28. Dezember 2015 1 Likes 1

Mit dem Hugo zu den Sternen

Hardy Kettlitz erschließt die ersten dreißig Jahre des renommierten Science-Fiction-Preises

Lesezeit: 3 min.

Es dürfte wohl kaum jemanden aus der Science-Fiction-Leserschaft geben, der den „Hugo“ nicht kennt: Die Auszeichnung wurde 1953 erstmals verliehen und genießt seither hohes Ansehen, weil sie auf dem Urteil von Lesern (und nicht etwa auf dem von Kritikern oder Experten) beruht. Entsprechend gern wird sie in der Werbung eingesetzt, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das Buch „Die Hugo-Awards“ von Hardy Kettlitz fasst die Preisträgerinnen und -träger der Jahre 1953 bis 1984 zusammen, schildert Wissenswertes über die Prämierten sowie ihre Werke und vergisst dabei auch nicht, mögliche Fehlentscheidungen oder Alternativen bei der Vergabe aufzuzeigen.

Die Idee zum Hugo stammt von einem Fan namens Hal Lynch und war von den Oscars der National Film Academy inspiriert. 1953 wurde der „Science Fiction Achievement Award“ erstmals verliehen; seit 1955 geschieht dies einmal pro Jahr beim Worldcon der World Science Fiction Society. Stimmberechtigt sind alle Teilnehmer. Da die Auszeichnung zu Ehren von Hugo Gernsback vergeben wird, gilt die Bezeichnung Hugo seit 1958 als offizielle Namensvariante. Gernsback (1884–1967) prägte mit den von ihm herausgegebenen Magazinen wie Amazing Stories das Genre und gilt als „Vater“ der frühen technikorientierten Science-Fiction; daneben schrieb er Prosa („Ralph 124C 41+“, 1911) und betätigte sich als Erfinder. Der Hugo wird in mehreren Kategorien verliehen, die über die Jahre wechselten; in der Öffentlichkeit gilt er aber vor allem als Preis für Literatur.

Den Auftakt bei den Romanen machte 1953 „The Demolished Man“ (dt. „Demolition“) von Alfred Bester, in der Tat eines der großartigsten Werke, das die Science-Fiction hervorgebracht hat. Ohnehin liest sich die Liste der Preisträger wie ein Who’s who der angloamerikanischen SF, da neben erwartbaren Kandidaten wie Isaac Asimov, Arthur C. Clarke oder Robert A. Heinlein auch literarisch ambitionierte Vertreter wie etwa Ursula K. Le Guin, Fritz Leiber oder Walter M. Miller jr. prämiert wurden. Allerdings erhielt Philip K. Dick die Auszeichnung nur für einen seiner zahlreichen Romane, nämlich 1963 für „The Man in the High Castle“ (dt. „Das Orakel vom Berge“). Ebenso irritierend ist es, dass Larry Niven den Hugo 1976 für seine klischeegesättigte Erzählung „The Borderland of Sol“ (dt. „Im Grenzland der Sonne“) bekam, obwohl auch Arbeiten von George R. R. Martin und Tom Reamy zur Auswahl standen. Missgriffe wie diese erstaunen ebenso wie das fast vollständige Fehlen von J. G. Ballard und Cordwainer Smith. Andererseits erhielten Harlan Ellison (im Shop) und Samuel R. Delany den Hugo gleich mehrfach.

Kritische Anmerkungen zur Vergabepraxis zeichnen „Die Hugo-Awards“ ebenso aus wie eine Liste der nominierten, aber eben nicht prämierten Werke, die stets mit der deutschen Übersetzung genannt werden. Hier hat Hardy Kettlitz, der Herausgeber der Reihe SF-Personality, eine beeindruckende Arbeit geleistet, die durch enorme Nützlichkeit besticht – zumal ein Register unmittelbaren Zugriff erlaubt. Die Inhaltsangaben und Einordnungen sind zumeist treffend, nur selten – und bei der enormen Materialfülle verständlich – geht etwas daneben. So webt auch Kettlitz an der Legende, John Brunners „Stand on Zanzibar“ („Morgenwelt“, im Shop) wäre ein „nicht einfach zu lesendes Buch“, was der Verfasser dieser Zeilen entschieden verneint. Doch kleine Fehlschlüsse dieser Art können den Rang von Kettlitz‘ Arbeit nicht mindern.

„Die Hugo-Awards 1953–1984“ ist nicht nur sauber recherchiert und prägnant zusammengestellt, sondern macht auch Lust, die referierten Werke endlich wieder einmal selbst in die Hände zu nehmen. Zudem hat Kettlitz sein Buch mit vielen Abbildungen und einem übersichtlichen Layout höchst angenehm lesbar eingerichtet. Wer es einmal in die Hand genommen hat, wird es daher so schnell nicht wieder zur Seite legen.

Hardy Kettlitz: Die Hugo-Awards 1953–1984 • Golkonda Verlag • 315 Seiten • € 18,90

Kommentare

Bild des Benutzers Johann Seidl

Wirklich interessante Zusammenstellung, klasse Lektüre! Weckt Erinnerungen und versetzt manchmal in Erstaunen, was den Hugo erhalten hat und was nicht ...

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