher ermüdende) Actionsequenzen nötigt, was dem Film gut tut.
Zumindest wenn man keine Probleme damit hat, dass hier nur Frauen wichtige Rollen haben, die noch keine spektakulären Heldentaten vollbringen (also keine Notwendigkeit „Mary Sue!“ zu brüllen!), aber dennoch eine zunehmende starke Girl-Power Truppe bilden. Deren Anführerin die Madame am Ende werden soll, so es denn zu Fortsetzungen kommt, in denen dann bestimmt auch ein Crossover mit anderen SSU-Helden zustande kommen würde.
Aber so weit muss man gar nicht denken, nicht jeder Film braucht schließlich eine Fortsetzung. Manchmal reicht auch ein so reduzierter Film wie „Madame Web“, der nicht viel versucht, aber dabei völlig in Ordnung ist. Nicht jeder Superheldenfilm muss schließlich gleich um das Schicksal der Welt kreisen, manchmal reicht auch eine kleine Variation bekannter Muster.
Madame Web • USA 2024 • Regie: S.J. Clarkson • Darsteller: Dakota Johnson, Sydney Sweeney, Isabela Merced, Celeste O’Connor, Tahar Rahim, Adam Scott • Kinostart: 15. Februar
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