18. März 2025

Playboi Carti: „Music“

Weltweite Freudentränen: Album Nummer drei ist da

Lesezeit: 3 min.

Die PR-Idee an ist nicht unbedingt neu, doch Rapper Playboi Carti hat sie nicht nur perfektioniert, sondern eine nahezu dadaistische Kunstform draus gemacht: Statt auf durchoptimierte Bedürfnisbefriedigung setzt Carti darauf, seinen Fans eben nicht zu geben, was sie wollen, sondern sie maximal zu frustrieren, und das wurde bei „Music“ (auf dem Cover steht „I Am Music“, es wird aber unter „Music“ vertrieben) auf die spitzeste aller Spitzen getrieben.

Bereits im März 2021, kurz nach der Veröffentlichung von Album zwei, „Whole Lotta Red“, wurde ein neues Werk angeteasert – was folgte waren vier Jahre voller Seltsamkeiten und Frust. Titeländerungen, bizarres Merchandising, was angeblich von Hackern auf seiner Seite angeboten wurde, Leaks, Snippets hier- Snippets da, neue Tracks, allerdings exklusiv auf Instagram oder auf Youtube, dann schließlich auch „offizielle“ Single-VÖs, aber … kein Album, denn zu genannten Veröffentlichungsdaten folgte jedes Mal nix. Das mündet darin, dass ein Fan Carti sogar beim FBI meldete, da dieser sein Album einfach nicht veröffentlicht, ebenso entfolgten tausende Fans die Social-Media-Kanäle des Künstlers, sein Youtube-Account wurde gehackt und ein Fake-Album, das aus alten Leaks zusammengestellt wurde, hochgeladen. Und so weiter und so fort – bestimmt findet sich irgendwo im Netz eine detaillierte Chronologie der gagaesken Anti-Promo-Promo.

In den letzten Wochen machte die Plattenfirma vor allem in Form von Werbeplakaten klar, dass da wohl tatsächlich was im Anmarsch ist und schließlich hieß es: Freitag, 14.03.! Gedroppt werden sollte um Mitternacht – wieder nix! Der Rapper gab dann schließlich durch, dass sich das Release noch um wenige Stunden verschiebt, da wohl Kollege Young Thug auf den letzten Drücker noch seine Zeilen eingereicht hat. Und schließlich war es dann so weit: Das komplette Internet hatte nur noch ein Thema, weltweit flossen Freudentränen: Es ist da! 30 Tracks (die Vorabveröffentlichungen waren anders als angenommen größtenteils nicht Teil des Gesamtpakets). Und die ersten Reaktionen fielen so was von erwartbar und nicht viel anders als bei „Whole Lotta Red“ (das mit ähnlichem, aber lange nicht derart exzessiven Marketing-Tam-Tam unters Volk gebracht wurde) aus: „Darauf haben wir jetzt gewartet?“

Aus der Sicht eines gelassenen Redakteurs in den besten Jahren: Der größte Kritikpunkt von „I Am Music“ ist die Überlänge, es gibt eine paar überraschend konventionelle, um nicht zu sagen, banale Nummern, die man hätte streichen können, der größte Teil des Albums setzt aber gelungen die mit dem Vorgänger begonnene Weiter- oder Neuentwicklung von Trap fort. Etwa gewöhnungsbedürftig ist aber der Umstand, dass Carti verschiedene Stimmlagen nutzt und auf einigen Tracks Future zum Verwechseln ähnelt.

Meine drei Favoriten: der unglaublich harte Album-Opener „Pop Out“ kratzt am Industrial, „Evil Jordan“ kommt derart minimalistisch daher, dass man kaum glauben mag, dass es funktioniert (tut es – und wie!), „Charge Dem Hoes a Fee“, co-produziert von Beat-Gott Wheezy, fährt dagegen vielschichtiges Breitwandkino mit Sci-Fi-Flair auf.

An Features finden sich größtenteils erwartbaren Namen: Travis Scott, Kendrick Lamar, The Weeknd, Jhené Aiko, Skepta, Lil Uzi Vert, Young Thug, Ty Dolla Sign und Future.

Bisher gibt’s das Album nur in digitaler Form überall zu kaufen, Hardware wird wahrscheinlich bald folgen.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.