„Batman: Caped Crusader“
Die neue Bat-Animationsserie von Bruce Timm, Ed Brubaker, J. J. Abrams & anderen
Batman gehört zu den Ikonen des US-Comics und hat bereits zahlreiche Adaptionen in allen erdenklichen Medien gesehen. Aufgrund der bunten, witzigen Live-Action-Fernsehserie der 60er mit Adam West in der Hauptrolle wurde Gotham Citys Dunkler Ritter damals z. B. endgültig ein popkulturelles Phänomen. Es folgten Dekade für Dekade die Blockbuster-Verfilmungen durch Tim Burton, Joel Schumacher, Christopher Nolan und aktuell Matt Reeves im Kino, allerhand Videogames, massig Animationsfilme zwischen Kanon und Alternativwelten, TV-Live-Action-Varianten wie die Cop-Serie „Gotham“, und natürlich die preisgekrönten Zeichentrickserien der 90er, angeführt von den Machern Bruce Timm und Paul Dini, die für „Batman: The Animated Series“ sogar Harley Quinn erschaffen haben. An diese ruhmreiche Bat-Trickserien-Vergangenheit, diese Glanztage Gothams im Fernsehen, soll nun die neue animierte Adaption „Batman: Caped Crusader“ im Streaming anknüpfen, deren erste Staffel gerade mit 10 Folgen bei Amazon Prime online gegangen ist.
Es klingt alles ziemlich traumhaft: Zu den kreativen Köpfen gehören neben dem bereits erwähnten Bruce Timm als Mastermind so vieler DC-Animationsprojekte immerhin noch Serien-Chefautor Ed Brubaker (Krimi-Gott und Autor von Comics wie „Batman“, „Catwoman“, „Criminal“, „Captain America“), die Produzenten J. J. Abrams („Star Trek“, „Star Wars“, „Lost“) und Matt Reeves (Regisseur des letzten „The Batman“-Reboots, der als nächstes mit der „Pinguin“-Live-Action-Serie und dann einem Filmsequel weitergesponnen wird), Autor Greg Rucka (Schreiber von Comics wie „Batman“, „Batwoman“, „Gotham Central“ und „The Old Guard“), Produzent James Tucker (Character-Designer an etwa den Trickserien „Batman: The Brave and the Bold“ und „Justice League“) sowie u. a. Regisseurin Christina Sotta (Storyboard-Künstlerin an z. B. jeder Menge Folgen „Young Justice“).
Ob dieses dynamische Team gezaubert hat? Irgendwie schon. Denn ihre erste Season von „Batman: Caped Crusader“ – das seit 2021 entwickelt wurde und mehr als einmal in Ungewissheit das Plattformen-Ziel wechselte – liefert eine überzeugende Fortsetzung der animierten Batman-Mythologie. Einerseits eine neue Serie und neue Interpretation für ein bestenfalls etwas älteres Publikum; andererseits im Spirit, im Vibe, im Ansatz und im Style unübersehbar eine unverhohlene Fortführung der legendären Serie aus den 90ern. Es geht also wieder um ein ziemliches Retro-Gotham, das in den richtigen Momenten retrofuturistisch wird, ansonsten der urbanen Ästhetik der 30er und 40er folgt, was etwa die Fahrzeuge, die Fernseher und die Radios angeht. Entsprechend klassisch ist der mustergültige Hollywood-Noir, der in vielen Folgen aufgeboten wird – dank Leuten wie Brubaker und Rucka, Liebhabern und Kennern des grundlegenden Stoffes, funktioniert das jedoch sehr gut, und Batman hat ohnehin oft aus diesen Quellen und Vorbildern geschöpft.
Bruce Wayne befindet sich in „Caped Crusader“ ziemlich am Anfang seiner Karriere als maskierter Verbrechensbekämpfer, was sich ebenfalls in seinem Outfit widerspiegelt: Die spitzen langen Ohren und die auffällig abgesetzten Handschuhe verweisen auf die ersten Comic-Abenteuer des Mitternachtsdetektivs in der „Detective Comics“-Serie von 1939, 1940. Trotzdem kommt z. B. Harleen Quinzel in dieser Adaption von Batmans Anfangstagen vor, während Jim Gordon Schwarz ist, seine Tochter Barbara als Strafverteidigerin arbeitet, eine reich geborene und hoch verschuldete Selina Kyle als Catwoman oldschool Cape trägt und Cat-Cabrio fährt, und Oswalda Cobblepot als Supergangster Pinguin eine Frau ist – Bruce Waynes Butler Alfred Pennyworth hat man derweil seinen ersten feisteren Auftritten nachempfunden, bevor er in den Comics zum Abnehmen in ein Spa geschickt wurde.
Außerdem rücken Cops wie der korrupte Harvey Bullock oder die aufrechte Renee Montoya immer wieder ins Rampenlicht, damit ein moderat ausgerüsteter Batman in den Schatten sein Ding machen kann. Diese zweite Ebene mit den allgegenwärtigen Cops, die übrigens erbittert Jagd auf die „Fledermaus“ machen, tut dem animierten Bat-Krimi gut – und überrascht nach Brubakers und Ruckas erfolgreicher Zusammenarbeit an der unvergessenen Comic-Serie „Gotham Central“ über die Polizistinnen und Polizisten in Batmans Stadt keineswegs. „Caped Crusader“ profitiert von all diesen Dingen, die sich sehr organisch anfühlen, immer den Bat- und den Krimi-Nerv treffen, bei allen Änderungen dem Mythos treu genug sind.
Damit bleiben unterm Strich zehn kriminell gute Episoden einer neuen und frischen, zugleich irgendwie vertrauten und nostalgischen Bat-Animationsserie. Vom Stil über die Storys bis hin zum Vorspann hat „Batman: Caped Crusader“ durchaus das Zeug, so generationübergreifend zu beeindrucken und zu beeinflussen wie das nie auf schlechte, störende Weise allgegenwärtige Vorbild aus den 90ern. Zumal eine zweite Staffel längst bestellt ist.
Abb. Courtesy of Prime. © Amazon Content Services LLC
Batman: Caped Crusader • Staffel 1 • 10 Folgen á 25-26 Min. • Amazon Prime Video, August 2024
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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 ist bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“ erschienen.
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