12. Juli 2015 3 Likes

Als hätte es Punk nie gegeben

Comics, Bücher, Spiele, Spin-offs – das „Terminator“-Franchise ist unübersichtlich

Lesezeit: 7 min.

Geschichten mit Zeitreisen bergen ja immer die innere Unlogik in sich. Oder um Bruce Willis aus dem Film „Looper“ zu zitieren: „Ich will jetzt nicht über Zeitreisen reden, wenn wir erstmal damit anfangen, hören wir den ganzen Tag nicht auf und legen Diagramme mit Streichhölzern.“

Auch James Camerons „Terminator“, dieser punkige, düstere und harte „Actionstreifen für Intellektuelle“ aus dem Jahr 1984, litt ja bereits unter dem Großvaterparadoxon (wenn John Connor mit Kyle Reese seinen eigenen Vater in die Vergangenheit schickt, damit er dort gezeugt wird, wie kann es ihn dann in der Zukunft geben?). Die weiteren Teile – inklusive der Fernsehserie – machten sich die Lösung dieses Problems einfach: Sie griffen auf den guten, alten Multiversum-Trick zurück.

Doch der Ursprung des Terminators dürften die „Outer Limits“-Episoden „Demon With A Glass Hand“ und „Soldier“ sein. In der ersten wird ein Android aus der Zukunft ins Los Angeles des Jahres 1964 geschickt wird, um einen nuklearen Holocaust zu verhindern. In der zweiten landet ein Soldat aus der Zukunft im Amerika der 60er Jahre und muss sich hier einleben. Beide Episoden wurden vom enfant terrible der US-Science-Fiction, Harlan Ellison, geschrieben, der 1984, gleich nach Erscheinen des ersten Terminator-Films, Produktionsgesellschaft und Vertrieb verklagte. 1991 einigte man sich für eine unbekannte Summe und einen Ellison-Credit im Abspann.


Terminator (1984)

Schon der zweite Teil, „Tag der Abrechnung“ (1991) war im Vergleich zu seinem Vorgänger ein perfektes, gelecktes Hollywood-Mainstream-Produkt. Regisseur James Cameron war so stolz auf seine (im Vergleich relativ wenigen) Spezialeffekte, dass er gleichzeitig den 3D-Kurzfilm „Battle Across Time“ für den Universal-Themenpark drehte. Zwölf Minuten lang ballern sich Arnold Schwarzenegger, Linda Hamilton, Edward Furlong und Robert Patrick durch ein Nichts an Handlung, das aber in IMAX-3D beeindruckend aussah. Als hätte es den Punk des ersten Films nie gegeben, gleichzeitig war „Battle Across Time“ der Beginn von Camerons Begeisterung fürs 3D-Kino. Ironischerweise wurde ausgerechnet dieser Kurzfilm vor drei Jahren durch einen „Minions“-Kurzfilm ersetzt.

Doch bereits der dritte Film, „Rebellion der Maschinen“ (2003) hatte diesen Epilog zum zweiten Teil komplett ignoriert. Als Strafe dafür wurde der apokalyptische Schluss dieses Films in der Fernsehserie „The Sarah Connor Chronicles“ (2007) nicht mehr erwähnt. Den etwas rätselhaften deutschen Titel „Terminator: T.S.C.“ haben wir übrigens dem Sender Pro 7 zu verdanken, der tatsächlich befürchtete, man könnte die TV-Serie mit dem hauseigenen Reality-TV-Star Sarah Connor verwechseln, an die man sich eigentlich nur erinnert, weil sie 2002 bei Gottschalks „Wetten, dass…?“ mal in einem durchsichtigen Kleid ohne Schlüpfer aufgetreten ist und bei der Eröffnung der Münchner Allianz-Arena im Jahr 2005 den Text der deutschen Nationalhymne nicht beherrschte.

Die Serie wird generell unterschätzt, hatte sie doch eigentlich immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Da war zunächst der Drehbuchautorenstreik von 2007, der dafür sorgte, dass die erste Staffel nur aus neun Episoden bestand. Mitten in der zweiten Season musste der Sender Fox aus produktionstechnischen Gründen eine zweimonatige Pause einbauen. Kein Wunder also, dass sich die Zuschauerzahlen über die Monate halbierten.

Handlungsmäßig setzte „S.C.C.“ direkt nach dem zweiten Teil ein. Sarah Connor, hier vom späteren „Game Of Thrones“-Star Lena Heady gespielt, lebt mit ihrem Sohn John ein Leben im Untergrund. Als ein Terminator versucht, John zu töten, entpuppt sich seine Mitschülerin Cameron (Summer Glau, aus „Firefly“) ebenfalls als Android aus der Zukunft, der die kleine Familie beschützen soll. Leider erfahren wir nie, welche Modellnummer Cameron hat. Aber sie isst gerne Cornflakes. Das Wort „Terminator“ fällt nie, bis zur allerletzten Folge.


Terminator: The Sarah Connor Chronicles (2007)

In der zweiten Season schließlich darf Garbage-Sängerin Shirley Manson einen besonders bedrohlichen Jäger-Terminator spielen, den T-1001. Sie manifestiert sich erstmals auf einem Herrenklo, also Vorsicht, wo man den Reißverschluss öffnet. Aber auch sonst ging „S.C.C.“ erfreulich locker mit dem Franchise um. Es gab großartige neue Figuren, wie den FBI-Agenten Ellison (der Name ist genau so ein Insiderscherz wie der Name für Summer Glaus Figur), weitere Zeitreisen sorgten dafür, dass weder die Handlung von „Rebellion der Maschinen“, noch die des gleichzeitig produzierten vierten Teils, „Erlösung“, mehr Sinn machten. Und wenn die Serie nicht nach der zweiten Season eingestellt worden wäre, hätte es wohl eine Reise in John Connors Kriegszukunft und sogar einen Cameo von Arnold Schwarzenegger gegeben.

Eine weitere Kuriosität dürfte die computeranimierte sechsteilige „Machinima“-Serie zum vierten Terminator-Film „Erlösung“ sein: In ihr jagt Blair Williams, eine Soldatin aus Johns Widerstandsarmee, den Hacker Ghost und wird dabei selber von Terminatoren verfolgt. Viel Handlung hat „Machinima“ also nicht, die Serie bildet den Verknüpfungspunkt zwischen Film und Videospiel. Allerdings kann man anhand der Bilder ahnen, wie die geplante animierte TV-Serie „Termination“ und der dazu gehörige Film „Terminator 3000“ ausgesehen hätten. Beides werden wir wohl nie zu sehen bekommen, weil die Nutzungsrechte für das Franchise inzwischen ein unübersehbares juristisches Kuddelmuddel bilden. Die vielfach zerschossenen und erneuerten Zeitlinien der Serie sind im Vergleich dazu geradezu durchschaubar.

 

COMICS: Zersemmelte Zeitlinie

Immerhin dauerte es vier Jahre, bis der Terminator auch in den Comics auftauchte: 17 Hefte dauerte die Serie vom heute zu recht vergessenen Verlag Now, gefolgt von zwei Miniserien. Nur die letzte, „The Burning Earth“, bleibt in Erinnerung, weil hier Fanboy-Idol Alex Ross seine ersten professionellen Cover beisteuerte.


Robocop Vs. Terminator

1990 wechselten die Rechte zu Dark Horse und hier erschienen einige der besten „Terminator“-Comics, geschrieben von John Arcudi („B.P.R.D.), Matt Wagner („Grendel“) und James Robinson („Starman“), die dem Franchise interessante neue Geschichten abtrotzte. Wagners „One Shot“ aus dem Jahr 1991 etwa zeigte erstmals eine weibliche Terminatrix, die Sarah Connor jagte. Wagner schuf hier eine durchaus eigenständige Zeitlinie, die von Robinson und dem Zeichner Paul Gulacy in „Secondary Objectives“ und „Endgame“, gezeichnet von Jackson Guice, kongenial fortgesetzt wurde. Zusammengefasst kann man all diese und eine Handvoll anderer Comics – leider nur auf englisch – in zwei dicken Omnibus-Sammelbänden von Dark Horse erwerben. Und das Franchise-Crossover „Robocop Vs. Terminator“ von den Comic-Veteranen Frank Miller und Walt Simonson bietet extrem schnelle Action, ziemlich viel Gewalt, eine extrem coole weibliche Heldin und die hübsche Idee, dass ausgerechnet der faschistoide Robocop die Urzelle für das Terminator-Betriebssystem Skynet ist.

Natürlich gab es auch bei Dark Horse eher mittelmäßige Comics: Über „Superman Versus The Terminator“ oder das um sich schlagende Schlachtfest „Aliens Versus Predator Versus The Terminator“ braucht man kein Wort zu verlieren.

2007 wechselte das Franchise zu Dynamite, einem Verlag der mit seinen Dutzenden von Variant-Covern eher auf einen Sammlermarkt schielt und dem Leser wenig bis gar nichts zu bieten hat. Das zeigte sich schon an der Titelgebung: „Terminator 2: Infinity“ etwa war die eher unerwartete Fortsetzung zum dritten „Terminator“-Film „Rise Of The Machines“.

Nur drei Jahre später war wieder Dark Horse am Zug und spannte in „2029“ Zack Whedon als Autoren ein. Der versuchte eher schlecht als recht die durch den dritten und vierten Film zersemmelte Zeitlinie zu reparieren.


Terminator: One Shot

Ihm folgte der „Babylon 5“-Schöpfer und Fanliebling J. Michael Straczynski, dessen zwölfteiliges „Final Battle“ wieder ganz auf die Schlacht der Menschen gegen die Maschinen in ferner Zukunft setzte.

Nach Deutschland haben sich nur wenige der „Terminator“-Comics verirrt, und dann waren es eher die langweiligen Film-Tie-Ins. Beim inzwischen aufgelösten Hethke-Verlag erschienen die Now-Hefte in Hardcover-Bänden, die – verlagstypisch – auseinander fielen, wenn man sie scharf anguckte. Einige wenige der Dark-Horse-Hefte fanden sich im Jahr 2000 in einer vierteiligen Serie bei mg publishing, dann herrschte fast zehn Jahre Schweigen, bis Panini einige tie-ins zum vierten „Terminator“-Film „Salvation“ veröffentlichte. Zur Zeit liegen die deutschen Rechte beim umtriebigen Verlag Cross-Cult, der zunächst die recht lesenswerte Straczynski-Serie und – brandneu! – den guten, alten Miller/Simonson „Robocop Vs. Terminator“ brachte. Was mit der neuen und sehr lesenswerten Miniserie „Enemy Of My Enemy“ von Dan Jolley passiert, in dem viele neue und spannende Charaktere auftauchen, steht noch nicht fest.

 

ROMANE: Prequel, Sequel, Spin-offs

Auch bei den Romanen haben sich deutsche Verlage nicht bei den lesbaren Versionen bedient. Die Novelization des ersten Films vom Horrorspezialisten Shaun Hutson etwa war so ziemlich jedem deutschen Verlag zu blutig. Auch die nach dem zweiten Film angesiedelte Trilogie „Infiltrator“, „Rising Storm“ und „Future War“ von SM Stirling fand kein Heim bei deutschen Verlagen. Schade eigentlich, denn die Geschichte der neuen, organischen Terminatrix I-950 war nicht schlecht.

Immerhin: Von Timothy Zahns beiden „Terminator: Salvation“ Sequel/Prequel-Romanen erschien einer, „Nach dem Feuer“. Auf die Fortsetzung „Trial By Fire“ wartet man immer noch. Schade eigentlich, denn Hugo-Award-Gewinner Zahn und sein Nachfolger Greg Cox klebten nicht am Stoff, sondern erweiterten die Personage der Filme um einige spannende Charaktere. In „Cold War“ etwa erfahren wir, was in Russland nach dem „Judgment Day“ passierte. Und das ist viel spannender als etwa die Novelization des vierten Films von Alan Dean Foster – und die ist natürlich auf Deutsch erschienen.

Übrigens: Auch die Taschenbücher, die anscheinend eigens im Panini-Verlag im Jahr 2009 erschienen sind und die Romane aus der spin-off-Serie „The New John Connor Chronicles“ braucht man nicht unbedingt im Bücherschrank.

 

SPIELE: I’ll Be Back

Zurück in die 90er: Bereits das erste Terminator-Spiel von Bethesda konnte man entweder als T-800 oder als Kyle spielen. Die Aufgaben freilich waren immer gleich: Waffen sammeln, gegen die Polizei kämpfen und Sarah Connor töten – oder beschützen. Ebenfalls ein eher langweiliges click’n’shoot-Spiel war „Terminator 2029“, in dem man John Connor steuerte.

Nahezu unmöglich zu bewältigen war das 16-bit-Sega-Spiel zum zweiten Film „Judgment Day“. Auch „Chess Wars“ war ein echter Bringer, jedenfalls für die Menschen, die bei jedem verlorenen Schachspiel das Brett samt Figuren in Luft jagen und den Gegenspieler durchlöchern möchten.


Terminator: Future Shock

1995 kam dann „Terminator: Future Shock“, ein Ego-Online-Shooter, noch mehr Spaß machte ein Jahr später die Erweiterung „Terminator: SkyNET“. Selbst nach fast 20 Jahren sieht die 3D-Optik immer noch gut aus, mit seinen gruseligen, schwer zu besiegenden Spider-Bots. Beim Film-Tie-In „Rise Of The Machines“ waren Hintergründe und Actionszenen doch recht schnell und steif animiert. Und selbst „Terminator: Salvation“, der immerhin eine eigene Animationsserie bekommen hatte, bot wenig Abwechslung: Man konnte den Film durchspielen, es gab jede Menge Hunter-Killer, Motorrad-Terminatoren und fliegende Festungen, aber kaum eine Handlungsvariation.

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