19. März 2015 2 Likes

Von Providence nach Jerusalem

Alan Moore ergänzt seine psychogeografische Weltkarte um zwei gewaltige Einträge

Lesezeit: 2 min.

Nachdem Comic-Autor Alan Moore (Watchmen, V for Vendetta, From Hell) trotz nach wie vor kolportierter Interviewscheu in geradezu obszöner und darin irgendwie unsouverän daherkommender Interviewausführlichkeit Kritik an seinen Szenarien kontert, seltsame Filme dreht, sich mit der „League-of-Extraordinary-Gentlemen“-Spin-off-Trilogie „Nemo“ der von Kevin O’Neill wunderschön ins Bild gesetzten Verschmelzung von intertextueller Anspielungsüberfülle und erzählerischem Minimalismus verschreibt und für den einen Profilschwerpunkt auf Horror legenden Verlag Avatar Press die von Garth Ennis erdachte drastische Postapokalypse „Crossed“ fortimaginiert, lässt die mehr oder weniger nahe Zukunft zwei monumentale psychogeografische Einträge in Moores Werkverzeichnis erwarten. Bezeichnenderweise sind beider Titel schlichte, aber vielsagende Ortsangaben.


Im Mai startet, wiederum bei Avatar, die vom Verlagsstammzeichner Jacen Burrows grafisch realisierte, 12-teilige Serie „Providence“, in welcher Moore um das topografische Kernmotiv der Heimatstadt H.P. Lovecrafts herum ein Panorama der imaginären und realen Schrecken des Amerika der 1920er Jahre entwirft und die in durchaus verständlichem Werbeenthusiasmus als „Watchmen of Horror“ angepriesen wird.


Noch weitaus ehrgeiziger ist das zweite Großprojekt, das Moore im Herbst letzten Jahres vollendete und das nun einen englischen und amerikanischen Publikationsort gefunden hat – sein zweiter, knappe zwei „Krieg und Frieden“ starker Roman „Jerusalem“. Warum der monströse Brocken nicht „Northampton“ getauft wurde (denn hier geht es tatsächlich um Moores eigenen Heimatort), kann man ahnen, wenn man sich bis zu dessen Erscheinen (Herbst 2016) noch einmal Alan Moores und Eddie Campbells esoterische Comic-Bewusstseinsstrom-Performance „Snakes and Ladders“ vornimmt. Im Falle seines Übersee-Verlags Liveright Publishing steht Moore dann jedenfalls in der wuchtigen Tradition von u.a. William Faulkner, Ezra Pound, Sigmund Freud oder J.G. Ballard.


Und wer zum jetzigen Zeitpunkt mehr wissen will: Man kann locker einen ganzen halben Tag damit zubringen, die von Moore bezüglich „Providence“ und „Jerusalem“ gewährten und im Internet verfügbaren, alles andere als auskunftsunfreudigen Interviews zu lesen.

Foto via BleedingCool

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