8. Mai 2024

„Der kleine Perry“ am Gratis Kids Comic Tag

Perry Rhodan als All-Age-Comic: Im Gespräch mit Olaf Brill & Michael Vogt

Lesezeit: 5 min.

Autor Olaf Brill und Zeichner Michael Vogt sind ein eingespieltes Comic-Duo: Seit 2011 realisieren sie gemeinsam den Science-Fiction-Comic „Ein seltsamer Tag“ voller Meta-Witze und Moebius-Allüren.

Aber auch im Universum der legendären Science-Fiction-Heftromanserie „Perry Rhodansind die beiden keine Unbekannten, da dort regelmäßig Geschichten und Comicstrips von ihnen erscheinen. 2023 haben der 1967 in Bremen geborene Brill und der 1966 in Berlin geborene Vogt sogar die Comicserie „Der kleine Perrybei Carlsen gestartet. Im ersten Band „Das Geheimnis des Wanderplaneten interpretieren sie die Anfänge des ikonischen SF-Kosmos aus Deutschland als zeitgemäßen All-Age-Comic neu. Während Band zwei „Im Reich der 42 Welten“ für Ende August in den Startlöchern steht, ist „Der kleine Perry“ schon diesen Monat auch mit einem Gratis-Heft (einem Auszug des ersten Albums) am Gratis Kids Comic Tag vertreten, der am 11. Mai stattfindet.

Im Interview sprechen Olaf Brill und Michael Vogt, die am Gratis Kids Comics Tag von 11-13 Uhr im Comicladen Grober Unfug in Berlin signieren, über den klassischen Science-Fiction-Recken als jungen Helden für eine neue Generation.

 


Olaf Brill. Foto © Olaf Brill

Hallo Olaf. Hallo Michael. Könnt ihr euch erinnern, wann ihr zum ersten Mal mit „Perry Rhodan“ in Berührung gekommen seid?

BRILL: Irgendwann Mitte der 1970er-Jahre drückte mir ein Nachbarsjunge zwei „Perry Rhodan“-Romanhefte in die Hand. Damit begann meine Begeisterung für Science-Fiction. Richtig angesteckt vom Fieber wurde ich ein paar Jahre später durch „Krieg der Sterne“. Da kaufte ich dann massenweise „Perry“-Hefte in Antiquariaten.


Michael Vogt. Foto © Tim Heyting

VOGT: Nachdem ich als 11-Jähriger „Star Wars“ gesehen hatte, habe ich alles, was ich an SF finden konnte, verschlungen, Filme, Comics, Bücher. Dabei bin ich dann irgendwann auch auf „Perry Rhodan“ gestoßen und habe die ersten 10 oder 20 Romanhefte gelesen, fand damals aber andere Stoffe interessanter und bin erst vor einigen Jahren mit „Perry Rhodan Neo“ wieder ‚richtig’ eingestiegen.

Wann und wie kam euch die Idee zu „Der kleine Perry“?

VOGT: Ich habe nach einem eigenen Kinderbuchprojekt gesucht und inspiriert von u. a. dem „Akte X“-Kinderbuch kam ich irgendwann darauf, dass Perry Rhodan und Gucky ein schönes Gespann dafür abgäben. Es stellte sich heraus, dass die Kinderbuchrechte bereits vergeben waren, aber nicht die für Kindercomics! Ich habe die Idee dann mit Olaf besprochen, wir haben unsere gemeinsame Idee der „Perry“-Redaktion vorgeschlagen, und der Rest ist Geschichte.

Ist der Comic ein Stück weit auch die Reaktion darauf, dass so ein altehrwürdiges literarisches Franchise manchmal Probleme mit dem Nachwuchs haben kann?

BRILL: Klar wollen wir junge Leser für „Perry Rhodan“ begeistern – auch solche, die mit dem Medium Heftroman vielleicht (noch) nichts anfangen können. Denn „Perry Rhodan“ ist ja ein faszinierendes Projekt: Seit über 60 Jahren erzählen Schriftsteller die ‚Geschichte des Menschen in der Zukunft’, und es kommt immer noch jede Woche ein neues Heft hinzu, das die Geschichte weitererzählt. Aber aus unserer Sicht als Künstler haben wir einen ganz anderen Antrieb: Wir wollen einfach unseren Spaß haben! Als Micha mit der Idee zum „Kleinen Perry“ ankam, da sprang der Funke sofort über: Wir lieben Comics, wir lieben Kinderbücher, und für „Perry“ hatten wir sofort Bilder und Geschichten im Kopf. Das wollten wir unbedingt machen!

Wie bist du bei den Figurendesigns vorgegangen, Michael?

VOGT: Ich wollte für den Comic einen klassischen frankobelgischen Look mit möglichst einfachen Grundformen. Perry ist ein schlauer Kopf, also musste er z. B. eine eher hohe Stirn haben, er ist sehr aufgeweckt und selbstständig, da passen flockigere Haare gut – so habe ich versucht, den Charakter im Design widerzuspiegeln. Dann habe ich mich über einige Skizzen an die jetzige Form angenähert. Beim Zeichnen des Albums hat Perry dann seine ‚endgültige’ Form bekommen.

Wie schwer ist der Spagat, einen Comic für eine Generation junger, neuer Lesender und eine traditionsbewusste, ältere Fanbase zu inszenieren?

BRILL: Völlig klar: Wir wollten einen Comic für junge Leser machen, aber auch die Stammleser und alten Fans nicht vergraulen. Alle sollten Spaß an unserem Album haben! Für die jungen Leser war es wichtig, die Geschichte aus den 1960er Jahren zu modernisieren und kindgerecht zu präsentieren. Zum Beispiel schicken wir keine Rakete zum Mond, deren Besatzung nur aus weißen Männern besteht. Und es wird bei uns keine Gewaltdarstellungen geben. Unser kleiner Perry ist ein aufgeweckter, neugieriger Junge, der den Weltraum erforschen will und versucht, Konflikte friedlich zu lösen. Das passt übrigens sehr gut zu der Richtung, in die sich die „Perry Rhodan“-Serie entwickelt hat. Die alten Fans werden erkennen, dass, obwohl wir vieles anders machen, unsere Geschichte wiedererkennbar die Geschichte Perry Rhodans ist. Eben anders erzählt und für ein junges Publikum geschrieben.

VOGT: Es gibt natürlich auch zeichnerische Wiedererkennungswerte: Kugelraumer müssen eben rund mit einer Wulst drumherum sein, Arkoniden haben weiße Haare usw. Da, wo ich Designs aus dem PR-Universum nicht passend fand, bin ich deutlich abgewichen: Bestes Beispiel ist Gucky, der traditionell eher wie ein Hamster aussieht, bei mir aber tatsächlich vorne Maus und hinten Biber – also Mausbiber – ist.

Ihr arbeitet seit Jahren am Strip „Ein seltsamer Tag“ zusammen. Lässt sich das Eingespieltsein auf ein ganz anderes Comicprojekt übertragen?

BRILL: Ja, Micha und ich sind ein eingespieltes Team, und wir entwerfen unsere Geschichten im ständigen Ping-Pong. Wir telefonieren und chatten oft, und da fliegen die Ideen nur so hin und her. Wir wissen, wie der andere tickt. Und wenn der eine eine Idee hat, dann macht der andere sie in der Regel sogar noch besser!

Auf welche Idee oder Seite seid ihr im ersten Band von „Der kleine Perry“ besonders stolz?

BRILL: Als Micha mit der Idee zum „Kleinen Perry“ kam, hatte ich sofort eine Szene im Kopf – die dann zu meiner großen Freude später auch ins Album gepasst hat. Und zwar ist es die Szene, wie der kleine Perry auf die kleine Thora trifft: Perry begegnet ihr im Korridor eines Kugelraumschiffs. Er hat Angst und rennt weg. Aber weil die Korridore im Kugelschiff rund sind, kommt er am Ende wieder bei ihr an.

VOGT: Und bei genau dieser Szene habe ich lange überlegt, wie ich die auch als comic-erzählerisches Highlight bringen kann und habe eine Weile geskribbelt, bis das mit der Leserrichtung dann richtig klappte, so dass man auf Seite zwei der Doppelseite links unten weiterliest und dann nach rechts oben gelangt.

Band zwei ist ja bereits in Sichtweite. Was dürfen wir erwarten?

VOGT: Das wird ein Riesenspaß! Ich durfte jede Menge Aliens und fremde Welten zeichnen!

Wir freuen uns drauf. Viel Spaß am Gratis Kids Comic Tag und in Erlangen!

Abb. © PERRY RHODAN, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt; © Carlsen Verlag GmbH, 2023

***

Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 erscheint bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.